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Wer die Chancen des neuen Fünfjahresplanes nutzen und in China mit Industriegütern wachsen will, sollte jetzt seine Marke stärken und professionell managen. Denn der Wettbewerb bei Industriegütern wird in der Volksrepublik zukünftig wesentlich über die Marke geführt.
Bislang leiden die meisten chinesischen Hersteller von Industriegütern unter technischen Defiziten und schwachen Brands. Das soll mit dem 12. Fünfjahresplan anders werden. Er gibt vor, reife chinesische Unternehmen durch Innovation und Upgrades zu erneuern und im Wettbewerb mit den ausländischen Marken an die Spitze zu bringen. Das Ziel der Chinesen ist, inländischen Markenwert und geistiges Eigentum zu entwickeln.
Warum sind Marken im Reich der Mitte so wichtig? China ist eine Misstrauensgesellschaft, in der die Schaffung von Vertrauen einen zentralen Erfolgsfaktor im Wirtschaftsleben darstellt. Daraus erklärt sich auch die wichtige Rolle persönlicher Beziehungen (Guanxi), die der Absicherung von Geschäften, der Garantie von Qualität und der Gewährleistung von Echtheit der Ware dienen. Chinesen machen am liebsten innerhalb sozialer Netzwerke Geschäfte, weil diese Sicherheit bieten.
Diese vertrauensbildende Funktion haben auch Marken. Traditionsreiche chinesische Brands bürgen im Reich der Mitte für Qualität und reduzieren dadurch das in diesem Lande hohe Risiko des Einkaufs. Das bedeutet, dass chinesische Marken im Gegensatz zu westlichen Brands einen anderen funktionalen Schwerpunkt haben. Stehen im Westen wesentlich die Funktion der Differenzierung und Individualisierung im Vordergrund, haben chinesische Brands traditionellerweise die Aufgabe, in der Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager Vertrauen zu schaffen.
Unternehmensmarken stärken
Aus diesem Grund spielen in der Volksrepublik auch die Corporate Brands eine so große Rolle. Es sind die anbietenden Unternehmen und nicht deren Produkte, die das Vertrauen der Kunden finden müssen. Die großen Unternehmen waren traditionell Handelshäuser, die mit namenloser Massenware (Commodities) handelten, wobei der Name des Händlers für die Qualität der Ware bürgte. Dieses Denken prägt die chinesische Markenwelt noch heute. Chinesen denken primär in Unternehmensmarken, nicht in Produktmarken. Die Reputation und der Auftritt eines Markenunternehmens sind wichtig. Daraus erklärt sich auch das große Engagement chinesischer Hersteller im Sozialbereich: die Corporate Social Responsibility (CSR). Chinesische Unternehmen fördern durch ihr gesellschaftliches Engagement das Vertrauen der Kunden, das sie in einem von Misstrauen geprägten Markt für den stabilen Absatz ihrer Produkte benötigen. Das Thema CSR wird auch für deutsche Marken in China wichtiger.
Vor diesem Hintergrund sollten B2B-Marken in China markenarchitektonisch möglichst immer als Unternehmensmarke (Dachmarke, Umbrella Brand) aufgebaut und geführt werden. Nicht nur die privaten Konsumenten, auch die chinesischen Einkäufer der Industrie akzeptieren bekannte Unternehmensmarken schneller als Produktmarken. Und wenn ein westliches Unternehmen unter seiner Dachmarke ein neues Produkt einführt, akzeptieren das die Einkäufer leichter, weil es immer mit der Originalmarke verbunden wird. Eine Dachmarken-Strategie muss sorgfältig entwickelt werden, damit ein Anbieter von seiner Unternehmensmarke profitieren kann, wenn er im schnell wachsenden chinesischen Markt sein Portfolio ausdehnt. Dazu kommt, dass Dachmarken ausreichend klar profiliert sind, um sich gegen den massiven chinesischen Wettbewerb durchsetzen zu können.
Fahrradschaltungen von Shimano, Kleidung aus Gore-Tex und Musikanlagen von Bose � die Aufwertung einer schwachen Marke durch eine hochwertige Marken-Komponente funktioniert auch in China � gerade im B2B. Intel Inside wird in der Volksrepublik in chinesischen IT-Abteilungen heute ebenso vorausgesetzt wie Optiken von Carl Zeiss in den Labors. Achteten chinesische Beschaffer früher hauptsächlich auf den Brand des Gesamtproduktes, ist vielen heute wichtiger, von welchem Hersteller die zentralen Teile stammen.
Damit sich das Ingredient-Branding lohnt, müssen jedoch einige Bedingungen erfüllt sein. So darf die Marke des Endproduktes nicht zu stark strahlen, damit die Komponentenmarke überhaupt wirken kann. Empirische Untersuchungen zeigten, dass nur schwache Hauptmarken von starken Komponentenmarken profitieren, starke Hauptmarken dagegen an Ansehen verlieren können. Darüber hinaus muss sich die eingebaute Komponente klar durch eine besondere Qualität oder herausragende Eigenschaften von den Wettbewerbsprodukten abheben. Sie darf nicht nur �nice to have�, sondern muss für die Funktion des Endprodukts wesentlich sein. Schließlich sollte das Endprodukt möglichst komplex sein, damit die einzelnen Teile an Bedeutung gewinnen.
B2B-Marken richtig kommunizieren
Markenaufbau und Markenführung folgen in China eigenen Gesetzen. Dass Namen und Logos professionell an die chinesische Sprache und Kultur angepasst werden müssen, ist zwingend. Die chinesischen Märkte sind ausgesprochen heterogen, schlechte Übersetzungen und Darstellungen können fatale Folgen haben. Übersehen wird aber gerne, dass auch Slogans und verkäuferische Argumentationen angeglichen werden müssen. So argumentiert etwa Bosch beim Verkauf seiner Kühl-Gefrier-Kombinationen mit der Frische der Produkte � ein zentrales Anliegen chinesischer Kunden.
Die chinesische B2B-Markenkommunikation unterscheidet sich deutlich von derjenigen westlicher Prägung. Sie ist weniger funktional, dafür symbolischer und beziehungsorientierter und appelliert nicht zuerst an das Individuum, sondern an die gruppenbezogene Identität. Die kollektivistische Prägung der Chinesen bringt es mit sich, dass chinesische Geschäftskunden weitaus mehr informelle Informationsquellen nutzen und auf Meinungen und Empfehlungen des sozialen Umfeldes reagieren als westliche Einkäufer. In China sollte sich Markenkommunikation im Investitionsgüterbereich mehr auf Mundpropaganda und Dialoge konzentrieren und nicht zu sehr auf gefällige, spektakuläre und persuasive Massenwerbung setzen, die schnell verkaufen will.
China ist eine Printkultur und eine Erzählgesellschaft. Die Zeitung, das Kleingedruckte auf der Verpackung und die Meinung des Kollegen haben hier einen deutlich größeren Stellenwert als in Europa. Konsequenterweise muss das Management der Reputation im Portfolio der chinesischen B2B-Markenführung einen großen Raum erhalten. Presseartikel, Fachaufsätze, Vorankündigungen und Events können in China intensive Mundpropaganda auslösen und damit eine große Fachöffentlichkeit erzeugen. Deutsche Unternehmen sollten deshalb in ihrer Markenkommunikation Public Relations, Word of Mouth sowie Lobbying betonen und professionell betreiben. Dazu gehört auch der Einsatz moderner Methoden wie Issue Management oder Agenda Setting.
Der Einsatz von Personality ist in der Volksrepublik ein ausgesprochen wirksames Mittel der Markenkommunikation. Charismatische Unternehmer, Manager oder andere Prominente eignen sich in China hervorragend, eine starke Markenidentität zu entwickeln und zu fördern. Chinesische Kunden vertrauen Menschen eher als anonymen Unternehmen aus einer fremden Kultur. Menschen stehen für etwas und geben der Marke ein unverwechselbares Gesicht und eine klare Vision.
In China haben Prominente in der Werbung eine größere Wirksamkeit als in Europa, sie sind deshalb auch im B2B-Marketing weit verbreitet. Die Erklärung liegt darin, dass sie eine wesentlich stärkere Vorbildfunktion besitzen als in Europa. Sie werden als Vorbild mit Erfolg und Reichtum assoziiert. Ausländische Unternehmen nutzen dieses Instrument in der Volksrepublik noch viel zu selten.
Viele chinesische Internetauftritte deutscher B2B-Hersteller sind noch zu sachlich und funktional. Chinesische Auftritte sind emotionaler, spielerischer und unterhaltsamer als deutsche. Das Hintergrundbild ist oft national konnotiert, es zeigt durch eine belebte Szene China-bezogenen Visionen wie Aufschwung, Wachstum und Wohlstand. Deutsche B2B-Marken brauchen solche China-spezifischen symbolischen und sozialen Mehrwerte. Ansatzpunkte gibt es zuhauf: Fortschritt, Innovation und Modernität (besonders bei Design), Energieeffizienz, Umweltschutz, Sicherheit oder Gesundheit.
Besonders bei der Darstellung von Technik, Geräten und Detailausschnitten gibt es noch erhebliches Potenzial. Geräte sollten nicht nur funktional dargestellt werden, sondern in einen sozialen bzw. kollektiven Zusammenhang eingestellt werden. Dabei sollten chinaspezifische Inhalte wie Erfolgsgefühl, Ambition, Aufbruchsstimmung, Selbstbewusstsein oder Patriotismus etc. eingesetzt werden, um die Zielgruppen wirksamer ansprechen zu können.
Marken in der Industrie in Szene setzen
B2B-Marken werden heute inszeniert, auf der Bühne der Märkte wirksam in Szene gesetzt. Dieser Ansatz ist in China besonders fruchtbar, weil Theatralik, Dramatisierung und Inszenierung tief in der chinesischen Kultur und in der Gesellschaft verwurzelt sind. Es gibt viele Vorlagen, die für die Inszenierung von Marken in China geeignet sind, wobei der Patriotismus eine große Rolle spielt: Erfolg und Wachstum, Innovation und Vorsprung, das kollektive Lösen von Problemen. Es ist eine Herausforderung für westliche Unternehmen, mit Hilfe chinesischer Muster starke Dramen zu inszenieren.
Symbole und Bilder spielen in der chinesischen Markenkommunikation eine herausragende Rolle, sie sind das Bühnenbild der Inszenierung. Die chinesische Kultur ist eine Symbol- und Bilderkultur, und Chinesen sind ästhetisch ausgesprochene sensibel. Das bedeutet, dass die visuelle Seite der B2B-Markenkommunikation in China einen hohen Stellenwert hat. Symbole, Zeichen und Bilder wirken intensiv, sie stehen in der Flut der Daten und Fakten wie ein Fels in der Brandung. Starke Bilder erzeugen Aufmerksamkeit, lösen Gefühle aus und haben eine nachhaltige Wirkung. Die visuelle Inszenierung macht Industriegütermarken in China lebendig, erzeugt Interesse und fördert die Markenloyalität des Geschäftskunden.
B2B-Produktwerbung der Marke JOXOD
Wir sehen bei vielen deutschen Unternehmen noch große Potenziale bei der Stärkung der Marke und der Markenführung. Viele deutsche B2B-Marken werden in China noch immer kaum wahrgenommen und haben auf dem Markt auch noch keine klare Position. Dieses Defizit sollte so schnell wie möglich beseitigt werden, da Bekanntheit und Position einer Unternehmensmarke eine wichtige Grundlage für den Vertriebserfolg ist.
Es geht nicht nur darum, die Bekanntheit Marke in den relevanten chinesischen Zielgruppen zu erhöhen. Erfolgskritisch ist, die Marke im Wettbewerb auf dem chinesischen Markt anhand der in China relevanten Parameter richtig zu positionieren. Wir empfehlen grundsätzlich eine nachhaltige identitätsbasierte Positionierung. Images sind in China zu kurzlebig � sie werden mit viel Aufwand mühsam aufgebaut, um in einem dynamischen Umfeld dann schnell zu zerplatzen.
Führung von Marken
B2B-Marken werden auch in China über die vier Parameter, Kompetenz, Identität, Erscheinungsbild und Nutzen gesteuert. Während viele chinesische Brands beim Erscheinungsbild den Vorteil des Heimspiels genießen, trumpfen Westmarken in China meist mit einer starken Funktionalität und größeren Nutzenstiftung. Sie übersehen aber, dass Marken traditionelle chinesische und moderne westliche Assets kombinieren müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen.
Viele westliche B2B-Marken haben in China Stärken in der Markenkompetenz und dem Nutzen, aber markante Schwächen und erheblichen Nachholbedarf bei der Identität und der Erscheinung. Bei diesen beiden stark kulturell und gesellschaftlich geprägten Stellschrauben der Markenführung trumpfen die chinesischen Wettbewerber auf. Identität und Erscheinung sind für die Chinesen ein Heimspiel. Deutsche Hersteller müssen in China die Identität und die Erscheinung ihrer Marke aufbauen, sie sollten andererseits die behauptete Kompetenz und den angeblichen Nutzen chinesischer Wettbewerbsmarken angreifen.
Lohnt sich B2B-Branding?
Die Beantwortung der Frage, ob sich die Stärkung einer Investitionsgütermarke in China lohnt, kann durch ein einfaches Rechenmodell unterstützt werden. In einem ersten Schritt werden die vier zentralen Parameter der Markenführung (Kompetenz, Nutzen, Identität und Erscheinung) für den chinesischen Markt bewertet, so dass die Summe der vier Werte 100 Prozent ergibt. Wie wichtig sind im chinesischen Markt Kompetenz, Nutzen, Identität und Erscheinung? Beispiel: die Markenkompetenz schlägt auf dem Markt mit einer Relevanz von 40 Prozent zu Buche, der Markenauftritt dagegen nur mit 25 Prozent.
Danach werden diesen vier Parametern einzelne branchenspezifische Kriterien zugeordnet, die jeden Parameter definieren. Für die Markenkompetenz können das die Funktionalität und Qualität des Produktes, das Design, die Servicequalität und der Preis sein.
Im nächsten Schritt werden die Ausprägungen der einzelnen Kriterien geschätzt. Wie stark ist die Marke bei den einzelnen Kriterien? Dabei kommt eine Punkteskala von 0 � 100 Punkten zum Einsatz. Jedes für die Stärke der Marke relevante Kriterium erhält eine Punktzahl, die Addition der Punkte ergibt die erreichte Punktzahl des entsprechenden Parameters (z.B. der Markenkompetenz). Durch die Multiplikation mit der Gewichtung dieses Parameters (immer < 1) wird diese Punktzahl aber deutlich reduziert. Das von der Marke in einem Parameterbereich Erreichte wird weniger wert, weil es auf dem chinesischen Markt weniger wichtig ist. Beispiel: die Markenkompetenz erreicht faktisch 360 Punkte, bei einer Relevanz von 40 Prozent sind aber nur 144 Punkte zu berücksichtigen.
Die Addition der in den vier Paramterbereichen Kompetenz, Nutzen, Identität und Erscheinung erreichten gewichteten Punktzahlen ergibt die Gesamt-Punktzahl, die die Marke faktisch in China erreicht. Der Vergleich mit der maximal erreichbaren Punktzahl (alle Kriterien erhalten 100 Prozent) zeigt das Defizit der Marke auf dem chinesischen Markt an. Der faktische Ist-Wert sollte 50 Prozent des Maximalwertes nicht unterschreiten, damit Investitionen in den Markenaufbau überhaupt Sinn machen.
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