Asien Kurier  11/2009 vom 1. November 2009
China / Rohstoffe

Seltene Erden und Metalle wenig gefragt

Von Bernd Schaaf, Germany Trade & Invest in Shanghai

Die Exporte der VR China bei den Seltenerden und anderen seltenen Metallen sind im 1. Halbjahr 2009 unerwartet stark gesunken. Der wertm��ige R�ckgang erreichte bei einigen Erzeugnissen ein Minus von bis zu 80 Prozent. Dennoch wird der Branche eine gl�nzende Zukunft vorhergesagt, da viele neue Technologien auf die Rohstoffe angewiesen sind.

Die Hersteller von Seltenerdmetallen (SEM) in der VR China k�mpfen an vielen Fronten. Der Sektor ist stark zersplittert und leidet nicht nur unter dem seit Ende 2008 einsetzenden nationalen und globalen Preisverfall, sondern auch unter dem Exporteinbruch. Hinzu kommt, dass die Produktion unter r�ckst�ndigen technologischen Bedingungen stattfindet und h�ufig sehr umweltsch�dlich ist.

Andererseits wird der Branche, zusammen mit der Gruppe "Andere Seltene Metalle" wie Gallium, Indium oder Germanium eine gl�nzende Zukunft vorhergesagt. Insbesondere in Technologiebereichen wie der Optoelektronik, Lasertechnik, Photovoltaik oder Brennstoffzellen wird von einer rapide steigenden Nachfrage nach seltenen Metallen einschlie�lich SEM ausgegangen.

Nur bei wenigen Produkten sei damit zu rechnen, dass es in den kommenden zwei Jahrzehnten zu Lieferengp�ssen kommen k�nnte. So die Ergebnisse einer Analyse des j�ngst publizierten Forschungsberichts "Rohstoffe f�r Zukunftstechnologien" des Instituts f�r Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT).

Weltweit ist die VR China derzeit gr��ter Produzent und Exporteur der Seltenerdmetalle, und auch bei manchen anderen seltenen Metallen spielt das "Reich der Mitte" in der obersten Liga mit. So stellten die chinesischen Lieferanten 2008 knapp vier F�nftel der gesamten SME-Weltausfuhr. Rein wertm��ig schrumpften die Exporte aber aufgrund des Preisverfalls auf den Rohstoffm�rkten und geringerer Nachfrage um 45,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf nur noch 166 Millionen US$.

Dieser Trend setzte sich auch im 1. Halbjahr 2009 fort. So nahmen die Lieferungen ins Ausland gegen�ber der Vorperiode (99,8 Mio. US$) um 81,9 Prozent auf 18,1 Millionen US$ ab. Offensichtlich ist der internationale Bedarf eingebrochen, da auch mengenm��ig die Ausfuhr um 69 Prozent auf 1.186 t schrumpfte. Im Gesamtjahr 2008 waren noch 6.940 Tonnen exportiert worden.

Mit einem Anteil von knapp 60 Prozent am Weltexport belegten chinesische Firmen 2008 auch im Segment der SEM-Verbindungen den ersten Rang. Allerdings ist die Dominanz hier nicht ganz so gro� wie bei den reinen Metallen. Insgesamt kam es auf dem globalen Markt f�r SEM-Verbindungen gegen Ende 2008 zu Einbr�chen. Vor allem japanische Produzenten hatten ihre Auslandslieferungen stark reduziert, w�hrend chinesische Firmen noch zulegen konnten.

Jedoch hat sich die Lage f�r die VR China im 1. Halbjahr 2009 verschlechtert. Nach Zollangaben f�hrten chinesische Unternehmen nur noch Branchenprodukte im Wert von 57,1 Millionen US$ aus, mehr als 77 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Mengenm��ig brachen die Auslandslieferungen um 69,0 Prozent auf 6.134 Tonnen ein.

Gr��ter Abnehmer chinesischer SEM-Produkte ist mit Abstand Japan, das gleichzeitig weltweit Hauptimporteur dieser Erzeugnisse ist. Allein 91 Prozent der chinesischen Ausfuhren von SEM gingen 2008 nach Tokio, und bei SEM-Verbindungen waren es immerhin noch 58 Prozent.

Es ist daher nicht �berraschend, dass Japan angesichts der hohen Abh�ngigkeit von Lieferanten aus China zusehends nerv�s wird und eine gesicherte Versorgung mit Seltenerdmetallen (einschlie�lich anderer seltener Metalle) als nationale Aufgabe betrachtet. Zu diesem Zweck wurde im Juli 2009 ein Forum zur Erschlie�ung dieser f�r den technologischen Fortschritt notwendigen Vorerzeugnisse eingerichtet.

Die Sorge Japans um potentielle Engp�sse bei den Rohstoffen ist verst�ndlich, da der Inselstaat nicht nur von einem Land abh�ngig sein m�chte, zumal Beijing unterstellt wird, es setze SEM und SEM-Erzeugnisse als �konomisches Druckmittel ein, um sich im Wettbewerb einen Vorsprung zu sichern. Vor allem in zukunftstr�chtigen Produkten, so unter anderem Hybrid- oder Elektroautos, Batterien sowie organische Solarzellen, werden Branchenkennern zufolge Metalle wie Lithium, Kobalt und Neodym eingesetzt.

Die chinesische Regierung versucht daher, die Gem�ter wieder etwas zu beruhigen. Auf der am 4. September 2009 in Beijing zu Ende gegangenen "Minor Metals & Rare Earths 2009" versicherte die Chefin der Rohstoffabteilung innerhalb des Ministry of Industry and Information Technology, Wang Caifeng, es sei nicht vorgesehen, den Export von SEM wie Terbium oder Dysprosium einzustellen, so Berichte der Wirtschaftszeitung "Di Yi Caijing Ribao (China Business News).

Dennoch bestehen von Seiten Chinas Ausfuhrbeschr�nkungen bei SEM. Dies betrifft nach Angaben der Zeitung "21 Shidai Jingji Daobao" (21st Century Business Herald) Branchenerzeugnisse wie Europium, Terbium, Dysprosium, Thulium, Ytterbium oder Lutetium. In einer aktuellen Analyse des Sektors hei�t es aus gleicher Quelle, es best�nden Ausfuhrverbote bei bestimmten SEM-Produkten wie Erzen, Chloriden oder Karbonaten.

Insgesamt scheint sich der Seltenerdmetall-Sektor derzeit in chaotischen Zust�nden zu befinden. Zollangaben zufolge wurden in der ersten Jahresh�lfte 2009 SEM und SEM-Verbindungen im Volumen von nur 7.320 Tonnen exportiert. Gleichzeitig erwarben die 20 gr��ten chinesischen Lieferanten aber Exportkontingente im Umfang von 31.310 Tonnen.

Aus heutiger Sicht d�rfte es keine unabwendbaren Probleme bei der Sicherung der Versorgung mit SEM und anderen seltenen Metallen geben. Die IZT-Studie, die den Bedarf von mehreren Dutzend SEM und anderen seltenen Metallen bis 2030 analysiert, kommt nur bei sieben Produkten zu dem Ergebnis, dass 2030 die Nachfrage �ber der Welterzeugung des Jahres 2006 liegen wird.

Insbesondere Gallium, das kein SEM ist, sondern zur Gruppe "Andere Unedle Metalle" geh�rt, wird, so die Experten, im Jahr 2030 mehr als sechs mal st�rker nachgefragt sein als 2006. Auch das Seltenerdmetall Neodym und das Nicht-SEM Indium liegen mit Faktoren von 3,82 beziehungsweise 3,29 weit �ber dem Basiswert aus dem Jahr 2006.

Es bleibt dennoch anzunehmen, dass sich die Weltproduktion dieser Nachfrage bis 2030 anpassen kann, zumal in rohstoffreichen L�ndern wie Australien oder Russland bislang unbekannte Lagerst�tten vermutet werden.

China d�rfte - nach derzeitigem Stand - als Lieferant in dieser Spitzengruppe sowohl bei den SEM Neodym oder Scandium als auch bei Nicht-SEM wie Gallium, Indium oder Germanium eine Rolle spielen. Allerdings ist die chinesische �bermacht bei Nicht-SEM-Metallen lange nicht so ausgepr�gt wie bei SEM. Einzige Ausnahme bilden Platinmetalle. Hier rangiert das Land als Exporteur unter "ferner liefen".

�hnlich wie bei SEM sind die chinesischen Ausfuhren anderer seltener Metalle in der ersten Jahresh�lfte 2009 betr�chtlich gesunken. Dabei war der R�ckgang bei den Mengen noch st�rker als bei den Werten, so dass der Preisverfall zus�tzlich zum Tragen kommt. Nur das Exportniveau bei Platin und Tantal konnte einigerma�en gehalten werden.