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Keine Frage: Myanmar ist zu einem Land avanciert, das viel wohlwollendes Interesse weckt und die Fantasie beflügelt. Zwar ist es aktuell um das ehemalige Burma etwas ruhiger geworden und die große Anfangseuphorie nach der Öffnung 2011 einer gespannten Erwartung gewichen, was die Parlamentswahlen im nächsten Jahr bringen werden. Aber selbst wenn sich viele der hochfliegenden Hoffnungen absehbar nicht erfüllen werden, wird Myanmar zunehmend in die Rolle eines asiatischen Schlüsselstaates hineinwachsen.
Vielleicht nicht primär in wirtschaftlicher, auf jeden Fall aber in politischer Hinsicht. Dies ist Grund genug, das Land einmal von allen denkbaren Seiten gründlich zu beleuchten. Bislang sind seriöse Überblickswerke zu Myanmar weiter Mangelware. Wie das Gros der Länderpublikationen aus dem Horlemann Verlag ist auch das �Handbuch Myanmar� aus einer dezidierten NGO-Perspektive verfasst.
Verantwortlich zeichnet sich die inzwischen in Köln angesiedelte Stiftung Asienhaus, die seit fast 15 Jahren die �Burma-Initiative� beherbergt. Dem Selbstverständnis nach handelt es sich hierbei um einen Repräsentanten der global vernetzten Zivilgesellschaft. Garantiert der Graswurzel-Ansatz zumeist wirklichkeitsnahe Beschreibungen, ist er für Myanmar ein Glücksfall. Denn der widersprüchlichen und hochkomplexen Realität des geschichtsreichen Vielvölkerstaates lässt sich nur mit einer hohen Vielfalt der Perspektiven näherkommen. Eben diese Vielfalt steht im Vordergrund der ersten beiden Kapitel, in denen es um die verschiedenen Menschengruppen Myanmars, ihre Sprachen und kulturell-religiösen Ausdrucksweisen geht. Betrachtet werden auch die naturräumlichen, demografischen und ressourcenbezogenen Rahmenbedingungen. Einig sind sich die Autoren darin, dass die enorme Vielfalt zugleich erhebliche Chancen und Risiken birgt. Entscheidend sei, wie mit der Diversität künftig umgegangen wird � gerade diese mache das Wesen und den Reiz Myanmars aus.
Wie die Chancen hierfür stehen, lässt sich am ehesten aus der Geschichte und den langfristigen politischen und wirtschaftlichen Trends ableiten, denen Kapitel drei und vier gewidmet sind. Während dem Weg zu umfassenden demokratischen Verhältnissen das tief in den myanmarischen Staat eingebettete Militär sperrig im Wege steht, kommt es in ökonomischer Hinsicht entscheidend darauf an, dass die einströmenden Investitionen einigermaßen nachhaltig und sozialverträglich verwendet werden. Ob dies gelingen kann, bleibt vorerst offen. Skeptisch muss ein Blick auf die diversen sozialen Brennpunkte stimmen, die von einem desolaten Gesundheitssystem über massive ethnische Konflikte bis zur Benachteiligung von Kindern und Frauen reichen. Das letzte Kapitel befasst sich mit Strategien, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung Myanmars versprechen. Dass hier speziell von nichtstaatlichen Selbsthilfegruppen ein Segen ausgehen soll, überrascht angesichts der Anlage des Handbuches nicht. Dass dieses löbliche Engagement nötig ist, steht außer Frage. Ob es aber hinreichend ist, ist dagegen fraglich.
Die von einer illustren Schar von Fachautoren verfassten Beiträge sind durchweg kompakt aber dennoch substanziell. Allerlei Zusatzinformationen und Infokästen sorgen dafür, dass die Neugier des Lesers fürs erste kompetent gestillt wird. Es zeigt sich aber auch, dass die Aufarbeitung des Besonderheiten Myanmars noch am Anfang steht.
Buchdaten
Buchtitel - Handbuch Myanmar
Buchautor - Ute Köster / Phuong Le Trong / Christina Grein (Hg.)
Verlag - Horlemann Verlag
Ort und Jahr - Berlin 2014
ISBN - 978-3895023613
Preis - € 19,90 Euro