Asien Kurier  8/2009 vom 1. August 2009
ASEAN / Automobilindustrie

ASEAN-Märkte besser erschließen

Von Helmut Kahlert, Germany Trade & Invest in K�ln

Aus der Sicht deutscher Unternehmen des Kfz-Sektors besteht der Wunsch, die bisher vergleichsweise niedrigen Marktanteile in der Region S�dostasien auszuweiten und hierf�r sowohl das Liefergesch�ft wie auch Investitionen sowie Kooperationen vor Ort anzukurbeln.

F�r die Hersteller von Kfz und -Teilen untersuchte auf einer Veranstaltung der Verband der Automobilindustrie (VDA) im Juni 2009 Chancen und Hindernisse einer st�rkeren Marktdurchdringung in den ASEAN-L�ndern.

Nach dem 2008 erfolgten scharfen R�ckgang der globalen Kfz-Produktion, die zwischen 2003 und 2007 von 60,6 Millionen auf gut 73 Millionen Einheiten gestiegen war und in der Krise um fast 19 Millionen Einheiten zur�ckfiel, suchen die Hersteller von Kfz und -Teilen nach M�rkten, die noch nicht erschlossene Absatzpotentiale aufweisen. In Asien richtet sich der Blick neben den Schwerpunkten Japan, China und Indien besonders auf die zur ASEAN-Gruppe (Association of South East Asian Nations) geh�renden L�nder.

2008 rollten gerade einmal rund 30.000 Fahrzeuge aus deutscher Fertigung in die ASEAN-L�nder. Diese entsprach einem Marktanteil von 1 Prozent. Deutsche Zulieferer sind in der Region besser mit ihren Produkten vertreten. Wie aus der Studie "Perspektiven f�r die Automobilindustrie in den ASEAN-Staaten" der Consulting-Gesellschaft Management Engineers hervorgeht, die im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) erstellt wurde, weisen die "Auto-Nationen" im ASEAN-Verbund - Indonesien, Malaysia, Philippinen und Thailand - mit einem hohen Anteil von j�ngeren bis mittelalten Einwohnern eine g�nstige Nachfragerstruktur auf. Insgesamt leben mehr als 575 Millionen Menschen in der Region. Bedarf und Fahrzeugdichte variieren zwar von Land zu Land, lassen jedoch eine positive Absatzentwicklung in den n�chsten f�nf Jahren erwarten.

In den ASEAN-L�ndern ist die Kfz-Produktion allein zwischen den Jahren 2000 und 2008 um 150 Prozent auf 2,5 Millionen Einheiten gestiegen. Die Branche konzentriert sich im Wesentlichen auf die vier Mitglieder Indonesien, Thailand, Malaysia und Philippinen, die 2008 mit knapp 2,2 Millionen verkauften Einheiten auch etwa 87 Prozent des ASEAN-Kfz-Absatzes auf sich vereinigten.

Insgesamt rund 75 OEM-Produktionsst�tten und -Montagewerke ("Original Equipment Manufacturer") z�hlt die VDA-Studie f�r 2008 im ASEAN-Raum. Marktbeherrschend sind japanische Kfz-Hersteller, an der Spitze der Toyota-Konzern, sowie mit unterschiedlich gro�en Anteilen unter anderem die Marken Honda, Isuzu, Mitsubishi, Nissan und Suzuki. Eine Ausnahme bildet Malaysia, wo knapp 60 Prozent der Nachfrage von den nationalen Kfz-Unternehmen Perodua und Proton bedient werden.

Obwohl die Kfz-M�rkte der s�dostasiatischen L�nder teilweise abweichende Anforderungen an die Fahrzeugkonzepte aufweisen, entf�llt jeweils ein Gro�teil der Produktion auf die Segmente "Light Commercial Vehicles" und "Passenger Cars". 2008 wurden in den L�ndern rund 1,2 Millionen Fahrzeuge der erstgenannten Kategorie (52,4 Prozent), rund 1,0 Millionen vom zweiten Segment (43,7 Prozent) und rund 87.000 Busse und Lkw (3,9 Prozent) produziert. Insgesamt geht �berall der Trend hin zu kleineren Automobilen.

Ein wichtiger Grund f�r die schwache Position deutscher Kfz-Direktimporte in den ASEAN-L�ndern sind die bestehenden Zollschranken f�r CBU-Fahrzeuge ("completely built up"). Die Unternehmen sehen sich gegen�ber der japanischen Konkurrenz dadurch massiv benachteiligt, dass diese von den zwischen Japan und ASEAN ausgehandelten Zolltarifsenkungen profitiert.

Dagegen l�sst der Abschluss eines Freihandelsabkommens (FTA, Free Trade Agreement) zwischen EU und ASEAN weiter auf sich warten. DieVerhandlungen "hakten" vor allem am Verhandlungsansatz von Br�ssel, das strittige andere Themen nicht zugunsten des Kapitels Handel ausklammern wolle, hie� es auf dem VDA-Forum. Auch das "Thema Myanmar" bremse Verhandlungsfortschritte weiterhin.

Im Gegensatz dazu konnte Japan - flankiert von interessanten Finanzierungsangeboten und politischem Druck - sein FTA mit der ASEAN-Region fr�her zum Abschluss bringen. Auch andere L�nder haben inpuncto Vereinbarungen mit ASEAN die EU inzwischen �berholt, darunter S�dkorea, Indien, Australien und Neuseeland. Wegen der stockenden EU-ASEAN-Gespr�che werden inzwischen bilaterale Vertr�ge mit einzelnen L�ndern S�dostasiens als Ersatzmodell ins Kalk�l genommen. Bei den Kandidaten hierf�r richtet sich nach Angaben von Experten gegenw�rtig der eingeschr�nkt optimistische Blick auf Thailand (schwierige innenpolitische Lage), Malaysia (Ausnahmew�nsche f�r bestimmte Sektoren), Indonesien (neue Handelsbarrieren) und die Philippinen (wenig Interesse). Auch Singapur (Vorrang f�r Dienstleistungen) undVietnam (noch geringe Bedeutung) gelten als m�gliche Partner f�r bilaterale Abkommen mit der EU.

Strategische Investments an einem ASEAN-Standort zur Bedienung des wachsenden Bedarfs an Kfz und-Teilen in den Gemeinschaftsl�ndern w�ren eine Alternative, um hohe Zollschranken und nichttarif�re Handelsbarrieren zu umgehen. Die zentrale geografische Lage bietet der VDA-Studie zufolge nicht zuletzt auch Vorteile f�r den Export in Drittregionen. Attraktive Zukunftschancen f�r Investoren und Zulieferer offeriert zum Beispiel Thailand, das f�r Hersteller besonders umweltfreundlicher Kfz (Maximalverbrauch 5 Liter auf 100 km, CO2-Aussto� 120 g/km) Steuerverg�nstigungen gew�hrt. Japanische Hersteller haben sich inzwischen der sogenannten "Eco Car"-Richtlinie angeschlossen oder planen dies.

An verschiedenen ASEAN-Standorten sind auch deutsche Kfz-Zulieferer mit einer Fertigung pr�sent, w�hrend die Zahl der deutschen Kfz-Fertigungsst�tten und Montagewerke insgesamt noch �berschaubar niedrig ist. Es dominieren Anlagen in den L�ndern Malaysia, Singapur, Thailand und Philippinen.

Die Freihandelszone AFTA (Asean Free Trade Area) gew�hrt ihre Zollpr�ferenzen f�r Exporte in die Mitgliedsl�nder nur dann, wenn in der Fertigung einheimische Zulieferungen ("Local Content") von mindestens 40 Prozent nachgewiesen werden k�nnen. Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur und Thailand haben das Kfz-Amendment im AFTA-Rahmen ratifiziert.

Von den Branchenunternehmen wird die Frage, ob eine Zentralisierung von Produktionen an einem ASEAN-Standort in jedem Fall gr��ere Rationalisierungsvorteile bei der Belieferung der gesamten Region verschafft, nicht uneingeschr�nkt bejaht. Auf dem VDA-Forum hie� es dazu, Einsparungen w�rden h�ufig durch die sehr hohen Logistikkosten in S�dostasien �berkompensiert. Dies ist unter anderem einer der Gr�nde f�r das noch immer relativ niedrige Volumen des Intra-ASEAN-Handels �berhaupt.