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Hongkong will seine Umwelt verbessern. Trotz Widerständen kommen verschiedene Projekte der Regierung voran. So wurden umfassende Maßnahmen für Abfall und Luftqualität bereits erlassen, der Energieverbrauch von Gebäuden folgt als nächstes. "Grünes Bauen" dürfte daher zunehmend nachfgefragt werden. Bei der Stromerzeugung will man langfristig die CO2-Bilanz - bei hoher Versorgungssicherheit - optimieren. Dabei bliebt die Kooperation mit der Provinz Guangdong wichtig.
Hongkong wird seit Beginn des Rankings der Heritage Foundation zur freiesten Volkswirtschaft der Welt gewählt. Die Kehrseite ist, dass sich die Stadt bislang nur wenig an Umweltauflagen hält. Besonders bezüglich der Luftqualität hat sich Unmut in der Bevölkerung breit gemacht. Dringlich ist daneben die Abfallentsorgung; 2015/16 ist eine Reihe von Projekten in diesem Bereich in der Pipeline. Etwas besser ist die Bilanz in der Wasserver- und -entsorgung. Die Stromerzeugung glänzt durch hohe Zuverlässigkeit; nun soll sie langfristig auf eine nachhaltigere Basis gestellt werden.
Dabei will sich die Stadt am Pearlriverdelta als Innovationshub für Umwelttechnik etablieren und damit ihre Wirtschaft diversifizieren. Argumente dafür sind der strenge Schutz geistigen Eigentums und die gute Infrastruktur. Hongkong ist insbesondere ein Tor zum chinesischen Markt, und China entwickelt sich derzeit zum Weltmarktführer in der Greentech-Branche. Noch machen "environmental industries" nur 0,3% des Bruttoinlandsproduktes aus. Der Markt für Umwelttechnik in der Stadt könnte aber bis 2018 auf bis zu 11,6 Milliarden US$ anwachsen, so eine Studie des halbstaatlichen Hong Kong Trade Development Council.
Vor allem der "Hong Kong Science and Technology Park" mit der 2014 eröffneten Phase drei soll Firmen aus der Umweltbranche eine Heimstatt bieten. Nach Fertigstellung 2016 soll Platz für 150 Firmen sein. Doch ein prominentes Beispiel zeigt die Schwierigkeiten: Apollo Solar, eine Tochter von DuPont, hatte sich im Park mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für Photovoltaik-Dünnfilm-Technologie niedergelassen, wobei die Produktion im angrenzenden Shenzhen stattfinden sollte. Das Projekt kam jedoch unter die Räder des Solarzellen-Überangebots in China.
Luftqualität soll sich weiter verbessern
Die Regierung hat die Anstrengungen zur Luftreinhaltung in den vergangenen Jahren verstärkt; 2013 wurde ein "Clean Air Plan for Hong Kong" erlassen. Die Transparenz wurde mit einem Luftqualitätsindex (Air Quality Health Index, AQHI), der jeweils aktuell auf der Seite des Umweltamtes veröffentlicht wird, erhöht. Zwischen 2010 und 2014 ist die allgemeine Luftqualität schrittweise besser geworden. So ist die jährliche durchschnittliche Konzentration von Schwefeldioxid, Stickstoff und Feinstaub um 8%, 6% und 4% gesunken. Um 18% gestiegen ist dagegen die Ozon-Belastung in diesem Zeitraum. Engstehende Hochhäuser verhindern eine bessere Luft-Zirkulation auf den Straßen.
Der Transportsektor ist für einen Großteil der "hausgemachten" Luftbelastung verantwortlich, daher zielen verschiedene Maßnahmen auf den Straßenverkehr. So sollen Busrouten konsolidiert und damit Fahrzeuge eingespart werden. Ferner dürften Niedrigemissionszonen besonders belastete Gebiete entlasten und schmutzige Nutzfahrzeuge von den Straßen geholt werden. Dazu hat die Regierung ein Anreizprogramm geschaffen, um bis Ende 2019 die 82.000 Diesel-Nfz, die nur Euro-III-Norm und schlechter erfüllen, durch Subventionen auszutauschen. Neue Diesel-Nfz werden nur noch für maximal 15 Jahre auf die Straßen gelassen.
Mitte 2015 sollen die ersten Elektrobusse getestet werden, der private Elektro-Kfz-Verkehr wird durch ein Netz von Ladestationen gefördert. Ende 2014 waren 1.551 Elektroautos auf den Straßen, und es standen fast 1.000 Steckdosen an 189 Ladestationen zur Verfügung. Ferner wird für E-Fahrzeuge die Registrierungssteuer erlassen. Aufgrund einer speziellen Berechnungsmethode für Umweltfreundlichkeit profitierten praktisch nur japanische Anbieter davon. Die Regierung will für nicht-straßengängige Maschinen - vor allem im Baubereich - Emissionsrichtlinien einführen.
Kooperation mit Guangdong elementar
Aber auch der Seetransport ist in der Hafenmetropole nicht zu unterschätzen; daher wurden die Auflagen für den Schwefelgehalt der lokalen Schiffsdiesel verschärft. Den größten Effekt wird aber eine Ausweitung der Maßnahmen für große Containerschiffe haben. Die Stadt wird dazu Gesetze erlassen und spricht mit der Provinzregierung in Guangdong über die Einrichtung einer Niedrigemissionszone im gesamten Pearlriverdelta - dem PFD. Ansonsten könnten Schiffe einfach einen der benachbarten Häfen anlaufen, und die Auswirkungen für Hongkong wären praktisch unvermindert groß.
Eine wichtige Front im Kampf gegen Umweltverschmutzung ist daher die Kooperation mit der angrenzenden Region, dem PFD. Dort befindet sich ein bedeutender Teil der chinesischen Exportindustrie, nicht selten von Hongkong-Investoren aufgebaut. Seit 2008 werden Firmen dabei unterstützt, wenn sie ihre Produktion im PFD sauberer gestalten. Im Rahmen des "Cleaner Production Partnership Programme" wurden zwischen 2008 und 2013 rund 12 Millionen US$ bereitgestellt. In der Budgetansprache hat der Finanzminister etwa 19 Millionen US$ für eine Verlängerung um weitere fünf Jahre in Aussicht gestellt. Gefördert werden zum Beispiel Maßnahmen zur Energieeinsparung, Luftreinhaltung, geringerem Abwasserausstoß und auch zur Senkung der Produktionskosten.
Abfallverringerung kommt in Hochphase
Kampagnen und eine Gebühr sollen das Müllaufkommen verringern, und auch das Recycling muss ausgebaut werden. Spätestens 2019 kommen die Mülldeponien an ihre Kapazitätsgrenze. Trotz Widerstandes der Anwohner und eines schwierigen politischen Klimas wurde die Erweiterung von zwei Halden im Januar 2015 vom Parlament abgesegnet. Dies ist ein wichtiger Schritt, um weiter Spielraum zu haben. Im "Hong Kong Blueprint for Sustainable Use of Resources 2013 - 2022" vom Mai 2013 wurde das Ziel ausgegeben, den Pro-Kopf-Abfall bis 2022 um 40% zu reduzieren.
Neben der Einführung einer Müllgebühr, um das Aufkommen zu reduzieren, sollen dazu die lokale Recyclingkapazität erhöht sowie eine Produzentenverantwortlichkeit (Producer Responsibility Scheme, "PRS") eingeführt werden. Zunächst wird ein System für elektrische und elektronische Abfälle (WEEE) implementiert, gefolgt von PET- und Glasflaschen. Vor allem Nahrungsmittelabfälle stehen aktuell im Fokus. 2012 landeten mehr als 3.500 Tonnen Lebensmittel pro Tag im Abfall, das entspricht rund 40% des städtischen Mülls ("municipal solid waste"). Seit Mai 2013 läuft daher die Kampagne "Food Wise Hong Kong", die den Abfall reduzieren soll.
Daneben ist eine Anlage für Bioabfälle in Ausschreibung, die diese in Energie umwandeln soll. Das erste Vorhaben in Siu Ho Wan soll 2017 seine Arbeit aufnehmen, ein weiteres Projekt ist geplant. Auch die Abfallverwertungskapazitäten werden stark ausgebaut. Kurz vor Fertigstellung steht eine Anlage für Klärschlamm, und die große Integrierte Abfallverwertung inklusive Müllverbrennung dürfte dieses Jahr ausgeschrieben werden. Die Kosten für die Anlage mit einer Kapazität für 3.000 Tonnen pro Tag werden auf rund 2,3 Milliarden US$ veranschlagt.
Energieeffizientes Bauen
Stromerzeugung ist sowohl für die lokale Luftverschmutzung als auch durch den CO2-Ausstoß für den Klimawandel ein maßgeblicher Faktor. Über 90% des Verbrauchs entfallen auf die mehr als 41.000 Gebäude, daher muss hier angesetzt werden. In der vergangenen Dekade konnten Industrie- und Transportsektor ihren Konsum jeweils um 36% und 10% reduzieren, während Wohnungen und der kommerzielle Sektor um 15% und 19% mehr verbrauchten. Daher soll auf der Nachfrageseite der Bedarf durch effizientere Gebäude gesenkt werden. Ein für Anfang 2015 angekündigter Energiesparplan für Immobilien wird voraussichtlich im Laufe des Jahres vom Umweltamt erlassen.
In der Regierungserklärung wurde ein Ziel von einer Energiereduktion für Regierungsgebäude um 5% in den kommenden fünf Jahren verkündet. Dies ist zwar kein sehr ambitioniertes Ziel, aber es hat immerhin Vorbildcharakter. Die Regierung will die Wirtschaft dazu anhalten, selbst ähnlich Ziele zu setzen. Kommerzielle Gebäude stehen für rund 70% des Stromverbrauchs der Stadt. Diese müssen seit Erlass der "Buildings Energy Efficiency Ordinance 2012" alle zehn Jahre ein Stromaudit machen.
Der "Green Building Council" setzt sich dafür ein, den Stromverbrauch der Gebäude bis 2030 auf der Basis von 2005 um 30% zu reduzieren. Für das derzeit neu in Entwicklung befindliche Stadtviertel Kai Tak werden verschiedene Nachhaltigkeitsprojekte vorgeschlagen. Aktuell wird eine "Bezirkskühlung" vorbereitet. Das "district cooling" ist wesentlich effizienter als die jeweils pro Raum üblichen Split-Klimaanlagen. Dazu soll 2015 ein Gesetz erlassen werden, das Abrechnungen und Tarife regelt. Das Projekt in Kai Tak soll auf rund 1,73 Millionen m2 für rund 63 Millionen US$ umgesetzt werden mit einer Lebensdauer von 30 Jahren.
Die Energieversorgung soll künftig entweder auf mehr Gas setzen oder aber mehr Strom vom Festland importieren. 2012 stammten 63% des Stroms aus lokalen Kohlekraftwerken, 22% aus Gas und 2% aus Erneuerbaren Energien. 23% wurden aus dem Atomkraftwerk in der benachbarten Provinz Guangdong eingeführt. Auch wenn Öffentlichkeit und Wirtschaft eher die lokale Erzeugung aufgrund der Versorgungssicherheit befürworten, tendiert die Regierung zu höherem Outsourcing der Stromproduktion. Erneuerbare Energien haben außer gebäudeintegrierter Photovoltaik wenig Potenzial.