Asien Kurier  8/2009 vom 1. August 2009
Hongkong / Finanzen

Offshore-Zentrum im Renminbi-Handel

Von Dr. Roland Rohde, Germany Trade & Invest in Hongkong

Bislang waren Finanztransaktionen zwischen der Sonderverwaltungsregion Hongkong - die �ber eine eigene W�hrung, den HK-Dollar, verf�gt - und der Volksrepublik China kompliziert und stark reguliert.

Ein neues Zahlungsverkehrsschema, das seit Juli 2009 gilt, f�hrt zu deutlichen Erleichterungen, zumindest f�r die Gesellschaften in Guangdong und Shanghai, die eine entsprechende Lizenz erhalten haben. Doch nicht nur Handelsfirmen profitieren. Hongkonger Banken versprechen sich zus�tzliche Gesch�fte.

Die Regierung Hongkongs konnte ihren Banken und Handelsgesellschaften mitten in der Krise eine frohe Botschaft verk�nden. Ende Juni 2009 unterzeichnete der Chef der Monetary Authority mit dem Gouverneur der chinesischen Zentralbank ein "Memorandum of Understanding", infolge dessen Unternehmen aus Hongkong, Guangdong und Shanghai ihre gemeinsamen Gesch�fte schon ab Juli in der chinesischen W�hrung Renminbi Yuan abwickeln k�nnen.

Obwohl es zahlreiche Beschr�nkungen gibt, stellt das neue Zahlungsverkehrsschema eine historische Neuerung dar. Erste kleinere Schritte hatte es bereits seit Ende 2003 gegeben. So konnten Banken in Hongkong Konten f�r Einwohner der Volksrepublik in Renminbi f�hren. Doch das Geld floss nur sehr sp�rlich. Zur Jahresmitte 2009 beliefen sich die entsprechenden Anlagen auf lediglich gut 50 Milliarden Renminbi (5,30 Mrd. Euro, 1 Euro = 9,43 RMB, 3-Monatsmittel).

Eine weitere Neuerung kam 2005. Privatpersonen k�nnen seitdem von ihrem Renminbi-Konto in der ehemaligen Kronkolonie �berweisungen zu ihrem Konto in China t�tigen. Zudem k�nnen sie in Hongkong ausgestellte Schecks (in RMB) in der Volksrepublik pers�nlich einl�sen. Doch der umgekehrte Fall war nicht m�glich. Im Rahmen des neuen Schemas sind erstmalig Finanzfl�sse in beide Richtungen sowie B2B-Gesch�fte m�glich. Am 7. Juli 2009 wurden nach Angaben von "China Daily" die ersten entsprechenden Transaktionen im Wert von �ber eine Million US-Dollar durchgef�hrt.

Jedoch gibt es derzeit noch umfangreiche Auflagen. So d�rfen nur ausgew�hlte Handelsfirme in vier St�dten im s�dchinesischen Perlflussdelta (in Guangzhou, Shenzhen, Dongguan und Zhuhai) sowie in Shanghai an dem neuen Zahlungsverkehrsschema teilnehmen. Die genaue Anzahl ist noch nicht offiziell bekannt gegeben worden. Der Zentralbankchef sprach anl�sslich der Vertragsunterzeichnung von "voraussichtlich einigen Hundert".

Welche Firmen letztendlich eine Genehmigung erhalten, entscheiden die zust�ndigen lokalen Beh�rden. Die Stadtverwaltung Shenzhens hat bereits im Mai 2009 bekannt gegeben, dass rund 100 Unternehmen eine entsprechende Lizenz erhalten sollen. Nach Einsch�tzung von Experten der HSBC in Hongkong d�rften in der gesamten Provinz Guangdong zun�chst etwa 300 Gesellschaften ausgew�hlt werden. Die Presse schrieb einstimmig von insgesamt 440 Firmen (einschlie�lich Shanghai).

Hongkonger Handelsgesellschaften und ihre chinesischen Gesch�ftspartner, die eine Lizenz erhalten, versprechen sich nach Aussagen von Brian Tsang von der HSBC von dem neuen Schema Vorteile, insbesondere wenn sie gleichzeitig im Ex- und Importgesch�ft t�tig sind. So kann beispielsweise eine s�dchinesische Firma ihre mit Hilfe von Ausfuhren erzielten Renminbi-Gewinne ohne Umtauschverluste dazu benutzen, ihre Importe aus Hongkong zu bezahlen. Gleiches gilt - sozusagen mit umgekehrten Vorzeichen - f�r Hongkonger Handelsfirmen.

Wesentlich gr��ere Erwartungen haben derweil die Banken der ehemaligen britischen Kronkolonie. Durch das neue Schema wird Hongkong zu einem Offshore-Zentrum im Renminbi-Handel, was den gesamten Finanzstandort insbesondere gegen�ber Konkurrenten wie Shanghai oder Singapur st�rken wird. Die Kreditinstitute erwarten zus�tzliche Gesch�fte im Bereich der Handelsfinanzierung. Zudem d�rften sich die existierenden Renminbi-Konten innerhalb der n�chsten Monaten kr�ftig auff�llen, da Geld ben�tigt wird, um den Handel zu finanzieren. Eunuch Fung von Goldman Sachs erwartet sogar, dass Hongkong mit der chinesischen W�hrung �berflutet wird und prophezeit, dass sich der Renminbi - �hnlich wie in Macau, wo der HK-Dollar neben dem einheimischen Pataca als Zahlungsmittel akzeptiert wird - als Parallelw�hrung etablieren wird. Doch andere Finanzexperten wiegeln vorerst ab, denn HK-Dollar und Pataca sind beide faktisch an den US-Dollar gekoppelt und haben einen Wechselkurs von nahezu 1:1.

Der Renminbi hat jedoch seine Bindung an die US-W�hrung zur Jahresmitte 2005 gelockert und ist innerhalb von vier Jahren um rund 20 Prozent zum US-Dollar und damit zum HK-Dollar aufgewertet. Das neue Zahlungsverkehrsschema k�nnte allerdings auch zu einem Umdenken in der Hongkonger Regierung f�hren. Eine Entkopplung vom Greenback wird zwar noch nicht �ffentlich diskutiert, doch Finanzexperten erwarten, dass sich der HK-Dollar innerhalb der n�chsten zehn Jahren an den Renminbi binden wird.

Die hohe Volatilit�t des US-Dollar und die angesichts der enormen Verschuldung der �ffentlichen Haushalte der USA kaum vorhersehbare weitere Entwicklung der US-W�hrung d�rften den Druck, das System zu �berdenken, stark erh�hen. Nach Ansicht von Frank Song, Professor f�r Finanzwirtschaft an der University of Hongkong, ist inzwischen das Risiko einer Kopplung an den US-Dollar merklich h�her als im Falle einer Anbindung an den Renminbi.