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Asien Kurier: Der chinesische Staat und chinesische Unternehmen investieren zunehmend außerhalb ihres eigenen Landes. In den letzten Monaten und Jahren erfolgten Direktinvestitionen (FDI) vor allem in Bergbau- und Infrastrukturprojekte. Welchen Einfluss haben sie auf die Rohstoffmärkte?
Michael Schmidt: Die Investitionen chinesischer Firmen in weltweite Explorations- und Bergbauprojekte im Metallbereich betrugen in den letzten zehn Jahren rund 42 Milliarden US$. Sie sind von etwa 530 Mio. US$ im Jahr 2004 auf etwa 10,2 Milliarden US$ im Jahr 2008 gestiegen. Aufgrund der Finanzkrise fielen die chinesischen Investitionen im weltweiten Bergbausektor, im Jahr 2012 lagen sie bei etwa 3,5 Milliarden US$. Die größten Investitionen erfolgten in Afrika (ca. 31%), Australien (ca. 30%) und Südamerika (ca. 11%) mit Fokus auf die für die Volkswirtschaft wichtigen metallischen Rohstoffe Eisenerz, Kupfer, Zink und Nickel. Investitionen in den europäischen und damit auch deutschen Bergbausektor spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2012 beteiligten sich chinesische Firmen beispielsweise an einem Kupferprojekt in der Slowakei und Spanien. Insgesamt lagen die chinesischen FDI im Jahr 2012 deutlich unter den globalen Kapitalausgaben großer Bergbaukonzerne wie beispielsweise Rio Tinto (ca. 15,6 Mrd. US$), Vale (ca. 13,8 Mrd.. US$) oder GlencoreXstrata (ca. 9 Mrd. US$) (ohne Energierohstoffe).
Asien Kurier: Welche Rohstoffmärkte sind besonders betroffen? Welche werden künftig betroffen sein? Welche Preissteigerungen sind evtl. schon beobachtbar?
Michael Schmidt: Über die letzten Jahrzehnte ist China zu einem bedeutenden Rohstofflieferanten aufgestiegen, dessen Dominanz sich nicht nur auf den Bergbau beschränkt, sondern auch zunehmend auf die weitere Wertschöpfungskette einzelner Rohstoffe erstreckt. So dominiert China beispielsweise den Markt für Seltene Erden, Antimon, Wolfram, Magnesium, Indium und Zinn sowie für zahlreiche Industrieminerale wie Graphit und Fluorit. Der Preis bzw. die Preisentwicklung dieser Rohstoffe ist wenig kalkulierbar. Diese Situation wird sich aufgrund geringer Bergwerkskapazitäten außerhalb Chinas in den kommenden Jahren nicht signifikant verändern. Damit verbunden sind erhebliche Preis- und Lieferrisiken. Darüber hinaus bauen chinesische Unternehmen ihre Marktposition bei Rohstoffen wie z.B. Seltene Erden, Antimon und Wolfram weiter aus. Hier wird mittelfristig weiterhin eine enge Kooperation mit chinesischen Unternehmen notwendig sein. Gleichzeitig hat sich China bei vielen Rohstoffen vom Exporteur zum einem großen Importeur entwickelt. Dies übt zusätzlich Druck auf den gesamten Markt aus.
Asien Kurier: Welchen Herausforderungen sehen sich deutsche Unternehmen daher heute bereits in ihrer Beschaffung ausgesetzt?
Michael Schmidt: Aus Sicht deutscher Unternehmen stellen hohe Rohstoffpreise und Preisvolatilitäten, der zum Teil unsichere Zugang zu Rohstoffquellen sowie Wettbewerbsverzerrungen auf den Rohstoffmärkten Schwachstellen in der Beschaffung und somit für die industrielle Wertschöpfung dar.
Asien Kurier: Was können deutschen Unternehmen heute konkret tun, um sich weiterhin den Zugang zu wichtigen Rohstoffen und folglich auch zu kalkulierbaren Kosten zu sichern?
Michael Schmidt: Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist die genaue Beobachtung des jeweiligen Marktes um frühzeitig potentielle Preis- und Lieferrisiken zu erkennen. Basierend auf dieser Grundlage können neben den üblichen Instrumenten im Einkauf Ausweichstrategien für die Beschaffung entwickelt werden. In stark konzentrierten Märkten bietet es sich gegebenenfalls an, Lieferquellen zu diversifizieren oder mit Partnern innerhalb der Wertschöpfungskette langfristig neue Lieferanten aufzubauen. Hierbei spielt die Nutzung geeigneter Finanzierungsinstrumente wie die Garantien für Ungebundene Finanzkredite (UFK) oder das Explorationsförderprogramm der Bundesregierung eine wichtige Rolle. Substitution, Recycling und Materialeffizienz im Unternehmen sind ebenfalls wichtige Themen für die Sicherung des Industriestandortes Deutschland.
Asien Kurier: Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung der chinesischen Direktinvestitionen ein?
Michael Schmidt: China wird sich aufgrund seiner fortschreitenden Industrialisierung und des damit verbundenen Rohstoffbedarfs auch weiterhin Rohstoffquellen im Ausland sichern und die Wertschöpfungskette im eigenen Land ausbauen. Für deutsche Unternehmen bedeutet dies, ihre Material- und Rohstoffbedarf langfristig und strategisch zu planen und in der Verarbeitung weiterhin auf High-Tech-Produkte "Made in Germany" zu setzen.
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