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Asien Kurier  5/2011 vom 1. Mai 2011
Indien

Doing Business in Indien

Verhandlungspraxis f�r erfolgreiche Geschäfte

Von Boris Alex, Germany Trade & Invest in New Delhi

Indien ist ein äußerst facettenreiches Land. Nicht nur was die Sprache angeht, auch im Hinblick auf Religion, Sitten und Gebräuche, Verhaltensweisen und Mentalität gibt es für den Geschäftsreisenden einiges zu beachten. Deutschland ist wegen seiner mittelständisch geprägten Wirtschaftstruktur vor allem bei traditionellen indischen Familienbetrieben sehr beliebt.

Geschäftsessen sind eher ungezwungen und stellen keine besondere Herausforderung bezüglich Tischsitten und Etikette für den Geschäftsreisenden dar.
Foto: Jürgen Bender

Kultureller Hintergrund
Indien wird wegen seiner geografischen Ausdehnung und kulturellen Vielfalt häufig auch als Subkontinent bezeichnet. Nicht ohne Grund, denn vergleicht man die Grenzen des siebtgrößten Flächenstaates der Erde mit denen Europas, so erstreckt sich Indien von Norwegen bis nach Sizilien und von Spanien bis nach Russland. Neben den Amtssprachen Hindi und Englisch werden weitere 22 Regionalsprachen von der indischen Verfassung als Landessprachen anerkannt.

Doch nicht nur was die Sprache angeht, auch hinsichtlich Religion, Sitten und Gebräuchen, Verhaltensweisen und Mentalität ist Indien ein äußerst facettenreiches Land. Und dennoch: Trotz aller regionaler und kultureller Unterschiede begreift sich die große Mehrheit des 1,2-Milliardenvolkes - nicht ohne Stolz - in erster Linie als Inder oder Inderin und erst dann als Maharati, Bengali oder einer der anderen Volksgruppen zugehörig. Dieses nationale Selbstverständnis hat sicherlich in den letzten Jahrzehnten mit dazu beigetragen, dass Indien über alle sprachlichen, kulturellen und sozialen Grenzen hinweg ein relativ stabiles und überwiegend friedliches Land geblieben ist.

Die Grenzen auf dem Subkontinent verlaufen allerdings nicht nur regional, sprachlich und kulturell. Für den Geschäftsreisenden sind auch die Unterschiede zwischen Wirtschaftsmetropolen wie Mumbai, Delhi, Bangalore und Chennai und den weniger entwickelten Städten und Regionen sowie zwischen den jungen, oft im Ausland ausgebildeten Managern und den traditionellen Unternehmens-Patriarchen der "alten Schule" von Bedeutung. Bei der Erschließung des indischen Marktes werden sich ausländische Geschäftsleute immer in vielen verschiedenen Welten bewegen müssen.

Wie in allen asiatischen Ländern nimmt auch in Indien die Familie einen sehr hohen Stellenwert innerhalb des sozialen Gefüges ein. Wichtige Entscheidungen werden meist von der ganzen Familie getroffen, wobei hier das Senioritätsprinzip gilt. Es ist zum Beispiel nach wie vor die Regel, dass junge Inderinnen und Inder - selbst wenn sie lange im Ausland gelebt haben - die Wahl ihres Partners den Eltern überlassen. Auch bei der Wahl des Studiums und des Arbeitsplatzes haben die Familienmitglieder ein Mitspracherecht.

Gerade in den traditionellen mittelständischen Unternehmen zählen häufig auch die Mitarbeiter zum "erweiterten Familienkreis". Der Firmen-Patriarch sieht sich in der Verantwortung - nicht nur für die Angestellten, sondern auch für deren Familien - erwartet im Gegenzug allerdings auch ein hohes Maß an Treue und Loyalität. Indische Betriebe sind meist hierarchischer organisiert als Unternehmen in den westlichen Industrieländern. Die Angestellten sind in der Regel stark darauf bedacht, ihre von oben festgelegten Kompetenzen nicht zu überschreiten und entwickeln im Zuge dessen auch selten Eigeninitiative.

Auch in Indien erhält man - wie in den meisten asiatischen Ländern - nur selten ein klares "Nein" als Antwort. Im Gegenzug ist ein "Ja" nicht immer gleichzusetzen mit einer eindeutigen Zustimmung. Aber auch hier muss man stark zwischen dem traditionellen und dem modernen Indien unterscheiden. Gerade junge indische Manager, die längere Zeit im westlichen Ausland gearbeitet haben, sind mit den internationalen Geschäftsgepflogenheiten bestens vertraut und agieren entsprechend professionell.

Aussagen von potenziellen Geschäftspartnern sollten aber nicht in jedem Fall - auch wenn sie noch so überzeugend vorgetragen werden - ohne Prüfung hingenommen werden. Es empfiehlt sich stattdessen, sich vom Gegenüber genau skizzieren zu lassen, wie er oder sie ein bestimmtes Problem lösen möchte. Meist kann man dann schnell erkennen, ob die zuvor angepriesene Expertise auch tatsächlich vorhanden ist.

Auch beim Termin- und Zeitempfinden gehen die Vorstellungen westlicher Geschäftsreisender und die ihrer indischen Counterparts oft weit auseinander. Inder sind sich dessen durchaus bewusst und sprechen daher gerne von IST - der "Indian Stretchable Time". Zeitangaben sind also flexibel, und nicht selten müssen westliche Manager bei pünktlichem Erscheinen feststellen, dass ihr Gesprächspartner noch gar nicht im Büro ist. Man sollte daher ausreichend Puffer zwischen den einzelnen Terminen einplanen, auch um eigene Verspätungen aufgrund der oft chaotischen Verkehrssituation abfangen zu können.

Die deutsch-indischen Wirtschaftsbeziehungen haben sich in den letzten zehn Jahren für beide Seiten äußerst positiv entwickelt. Mit einem bilateralen Handelsvolumen von 15 Milliarden Euro im Jahr 2010 ist Deutschland der wichtigste Handelspartner in Europa. Deutsche Ingenieurskunst und Erzeugnisse "Made in Germany" genießen nach wie vor hohes Ansehen auf dem Subkontinent. Hiervon profitieren vor allem die Lieferanten von Maschinen und Ausrüstung, aber natürlich auch die deutschen Autobauer, die hohe Absatzzuwächse verzeichnen.

Die mittelständisch geprägten Wirtschaftstruktur Deutschlands wird vor allem von traditionellen indischen Familienbetrieben sehr geschätzt. Denn hier gelten langfristige Geschäftsbeziehungen als eine der Grundvoraussetzungen für den unternehmerischen Erfolg. Und dieses Ziel ist nach Auffassung vieler indischer Manager mit einem deutschen Partner am besten zu realisieren. Nicht umsonst gab es in der Vergangenheit immer wieder für beide Seiten erfolgreiche Joint Ventures, die zum Teil bereits Jahrzehnte überdauern.

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Grafik: AHK Indien, Büro Düsseldorf

Dos und Don'ts
Indien ist für viele Asienreisende auf den ersten Blick zugänglicher als beispielsweise die VR China oder Japan. Die Tatsache, dass man sich vor allem im geschäftlichen, aber auch im privaten Umfeld problemlos auf Englisch verständigen kann, erleichtert den Einstieg. Zudem ist die indische Gesellschaft - zumindest für den Außenstehenden - weniger formell, und es lauern nicht an jeder Ecke Fettnäpfchen. Und selbst wenn man einmal unbewusst gegen eine der "Regeln" verstoßen sollte, wird dies von indischer Seite meist mit Nachsicht behandelt.

Der Umgang der Inder untereinander ist weitaus komplizierter und für den ausländischen Gast oft nur schwer nachzuvollziehen. Die Gesellschaft ist in vielen Bereichen streng hierarchisch organisiert und vor allem das Verhalten einer Inderin oder eines Inders gegenüber einer niedriger gestellten Person - ein Angestellter in einem Geschäft oder die Bedienung im Restaurant - empfinden viele Indienbesucher als sehr unhöflich. "Auf Augenhöhe", also zwischen Geschäftspartnern, ist der Umgang allerdings in der Regel freundlich und nach einer längeren Beziehung auch herzlich.

Die Begrüßung erfolgt in der Geschäftswelt und im privaten Umfeld zwischen Männern in der Regel per Handschlag. Bei Frauen sollte man abwarten, ob diese von sich aus die Hand zur Begrüßung reichen. Der traditionellen Begrüßung - ein leichtes Kopfnicken mit auf Brusthöhe zusammengelegten Händen - begegnet man zwar eher selten, sollte diese aber dann aus Höflichkeit mit der gleichen Geste erwidern. Generell ist die indische Körpersprache gebärdenreicher und expressiver als die deutsche und zum Teil für Außenstehende schwer zu interpretieren.

Nicht eindeutig für Indienunerfahrene ist auch das Kopfwackeln von links nach rechts, das eine ganze Spannbreite von Bedeutungen haben kann. In der Regel ist dies keine Zustimmung, sondern lediglich ein Zeichen der Aufmerksamkeit. Das Gesagte muss deshalb noch lange nicht vom Gegenüber verstanden worden sein. Auch an das unterschiedliche Distanzgefühl müssen sich Geschäftsreisende in Indien gewöhnen. Drängeln und sehr dichtes Aufrücken - beispielsweise in Schlangen - sowie Schulterklopfen oder langes Händeschütteln sind nur einige der Ausprägungen, auf die sie vorbereitet sein sollten.

Inder sind generell sehr kontaktfreudig und nicht selten wird man ohne konkreten Anlass persönlich angesprochen und in ein Gespräch verwickelt. Egal ob auf Messen, Konferenzen oder bei offiziellen Anlässen - als Ausländer bleibt man in Indien nicht lange alleine. Meist stellt sich der neue Gesprächspartner kurz vor, übergibt oft auch gleich die eigene Visitenkarte, und stellt anschließend eine der klassischen Aufwärmfragen - in der Regel woher sein Gegenüber kommt und was er in Indien macht. Meist dauern solche "Blitzkontakte" nur wenige Minuten und man verabschiedet sich anschließend wieder. Gerade im Geschäftsumfeld können sich hieraus allerdings auch interessante neue Verbindungen ergeben.

Die Gesprächsthemen erstrecken sich - je nach Beziehungstiefe - von weichen Themen wie Wetter und Sport (vor allem Cricket) - bis hin zu Wirtschaft, Politik und Weltgeschehen. Für viele Reisende zunächst überraschend ist die Geschwindigkeit, mit der ein indischer Gesprächspartner zwischen den verschiedensten Themen hin und her wechseln kann. Ausländische Besucher sollten aber auf keinen Fall den Fehler machen, zu lautstark in die Kritik an den Verhältnissen im Land einzustimmen, um nicht den Landesstolz des Gegenübers zu verletzen.

Von indischer Seite wird allerdings begrüßt, wenn sich Deutsche interessiert an Kultur, Sprache und Traditionen des Subkontinents zeigen. Schon das Erlernen einiger Floskeln Hindi oder der jeweiligen Regionalsprache signalisiert, dass man sich ernsthaft mit dem Land beschäftigt, was wohlwollend zur Kenntnis genommen wird. Hierzu zählen auch die Beachtung der wichtigsten religiösen Rituale und die Beteiligung an den Zeremonien zu den hohen Festtagen.

Indien hat zahlreiche Feiertage, von denen einige nur regional oder nur von den Angehörigen einer bestimmten Religion gefeiert werden. Geschäftspartner, Mitarbeiter und private Bekannte werden zum hinduistischen Lichterfest "Diwali", das Ende Oktober beziehungsweise Anfang November gefeiert wird, mit persönlichen Glückwünschen und Geschenken bedacht. Weitere wichtige Feiertage sind das Farbenfest "Holi" im Frühjahr sowie der Tag der Republik (26.1.) und der Unabhängigkeitstag (15.8.), an denen man sich kurze Feiertagsgrüße entweder telefonisch, per Email oder SMS zuschickt. Auch das Versenden von Neujahrskarten hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Die Kleidung sollte immer dem Anlass und dem Gesprächspartner entsprechen, auch wenn das bei den tropischen Temperaturen auf dem Subkontinent nicht immer leicht fällt. Bei Geschäftsbesprechungen auf Managerebene, offiziellen Anlässen etc. muss der Herr Anzug und Krawatte und die Dame Businesskostüm tragen. Im technischen und IT-Bereich - also unter Ingenieuren - kann es auch etwas legerer zugehen, aber Hemd und Stoffhose sind auch hier Pflicht. Angesichts der Temperaturen jenseits der 30 Grad empfehlen sich generell leichte Baumwoll- und Leinenstoffe. Allerdings finden Besprechungen in der Regel in klimatisierten Räumen statt, und hier können die Temperaturen nahezu frostig sein. Das Sakko - bei Damen eventuell ein Tuch oder ein dünner Schal - sollte daher trotz hoher Außentemperaturen immer griffbereit sein.

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Grafik: AHK Indien, Büro Düsseldorf

Das erste Mal
Die erste Kontaktaufnahme zu potenziellen Geschäftspartnern kann über verschiedene Kanäle initiiert werden. Neben der Kaltakquise über die eigene Recherche im Internet oder in Unternehmensdatenbanken bieten die vielen Messen sowie Fachkonferenzen vor Ort, die regelmäßig von den großen indischen Industrieverbänden Confederation of Indian Industry (CII, www.ciionline.org), Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (FICCI, www.ficci.com) und Associated Chambers of Commerce and Industry (Assocham, www.assocham.org) organisiert werden, gute Möglichkeiten für den Erstkontakt. Auch die Deutsch-Indische Handelskammer (Indo German Chamber of Commerce, IGCC, https://indien.ahk.de) mit Sitz in Mumbai und weiteren Büros in New Delhi, Kolkata, Pune, Bangalore und Chennai unterstützt deutsche Unternehmen bei der Suche nach möglichen Geschäftspartnern.

Ist der Erstkontakt durch den Austausch von Visitenkarten oder die persönliche Vorstellung durch Dritte hergestellt, empfiehlt sich ein Follow-up per Email. Dies soll zum einen dazu dienen, das Treffen beim Gesprächspartner wieder in Erinnerung zu rufen, sollte aber auch dazu genutzt werden, weitere Informationen über die eigene Firma bereitzustellen. Üblich sind eine kurze Beschreibung des Unternehmens sowie seiner Produkte und Dienstleistungen. Auch das Anhängen von Firmenbroschüren und -präsentationen ist durchaus üblich.

Auch kann man bereits bei dieser ersten Kontaktaufnahme gleich einen allgemein gehaltenen Vorschlag zu einem Treffen einflechten. In der Regel antwortet der potenzielle Geschäftspartner mit einer ähnlich formulierten Mail und entsprechenden Informationen zum eigenen Unternehmen. Ist der Kontakt etabliert, kann nun in einem zweiten Schritt ein konkreter Terminvorschlag für ein Treffen - entweder per Email, aber besser noch telefonisch - unterbreitet werden. Dieser dürfte - wenn das Interesse an einer Vertiefung des Kontaktes beiderseitig ist - in den meisten Fällen auch angenommen werden.

Das erste Treffen kann entweder auf "neutralem Boden" wie einem Restaurant oder in den eigenen Geschäftsräumen - so denn vorhanden - beziehungsweise denen des Geschäftspartners stattfinden. Geht die Initiative zu einem Meeting von einem selber aus, sollte man am besten ein Treffen in einem Restaurant vorschlagen, aber auch die Bereitschaft erkennen lassen, den Geschäftspartner in dessen Büro zu treffen. Generell sollte der Aufwand für den anderen so gering wie möglich gehalten werden, also auch ein Restaurant auswählen, das für das Gegenüber relativ einfach zu erreichen ist.

Informieren Sie sich vorab, ob ihr Gesprächspartner alleine oder in Begleitung eines oder mehrerer Kollegen zu dem Meeting erscheint. Nicht immer findet das erste Treffen unter vier Augen statt. Häufig wird ein indischer Geschäftsführer von einem Assistenten oder dem jeweiligen Fachverantwortlichen seines Unternehmens begleitet. Sie sollten für diesen Fall genügend Platz - sowohl im Restaurant als auch in den eigenen Räumlichkeiten - bieten können. Auch empfiehlt es sich, ausreichend Visitenkarten und Informationsmaterial zum Unternehmen bereitzuhalten. Zudem ist eine zeitnahe Terminbestätigung - am besten am Tag vorher - ratsam.

Da bei Terminen immer wieder mit Verspätungen zu rechen ist, sollten Sie genügend Pufferzeit nach hinten einplanen. Verspätungen von 15 bis 30 Minuten sind eher die Regel als die Ausnahme. Findet das Treffen im Büro ihres Gesprächspartners statt, kann es durchaus sein, dass dieser bei Ihrem pünktlichen Erscheinen noch gar nicht da ist oder noch in einer Besprechung sitzt. Meetings sollten auch nicht zu früh - also vor 10.00 Uhr - angesetzt werden, dafür sind Treffen am frühen Abend nicht unüblich. Bei einem ersten Zusammentreffen ist ein Zeitrahmen von ein bis eineinhalb Stunden einzuplanen.

Die Begrüßung ist keinen bestimmten Ritualen unterworfen und unterscheidet sich nicht von den Regeln anderer Länder. Der Gesprächspartner wird zu Beginn seine begleitenden Kollegen kurz vorstellen, und es bietet sich die Gelegenheit zum Austausch der Visitenkarten. Komplizierte, nach Hierarchien gegliederte Sitzordnungen gibt es nicht. Sie werden Ihrem potenziellen Geschäftspartner meist direkt gegenüber sitzen, und die übrigen Teilnehmer gruppieren sich um Sie beide herum.

Der Einstieg in das Gespräch erfolgt in der Regel über Small Talk. Dabei erstrecken sich die Themen von der Wetter- und Straßenverkehrslage über die aktuellen Sportereignisse bis hin zum aktuellen politischen Tagesgeschehen. Während dieser Aufwärmphase rücken persönliche Fragen in den Vordergrund. Meist geht es dabei um die Familie, zum Beispiel, ob man verheiratet ist und Kinder hat, oder wie es einem in Indien gefällt. Sehr beliebt ist auch die Frage, ob man das indische Essen mag. Diese Fragen dienen dazu, das Gegenüber auch auf einer persönlichen Ebene besser kennenzulernen.

Nach dieser ersten Gesprächsphase, die zwischen fünf und zehn Minuten dauert, beginnt in der Regel der geschäftliche Teil. Der Erstkontakt dient dazu, sich besser kennenzulernen und vorhandene Gemeinsamkeiten zu sondieren. Daher sollte nochmals eine knappe Übersicht über das eigene Unternehmen gegeben und auch dargestellt werden, welche Ziele die Firma auf dem indischen Markt verfolgt und welche Erwartungen man an den Kontakt zu dem potenziellen Geschäftspartner knüpft. Ihr Gegenüber wird ähnlich verfahren, und im Verlaufe dieses Gesprächs dürfte dann für beide Seiten klarer werden, ob sich die Aufnahme konkreter Geschäftsbeziehungen lohnt. Im Anschluss an das Gespräch sollten die Ergebnisse am besten per Email nochmals zusammengefasst und Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreitet werden.

Geschäftsessen
Geschäftsessen in Indien sind eher ungezwungen und stellen keine besondere Herausforderung bezüglich Tischsitten und Etikette für den Geschäftsreisenden dar. Vor allem in den indischen Metropolen gibt es inzwischen eine Vielzahl von Restaurants mit indischer sowie internationaler Küche in unterschiedlichen Preiskategorien. Meist finden Geschäftsessen in den Restaurants großer Hotels statt. Aber auch außerhalb der Fünf-Sterne-Hotels gibt es in den Großstädten inzwischen genügend Alternativen. Restaurantführer für Delhi, Mumbai und andere Städte sind in den meisten Buchhandlungen erhältlich. Bei der Auswahl des Restaurants ist darauf zu achten, dass es ein möglichst breites Angebot an vegetarischen Speisen gibt, da sich ein großer Teil der indischen Bevölkerung fleischlos ernährt.

Ein Geschäftsessen am Mittag sollte frühestens für 13:00 Uhr verabredet werden. Eine Reservierung ist in den seltensten Fällen nötig. Auch ein Businessdinner sollte nicht früher als 19:30 Uhr angesetzt werden, da Inder in der Regel erst sehr spät essen. Es ist durchaus üblich, dass man - vor allem in indischen Restaurants - noch ein bis zwei Stunden mit kleinen Snacks und Drinks überbrückt, bevor das Essen bestellt wird. Bei der indischen Küche werden verschiedene Gerichte für alle zusammen geordert. In den gehobenen Restaurants legt die Bedienung das Essen für den Gast auf und je nach Bedarf auch nach.

Zum Mittagessen werden in der Regel keine alkoholische Getränke konsumiert, abends allerdings schon. Man sollte jedoch abwarten, ob das Gegenüber ebenfalls Alkohol trinkt, denn ebenso wie es zahlreiche Vegetarier gibt, trinken viele Inder aus religiösen Gründen auch keinen Alkohol. Ansonsten sind Bier, Wein und Whisky die gängigen Getränke. Trinksprüche und Tischreden sind unüblich. Bei Ausländern bewährt sich das Festhalten an den in Europa gängigen Tischsitten. Bei nordindischem Essen werden in der Regel Brotfladen (Naan, Roti etc.) als Beilage gereicht, die mit der Hand in die verschiedenen Curries gedippt werden. Im Süden Indiens ist Reis die Standardbeilage, auch hier wird traditionell mit der rechten Hand gegessen, aber die Verwendung von Löffel und Gabel ist ebenfalls üblich.

Die Bezahlung erfolgt niemals getrennt, und es entspinnt sich meist ein Disput, wer die Rechnung übernimmt. Die in der Speise- und Getränkekarte ausgewiesenen Preise sind ohne Steuern, daher kann die Rechnung am Ende zwischen 10 und 20 Prozent höher sein. In den meisten Restaurants wird zudem noch eine "Service Charge" in Höhe von 10 Prozent erhoben, die dann auf der Rechnung ausgewiesen ist. In dem Fall kann man noch ein Trinkgeld von 50 Rupien geben, ansonsten ist ein Trinkgeld von 5 bis 10 Prozent üblich.

Potential für deutsche Mittelständler in Indien: GTZ-Projekt Erneuerbare Energien
Foto: GTZ

Ablauf von Besprechungen
Das Geschäftsleben in Indien ist ebenso vielfältig wie das Land selbst. Ihr Verhandlungspartner kann ein traditioneller indischer Firmen-Patriarch sein oder aber eine ehemalige Non Resident Indian (NRI), eine Geschäftsfrau, die jahrelang in den USA gelebt und gearbeitet hat - sowie sämtliche Zwischenformen. Entsprechend unterschiedlich können dann auch Geschäftsbesprechungen und Verhandlungen ablaufen. Man dürfte aber in der Regel rasch den Stil des Gegenübers einordnen können und seine eigene Verhandlungsstrategie entsprechend anpassen.

Mit sprachlichen Problemen hat man in der indischen Geschäftswelt so gut wie nie zu kämpfen. Englisch ist die im ganzen Land gängige Business-Sprache, sodass Dolmetscher bei Verhandlungen nicht notwendig sind. An den zum Teil starken indischen Dialekt vor allem älterer Inder gewöhnt man sich relativ schnell. Falls dennoch etwas beim ersten Mal nicht verstanden wurde, empfiehlt es sich, in jedem Fall nachzufragen. Auch die Schriftsprache in der Geschäftswelt ist Englisch, daher sind alle offiziellen Dokumente, Verträge etc. problemlos lesbar.

Offizielle Geschäftsbesprechungen und Verhandlungen finden meist in angenehmer und wenig steifer Atmosphäre in den eigenen Büroräumen oder denen des potenziellen Geschäftspartners statt. Zu Beginn stellen sich die einzelnen Teilnehmer gegenseitig vor und tauschen Visitenkarten aus. Meist sind neben dem Hauptgesprächspartner - in der Regel der Geschäftsführer oder ein Vertreter der oberen Managementebene - ein Assistent sowie Mitarbeiter aus dem Fachbereich, beispielsweise der Produktionsleiter, anwesend. Juristen werden erst in späteren Verhandlungsstadien eingebunden. Der ranghöchste Mitarbeiter wird auf der Gegenseite das Gespräch führen und seine Mitarbeiter bei Fachfragen einbinden.

Die gegenseitige Anrede ist zu Beginn einer Geschäftsbeziehung förmlich, also Mr./Mrs./Miss plus Nachnamen, wobei sich Ausländer nicht wundern sollten, wenn das Gegenüber dabei statt des Nachnamens den Vornamen verwendet (also Mr. Peter oder Mr. Hans), da diese für Inder oft leichter auszusprechen sind. Im weiteren Verlauf geht man häufig zum Vornamen über, allerdings nur auf Augenhöhe. Ein indischer Geschäftsführer wird seine Angestellten meist beim Vornamen, diese ihn aber mit "Sir" anreden.

In indischen Unternehmen werden sehr gerne moderne Präsentationstechniken eingesetzt. Der Besprechungsraum, in dem die Verhandlungen stattfinden, sollte daher mindestens über Laptop und Beamer - falls nötig auch über Geräte für Telefon- und Videokonferenzen - verfügen. Eine professionelle Powerpoint-Präsentation zählt auch in Indien inzwischen zum Standard. Die Folien sollten dann auch allen Teilnehmern entweder in Papierform oder als Softcopy zur Verfügung gestellt werden.

Sich während der Präsentationen und des Gesprächs Notizen zu machen, ist absolut üblich und auch zu empfehlen. Erwarten Sie nicht, dass Ihnen alle Teilnehmer während der gesamten Besprechung ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Von ständigem Handy-Klingeln, das dann auch immer beantwortet wird, dem Schreiben von SMS und Emails auf dem Mobiltelefon sowie kurzem Verlassen des Besprechungsraums sollte man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen.

Als goldene Verhandlungstaktik für ausländische Geschäftsleute gilt: Eine gründliche Prüfung ist unbedingt notwendig. Inder sind hervorragende Selbstvermarkter, und man wird in den ersten Verhandlungen nur selten Sätze wie "Das können wir leider nicht leisten" hören. Entscheidend für den ausländischen Unternehmer sollte jedoch nicht sein, "ob" etwas möglich ist, sondern "wie" eine bestimmte Leistung vom potenziellen Geschäftspartner erbracht wird. Denn beim Thema Qualität gehen die Auffassungen zwischen indischen und deutschen Unternehmern oft deutlich auseinander.

In der ersten Verhandlungsphase muss daher gründlich geprüft werden, ob der künftige Partner über die technischen, personellen und finanziellen Ressourcen verfügt, die für eine langfristige Kooperation nötig sind. Zu diesen Fragen gehört, ob Maschinen vorhanden sind, mit denen das Produkt in der gewünschten Qualität gefertigt werden kann und ob es Mitarbeiter gibt, die diese Maschinen auch bedienen können. Auch die langfristige Strategie des Partners sowie das Thema Technologietransfer sollten möglichst früh geklärt, und nach Möglichkeit auch schriftlich festgehalten und in einem Follow-up in einer Email nochmals zusammengefasst werden.

Indien gilt als sehr preissensitiver Markt und deutsche Unternehmen, die ihre Produkte hier absetzen wollen, müssen häufig intensive Überzeugungsarbeit leisten. Die Frage nach dem Preis und der Höhe des Rabatts wird von indischer Seite oft schon sehr früh auf den Verhandlungstisch gebracht. Es ist ratsam, sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und stattdessen die Vorzüge des eigenen Produktes (langlebig, wartungsarm, geringe Life-Cycle-Costs, guter After-Sales-Service etc.) darzustellen.

Spätestens bei der Ausarbeitung eines Vertragsentwurfs muss ein Rechtsbeistand eingeschaltet werden. Hier empfiehlt es sich, eine größere Kanzlei mit Erfahrung in der Vertragsgestaltung zwischen indischen und ausländischen Partnern zu beauftragen. Entsprechende Adressen hält die Deutsch-Indische Handelskammer bereit. Auch wenn das indische Recht als fortschrittlich gilt und eine hohe Regelungsdichte aufweist, sollten die Verträge so ausführlich und "wasserdicht" wie möglich formuliert werden - auch gegen den eventuellen Widerstand des Geschäftspartners. Die Rechtsdurchsetzung kann in Indien mehrere Jahre dauern, daher sollten bereits frühzeitig so viele juristische Stolpersteine wie möglich aus dem Weg geräumt werden.

Der private Umgang
Persönlichen Verbindungen wird in Indien sowohl auf privater als auch auf professioneller Ebene ein sehr hoher Stellenwert beigemessen. Die Trennung zwischen Berufs- und Privatleben beziehungsweise Freundeskreis und Geschäftspartnern ist weniger stark ausgeprägt. Ausländische Geschäftsleute sollten sich daher unbedingt ein eigenes Netzwerk schaffen, wenn sie langfristig erfolgreich sein möchten.

Das Freizeitverhalten in Indien unterscheidet sich nicht allzu sehr von dem in Deutschland. Die Sechstagewoche ist nach wie vor die Regel, und der Sonntag ist der Familie gewidmet. Zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen zählt das Essen. Meist trifft man sich in größeren Gruppen in Restaurants und verbringt dort mehrere Stunden. Vor allem bei der wohlhabenden Oberschicht in den Großstädten erfreuen sich Sonntagsbrunchs großer Beliebtheit. Auch der Besuch von kulturellen Veranstaltungen - insbesondere traditionelle indische Musik- und Tanzaufführungen - ist weit verbreitet.

Private Einladungen sind die beste Möglichkeit, einen eigenen Bekannten- und Freundeskreis aufzubauen und zu pflegen. Diese können in Form von Abendessen in kleiner Runde bis hin zu privaten Empfängen und Partys im größeren Stil reichen. Je nachdem wie gut man vernetzt ist, kann es sein, dass für jedes Wochenende mehrere Einladungen eingehen. Daher sollte man sich regelmäßig - also mindestens ein Mal pro Jahr - revanchieren. Die privaten Treffen finden in ungezwungener Atmosphäre statt, wobei die Gesprächsthemen vom Small Talk bis hin zu Business Talk alles abdecken können. Auf indischer Seite ist es üblich, dass sich nach Geschlechtern getrennte Gruppen bilden und diese auch den Abend über meistens unter sich bleiben.

Je nach Größe und Format der privaten Einladung empfiehlt es sich, ein Geschenk mitzubringen, insbesondere wenn es einen besonderen Anlass wie den Geburtstag eines Familienmitglieds gibt. Hier eignen sich Blumen für die Dame des Hauses, gerne gesehen sind auch typische Mitbringsel aus der Heimat. Guter Whisky oder auch eine Flasche Wein ist ein beliebtes Geschenk für den Herrn, man sollte sich aber vorher vergewissern, dass der Gastgeber auch Alkohol trinkt. Die Verpackung spielt keine Rolle. Häufig werden die Präsente gar nicht in Anwesenheit des Gastes ausgepackt.

Da Privates und Geschäftliches in Indien weniger stark getrennt werden, ist eine Einladung durch den Geschäftspartner zu Familienfeiern - zum Beispiel, wenn der Sohn oder die Tochter heiraten - üblich. Diese Einladung sollte auf jeden Fall angenommen werden, um dieser Ehre den gebührenden Respekt entgegenzubringen. Zudem bieten indische Hochzeiten aufgrund der vielen traditionellen Zeremonien einen interessanten Einblick in die Kultur des Landes. Mit mehreren Hundert, manchmal sogar über Tausend Gästen eröffnen sie zudem die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.

Stand dieser Informationen ist April 2011.

Adressen

Indo-German Chamber of Commerce
Maker Tower E,1. floor, Cuffe Parade
Mumbai 400 005
Tel: +91 22 6665 2121
Fax: +91 22 6665 2120
Email: [email protected]

Bernhard Steinrücke
Hauptgeschäftsf�hrer
Tel: +91 22 6665 2121 / 122

Büro Delhi
German House, 2, Nyaya Marg, Chanakyapuri
New Delhi 110 021
Tel: +91 11 4716 8888 / 4716 8801
Fax: +91 11 2611 8664 / 2687 3221
Email: [email protected]

Guido Christ
Stellv. Hauptgeschäftsf�hrer
Tel: +91 11 4716 8802

Büro Bangalore
403, Shah Sultan, 4. Floor, Cunningham Road
Bangalore 560 052
Tel: +91 80 2226 5650
Fax: +91 80 2220 3797
Email: [email protected]

Mrs. Audrey DSouza
Zweigstellenleiter
Tel: +91 80 2226 5650

AHK Indien, Büro Düsseldorf
Dirk Matter, Geschäftsführer
Citadellstrasse 12
40213 Düsseldorf
Tel: +49 211 360597 98, 362749
Fax: +49 211 350287
Email: [email protected]





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