Asien Kurier  China-Special vom 15. Oktober 2009
China

Gesch�fte mit Know-how

Von Zhuomin Wu, Senior IP-Berater bei Chinabrand Consulting in M�nchen

China entwickelt sich immer schneller zu einem globalen Innovationszentrum.

Dies l�sst sich an verschiedenen Indikatoren ablesen. So hat das Land im Jahr 2008 rund 457 Milliarden Renminbi f�r Forschung & Entwicklung ausgegeben, das entspricht einem Wachstum von 23,2 Prozent gegen�ber dem Vorjahr 2007. Die Zahl der Forschungszentren nimmt st�ndig zu, und die chinesischen Patentanmeldungen gehen steil nach oben.

"Wir werden aus China ein Land der Innovation machen. Wir werden nach Durchbr�chen in Schl�sseltechnologien forschen, die f�r den industriellen Wandel und Ausbau entscheidend sind", verk�ndete der Preminister Wen Jiabao auf dem j�ngsten Wirtschaftsforum Summer Davos im September in Dalian.

Doch der industrielle Wandel der Volksrepublik basiert nicht nur auf Forschung und Entwicklung. Auch in China spielt der Kauf fremden Know-hows eine immer gr��ere Rolle. Geistiges Eigentum ist im Reich der Mitte zum Verm�genswert geworden, der mit Immobilien vergleichbar ist. In China wird der Wettbewerb um handelbares geistiges Eigentum in Form von Schutzrechten immer intensiver. Dabei geht es wesentlich um Patente, aber auch um Marken und Copyrights. Die Chinesen suchen haupts�chlich westliche Technologien, haben selbst aber auch einiges zu bieten.

Schon im Jahr 2007 ver�ffentlichte die chinesische Regierung ein richtungsweisendes Dokument - die Strategische Anleitung f�r den Aufbau und die Verbesserung des Marktes f�r das IP-Business. Zielsetzung dieser Direktive ist, mit Hilfe der Regierung schrittweise einen Markt f�r geistiges Eigentum aufzubauen, wobei einige Branchen Schwerpunkte bilden sollen. Parallel dazu sollen Dienstleistung- und Beratungsorganisationen aufgebaut werden. Das Ziel ist, schnell den internationalen Standard des IP-Business zu erreichen und einen strukturstarken, mehrschichtigen und innovationsf�higen IP-Markt aufzubauen.

Auch die im Sommer 2008 publizierte Richtlinie der Nationalen IP-Strategie Chinas setzt �hnliche strategische Ziele: Bis 2020 sollen die Prozesse der Erfindung, Verwendung, des Schutzes und der Verwaltung geistigen Eigentums auf das internationale Niveau angehoben werden. Wichtige Ziele der n�chsten f�nf Jahre sind, die rechtlich verwertbaren IP-Ressourcen der Nation weiter zu steigern sowie internationale Marken aufzubauen. Wichtige Industriebranchen sollen mit Schl�ssel-Urheberrecht unterst�tzt werden, die Anzahl von Pflanz- und Tiersorten sowie der Topographie von Schaltkreisen sollen gesteigert werden.

Die gr��ten Segmente f�r handelbares Wissen sind Software sowie technisches Know-how in unterschiedlichen Bereichen. Im Jahr 2008 wurden rund 115.000 westlich-chinesische Technologievertr�ge geschlossen, das sind 5,17 Prozent mehr als im Jahr 2007. Etwa 40 Prozent davon sind traditionelle F&E-Vertr;�ge, knapp 36 Prozent betreffen den technischen Service. Der Kauf und Verkauf geistigen Eigentums, ein relativ junges Ph�nomen, folgt mit einem Anteil von 20 Prozent bereits auf dem dritten Platz - mit stark steigender Tendenz. Allein das Gesch�ft mit Softwarelizenzen hat von 2007 bis 2008 um knapp 30 Prozent zugelegt, das Volumen lag im vergangenen Jahr bei 33 Milliarden Renminbi. Der Markt f�r Patente hat sich in diesem Zeitraum fast verdoppelt, er umfasster 2008 etwa 24,4 Milliarden Renminbi. Fazit: Der chinesische Markt f�r das Gesch�ft mit gesch�tztem Wissen wird f�r westliche Unternehmen immer interessanter.

Was suchen die Chinesen, und wer sind die K�ufer von Know-how? Wissen aus den gro�en Schl�sselbranchen wie Verkehrs-Infrastruktur (Eisenbahn, Flugzeugbau) und Maschinenbau ist in der Volksrepublik nach wie vor stark nachgefragt.

Erfahrungen aus unseren Beratungsprojekten zeigen, dass China zur Zeit geistiges Eigentum im Bereich der Umwelttechnologien stark nachfragt, beispielsweise im Motorenbau (Verringerung der Abgase), der industriellen Abgasbehandlung (Kohlekraftwerke), der Solartechnik und der Herstellung neuer Werkstoffe. Auch Wissen aus der Bahntechnik, etwa f�r den Bau moderner U-Bahn-Netze, steht derzeit hoch im Kurs. Dazu kommen die Nahrungsmitteltechnik, wobei Food Safety ein herausragendes Thema ist.

Hinweise auf gute Gesch�ftsm�glichkeiten mit geistigem Eigentum gibt auch der High-Tech-Plan 863. Er weist die folgenden sieben Branchen als Schwerpunkte aus: Biotechnik, Luft- und Raumfahrt, IT, Lasertechnik, Automation, neue Energie und neue Materialien. F�r deutsche Unternehmen, die in vielen dieser Bereiche trumpfen, liegen hier gro�e Chancen f�r v�llig neue Gesch�fte.

Chinesen suchen derzeit aber auch bekannte westliche Marken, mit denen sie das eigene Gesch�ft im Inland aufwerten und besser globalisieren k�nnen. Ein aktuelles Beispiel ist der Verkauf der Markenrechte f�r China der franz�sischen Modegruppe Pierre Cardin an die chinesischen Firmen Jiangsheng Trading Company und Cardanro, der den Franzosen 200 Millionen Euro einbrachte. Andere Beispiele sind der Griff nach westlichen Automarken wie Saab, Volvo oder Hummer.

Marken-Lizenzen spielen auch deshalb eine immer gr��ere Rolle, weil chinesische Gerichte die Verwendung westlicher Marken ohne Berechtigung zunehmend untersagen, die internationalen Brands f�r den chinesischen Markt aber immer wichtiger werden. �hnliches gilt f�r Designs, vorausgesetzt, die westlichen Urheber haben die entsprechenden Geschmacksmuster in China rechtzeitig angemeldet. Bei den Copyrights werden von Chinesen h�ufig Lizenzen f�r Spielwaren, Medien (Schulb�cher mit Comics) oder Merchandising-Produkte gesucht.

Doch wer sind die K�ufer? Die meisten chinesischen IP-Nachfrager sind gro�e und mittlere Unternehmen, die im Heimatmarkt bereits ausgesprochen konkurrenzf�hig sind und sich stark f�r die M�rkte in �bersee interessieren. Hier zeigt sich, dass die chinesische Innovationsoffensive direkt mit der Globalisierungsoffensive chinesischer Champions verkn�pft ist.

Nach unserer Erfahrungen k�nnen chinesische IP-Nachfrager in passive, innovative und strategische IP-K�ufer aufgeteilt werden. Passive K�ufer sind Unternehmen, die eine patentierte Technologien bei der Herstellung von Produkte ohne Lizenz verwendet haben. Um solche Produkte ins Ausland verkaufen zu k�nnen, m�ssen sie Lizenzen nachtr�glich kaufen. Das ist h�ufig bei Nachahmern der Fall. Wegen der immer st�rkeren Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum in China haben solche Piraten-Unternehmen aber immer weniger Spielraum. In der elektronischen Industrie besteht beispielsweise ein gro�e Bedarf an patentierten Technologien, die als internationale technologische Standards akzeptiert sind und als Pflichtverfahren oder -technologien bei der Herstellung eingef�hrt werden m�ssen. Beispiele sind die Herstellung von MP3-, MP4- oder MP5-Playern, bei denen die patentierte MPEG-Technologie fast unvermeidbar angewendet wird.

Innovative IP-K�ufer sind Unternehmen, die sich stark an technologischer Innovation orientieren. Dazu geh�ren beispielsweise Huawei, Haier oder Lenovo. Sie kommen in der Regel aus den klassischen High-Tech-Branchen wie Elektrotechnik, Biotechnik oder Umwelttechnik, genie�en staatliche Unterst�tzung und beherrschen in China relativ gro�e Marktanteile. Diese Champions sind bei der Suche nach neuen Technologien, die ihre f�hrende Position weiter befestigen k�nnen, sehr aktiv. Sie suchen auch nach M�glichkeiten, Cross-Lizenzen mit Wettbewerbern zu verhandeln.

Cross-Lizenzen sind auch deshalb wichtig, weil Chinesen Wissen nicht nur einseitig kaufen m�chten, sondern als gleichwertiger Partner tauschen m�chten - nicht zuletzt deshalb, weil sie Kosten einsparen wollen. Bei solchen Gesch�ften sind die Nutzungsregelungen in den entsprechenden Lizenzvertr�gen von besonderer Bedeutung, beispielsweise die regionale Exklusivit�t. Auch die Technologiebewertung spielt eine gro�e Rolle, f�r beide Parteien m�ssen die gleichen Bewertungskriterien gelten.

Doch nicht nur hoch innovative, auch Unternehmen ohne nennenswerte Innovation kaufen geistiges Eigentum ein. Als strategische IP-K�ufer kennen sie die internationalen Rahmenbedingen sehr gut und haben oft die wichtigen patentierten Ziel-Technologien rund um ihre Produkte intensiv erforscht. Sie wissen genau, welche Patente sie kaufen m�ssen und welche sie nicht unbedingt brauchen, weil sie den Kauf durch technische Verbesserungen vermeiden k�nnen. Strategische IP-K�ufer arbeiten oft sehr eng mit spezialisierten Beratungsunternehmen zusammen.

Ein gro�er Teil des IP-Gesch�ftes l�uft �ber die westlich-chinesischen Kooperationen und Joint Ventures, wobei die Chinesen vom Partner kaufen. Auch kleine chinesische Firmen sind an westlichem geistigem Eigentum interessiert, haben aber oft noch nicht die finanziellen M�glichkeiten. Forschungsinstitute sind eher an Kooperationen interessiert, bei denen westliche Partner die Finanzierung �bernehmen, sie kaufen selbst aber kein geistiges Eigentum ein.

Das Gesch�ft mit gesch�tztem Wissen funktioniert aber auch in der anderen Richtung. Auch die Chinesen bieten auf dem Weltmarkt des Wissens geistiges Eigentum an. So haben chinesische Firmen und Institute auf dem Gebiet der Biotechnologie einschlie�lich der Gentechnik einiges Know-how zu bieten - was zum Teil auf Wissenschaftler zur�ckgeht, die in den USA ausgebildet wurden. Hier ist aber zu ber�cksichtigen, dass die chinesischen Import- und Exportbestimmungen auf diesen Gebieten recht strikt sind. In China gekauftes Wissen muss auch global verwendet werden k�nnen.

Beim Gesch�ft mit geistigem Eigentum in China kommt es darauf an, die zum Verkauf stehenden Inhalte angemessen zu bewerten und attraktive Partner nicht nur zu finden, sondern auch zu beurteilen. Dazu sind im intransparenten China oft investigative Methoden erforderlich. Nicht nur die Technologie, sondern auch die IP-Position des Partners ist wichtig. Au�erdem gilt es, zu vermeiden, dass es bei IP-Deals zu einem kurzfristigen Abfluss von Know-how kommt. Und die Ber�cksichtigung technischer Standards, um die politisch weltweit gerungen wird, erfordert von den westlichen Unternehmen ein wenig Fingerspitzengef�hl. Schlie�lich geht es darum, beim Gesch�ft mit geistigem Eigentum clever zu verhandeln - und dabei auch die Tricks und Fallen chinesischer Verhandlungsf�hrung versiert zu umgehen.

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