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In Indonesien setzt die Regierung anscheinend manches daran, internationale Unternehmen zu vergraulen. Das könnte sich als fatal erweisen, denn zwei Drittel aller Investitionen stammen aus dem Ausland. Neue Regelungen und Beschränkungen für Firmen geben daher Anlass zu Besorgnis. Zudem befindet sich die Wirtschaft seit dem Frühjahr 2015 technisch gesehen in einer Rezession. Im Gesamtjahr könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real um weniger als 5% wachsen.
Seit Indonesiens Wirtschaft 2010 real um fast 7% zulegte, trübte sich die Konjunktur langsam aber stetig ein, und 2014 rutschte die BIP-Zunahme auf 5,0% ab. Dabei handelt es sich zwar immer noch um einen ansehnlichen Wert. Viele Staaten in Europa wären froh, wenn sie nur halb so schnell wachsen könnten.
Doch im größten Land Südostasiens herrschen andere Maßstäbe. Gemäß der unter US-Ökonomen geltenden Definition (zwei aufeinanderfolgende Quartale mit sinkender Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal) rutschte der Archipel im Frühjahr 2015 sogar in eine "technische" Rezession.
Bereits im Schlussquartal 2014 war das BIP laut nationalem Statistikamt BPS um 2,1% gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Für den Zeitraum Januar bis März 2015 betrug der entsprechende Rückgang 0,2%. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wuchs die Wirtschaftsleistung in den ersten drei Monaten 2015 zwar noch um 4,7%. Dabei handelte es sich jedoch um den niedrigsten Wert seit der internationalen Finanzkrise 2009.
Noch gehen viele Prognosen davon aus, dass das BIP 2015 real um 5,2 bis 5,7% zulegt. Allerdings mehren sich Anzeichen dafür, dass wohl eine Vier vor dem Komma steht. Unternehmen berichten seit Ostern - noch unter vorgehaltener Hand - von einem jähen Umsatzrückgang und ersten Entlassungen. Ihre Absatz- und Auftragseingangskurve der letzten sechs Monate entspräche einem umgekehrten "V".
Allgemein herrscht seit dem Frühjahr 2015 - insbesondere unter ausländischen Firmen - ein Klima der Enttäuschung. Vom im Oktober 2014 angetretenen Präsidenten Joko Widodo hatte man sich ein wahres Reformfeuer verspochen. Stattdessen setzt seine Administration auf die Protektionismus-Karte. Verstärkt sind von Politikern aller Couleur nationalistische Töne zu vernehmen. Diese finden ihren Ursprung in der Angst vor der Ende 2015 startenden Zollfreiheitszone "ASEAN Economic Community" (AEC). Indonesische Firmen und Arbeitgeber fürchten sich vor der künftigen Konkurrenz.
Sozusagen in letzter Minute werden neue Vorschriften erlassen, um das Land vom internationalen Wettbewerb abzuschirmen. So fällt ein neues Halal-Gesetz etwa strenger aus als in zahlreichen arabischen Ländern. Selbst Container zählen demnach, wenn sie nur ein einziges Mal Schweinefleisch oder Alkohol transportiert haben, für den Rest ihres Lebens als nicht koscher. Autohersteller müssen demnächst nachweisen, dass die Ledersitze ihrer Kraftfahrzeuge "halal" sind. Auch Anbieter aus der pharmazeutischen und Kosmetika-Branche sind von den neuen Regulierungen betroffen.
Zum 01.07.15 wird zudem ein Gesetz in Kraft treten, demzufolge jeglicher inländischer Zahlungsverkehr in einheimischer Währung - indonesische Rupiah - abzuwickeln ist. Dabei handelt es sich um einen schweren Eingriff in die Vertragsfreiheit. Viele Unternehmen benutzen im täglichen Geschäft vorzugsweise den US-Dollar.
Weitere Regelungen zielen auf einzelne Branchen. So dürfen etwa internationale Logistikfirmen in Zukunft ihre Luftfracht nicht mehr am Airport durchleuchten und kontrollieren. Möglicherweise können dann Frachtflugzeuge auch nicht mehr in Europa oder in den USA landen. In ausländischem Besitz befindliche Banken und Versicherungen sollen zudem einen Teil ihrer bisherigen Anteile an einheimische Firmen verkaufen.
Zudem fand die Widodo-Administration ein besonders effizientes Instrument, um internationalen Investoren einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen: Sie beschränkt die Anzahl der Arbeitsvisa für ausländische Fachkräfte. Diese Maßnahme wird von der einheimischen Bevölkerung durchaus begrüßt. Außerdem will man den Verkauf und Konsum von Alkohol weitgehend verbieten. Auch dieser Vorstoß zielt mehr oder weniger offen auf die Expats" Manch einer sitzt daher bereits "auf gepackten Koffern".
Einbruch der ausländischen Direktinvestitionen möglich
Zynische Zungen behaupten, Widodo verbreite doch wie erwünscht eine Aufbruchsstimmung. Womöglich werden sich seine Berater schon bald verwundert die Augen reiben: Wenn internationales Kapital ausbleibt, droht ein weitere Konjunktureintrübung. Immerhin kommen laut Investitionsbehörde BKPM zwei Drittel aller getätigten Investitionen aus dem Ausland.