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Die Provinz Jeollanam-do (�Süd-Jeolla�) galt jahrzehntelang als agrarisch geprägtes Hinterland ohne nennenswerte Industrie- oder Gewerbeansiedlungen. Doch seit einigen Jahren macht die Heimat des früheren südkoreanischen Präsidenten und Nobelpreisträgers Kim Dae-jung auch als Industriestandort auf sich aufmerksam. Heute besitzt die Provinz über 30 Industriekomplexe, zahlreiche Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur.
Die Landwirtschaft spielt nach wie vor eine große Rolle, doch haben sich seit der Jahrtausendwende koreanische und ausländische Unternehmen im Südwesten der koreanischen Halbinsel niedergelassen. Die Hauptindustriezweige sind Chemie, Stahl und Schiffbau. Daneben kann die Provinz eine Reihe von Firmen aus innovativen Bereichen wie Erneuerbare Energien, Neue Materialien und dem ökologischen Landbau vorweisen.
Jeollanam-do beherbergt auf einer Fläche von 12.245 km² eine Einwohnerschaft von 1,93 Millionen Menschen. Die Provinz ist in 17 Bezirke und 5 selbständige Städte gegliedert. Sie besitzt 3 Flughäfen (Muan, Yeosu, Gwangju), von denen 2 (Muan und Gwangju) neben Flügen nach Seoul auch solche nach China und Südostasien anbieten. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug KTX ist Seoul in 2 Stunden zu erreichen. Die Provinz ist außerdem an den West Coast Expressway angebunden, der eine schnelle Autoverbindung zu den Industrie- und Logistikzentren an der koreanischen Westküste, insbesondere nach Incheon, bereitstellt (Fahrtzeit nach Seoul: 3 Stunden). Der Namhae Expressway verbindet die Provinz mit dem Südosten der koreanischen Halbinsel (Fahrtzeit nach Busan: 3 Stunden). Von besonderer Bedeutung sind die beiden Seehäfen in Gwangyang und Mokpo. Sie sollen nach dem Willen der koreanischen Regierung zusammen mit Incheon und Busan/ Jinhae ein Logistik-Dreieck bilden, das zu einer Drehscheibe für den Gütertransport in Nordostasien werden kann.
Auch im Bereich Human Resources hat die Provinz einiges zu bieten: Unter den 41 Universitäten und Colleges ist der Gwangju-Campus des Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) hervorzuheben, einer Kaderschmiede, die in 2009 weltweit den 21. Platz im Bereich Ingenieurwissenschaften und IT belegte und eine der besten Universitäten Koreas im technisch-naturwissenschaftlichen Feld darstellt. 78 Handels- und 512 Berufsschulen versprechen zudem eine genügend große Zahl an gut ausgebildeten Arbeitskräften für die Produktion und den kaufmännischen Bereich.
Landwirtschaft
Der Südwesten der koreanischen Halbinsel bietet mit seinem milden Klima ideale Voraussetzungen für die Landwirtschaft. Mit 6.109 km Küstenlinie ist die Provinz Jeollanam-do außerdem nationaler Marktführer in den Bereichen Fischerei und Meereserzeugnisse. Sie hält einen Marktanteil von 85% im Bereich der in Korea als Nahrungsmittel beliebten Algen und einen Anteil von 80% im Bereich Solarsalz. In der Erzeugung ökologischer Nahrungsmittel steht die Provinz im nationalen Vergleich an erster Stelle und kann den höchsten Anteil (36%) an ökologischer Tierzucht aufweisen. In Anbetracht der Vorliebe koreanischer Verbraucher für Bio-Lebensmittel kommt diesen Faktoren eine besondere Bedeutung zu. Die Provinzregierung ist bemüht, um die Erzeugung dieser Produkte herum eine weiterverarbeitende und Zuliefererindustrie anzusiedeln. Zu diesem Zweck sollen 64 Industrieparks entstehen, von denen 50 bereits fertig gestellt sind. Gegenwärtig im Bau bzw. in der Planung befindlich sind 14 Industrieparks, von denen diejenigen auf der Insel Jindo (�Gunae�) und im Bezirk Hampyeong (�Haebo�) die größten sind. Weitere Parks sollen in der Stadt Naju und im Bezirk Hwasun südlich der Provinzhauptstadt Gwangju, außerdem entlang der Küste von Norden nach Südosten in den Bezirken Yeonggwang, Hampyeong, Yeongam, Haenam, Wando, Gangjin, Jangheung und Boseong entstehen. Neben den Industrieparks haben sich an diesen Orten Forschungseinrichtungen angesiedelt, die neben der Landwirtschaft als weitere Schwerpunkte Biotechnologie, Umweltschutz und (traditionelle) Medizin haben. Die Jeollanam-do Bioindustry Foundation vereint 7 Institute in der Stadt Naju und in den Bezirken Hwasun, Jangseong, Jangheung (2x), Wando, Gokseong, die sich mit der Weiterverarbeitung agrarischer Erzeugnisse, ihrer medizinischen Anwendung und Vermarktung befassen, aber auch als Inkubator für neue Unternehmen in diesem Bereich auftreten.
Industrieparks und Freihandelszonen
Die Schaffung von Sonderwirtschaftszonen geschieht in der Republik Korea vor dem Hintergrund des staatlich gewollten und geförderten Übergangs von einer exportabhängigen zu einer Wissensökonomie. Die koreanische Regierung strebt dabei die Entstehung von Industriekomplexen mit Netzwerkcharakter an, in denen durch die räumliche Nähe verwandter Industrien Synergie-Effekte entstehen sollen. Das Geflecht der Sonderwirtschaftszonen ist kompliziert, da es verschiedene Arten von Zonen gibt, die sich z.T. überlappen. Allen Zonen gemeinsam sind Steuerbegünstigungen für investierende Unternehmen, zu denen Subventionen verschiedener Art treten können. Geographisch sind die Zonen hauptsächlich entlang des Logistik-Dreiecks Incheon-Gwangyang-Busan organisiert, wozu noch (entlang des Küstenverlaufs von Norden nach Südosten) die Häfen Pyeongtaek, Kunsan, Mokpo, Masan, Ulsan und Pohang kommen.
Es lassen sich 4 Arten von Sonderwirtschaftszonen unterscheiden:
Gewünscht ist die Ansiedlung von wissensintensiven Branchen vor allem aus dem verarbeitenden Gewerbe, von denen Innovation und eine hohe Wertschöpfung erwartet werden. Im Bereich Dienstleistung konzentriert sich die Förderung auf die Bereiche Tourismus, Logistik sowie Forschung und Entwicklung. Jeollanam-do besitzt 1 Free Economic Zone (Gwangyang), 3 Free Trade Zones (FTZ: Daebul, Gwangyang, Yulchon) sowie einige Foreign Investment Zones in Gestalt von Industriekomplexen.
Gwangyang Free Economic Zone
Die Gwangyang FEZ existiert seit 2004 und soll im Jahr 2020 vollständig fertig gestellt sein. Sie umfasst das Gebiet des Hafens Gwangyang (deckungsgleich mit der Gwangyang Free Trade Zone) und des Industriekomplexes Yulchon I (deckungsgleich mit der Yulchon Free Trade Zone). Seit ihrer Gründung konnte die Gwangyang FEZ im Durchschnitt jährlich 1,5 Milliarden US$ an Investitionen anziehen. Für 2014 betrug die Summe 1,4 Milliarden US$ mit 33 neuen Ansiedlungen und 3.426 neugeschaffenen Arbeitsplätzen. Den Schwerpunkt der Zone bilden Stahl- und Chemie-Industrie, wobei sich mit POSCO einer der Giganten der Stahlerzeugung in der Zone angesiedelt hat. In dem angrenzenden Industriekomplex Yeosu haben sich weitere Branchengrößen wie Albemarle (Katalysten und Additive), BASF (Polyurethan- und Anilin-Produktion), GS Caltex (Erdöl-Raffinierung), LG MMA (Methacrylate), Mitsui (Polypropylen) und Nisso Namhae Agro (Pflanzenschutzmittel) niedergelassen.
Gwangyang und Yulchon Free Trade Zone
Im Unterschied zur größeren Gwangyang FEZ sind die beiden Freihandelszonen auf das Gebiet des Hafens Gwangyang bzw. des Industriekomplexes Yulchon I beschränkt. Durch Steuer- und Zollvergünstigungen sollen Investoren aus den Bereichen Verarbeitendes Gewerbe, Großhandel und Logistik angezogen werden. Im Fall der Yulchon FTZ liegt der Schwerpunkt daneben auf Maschinenbau, Stahlerzeugung, IT und Neuen Materialien. Ebenfalls auf Neue Materialien spezialisiert ist der mit Yulchon I verbundene Industriekomplex Haeryong im Bezirk Suncheon. Die angrenzenden Industriekomplexe Yulchon II und III sowie die petrochemische Industrie in Yeosu sollen für die entsprechenden Synergie-Effekte sorgen. Als Forschungseinrichtung steht das New Material Technology Industrialization Support Center zur Verfügung.
Daebul Free Trade Zone
Die Daebul FTZ ist dem Hafen Mokpo angegliedert. Auf ihrem Gebiet befinden sich die Industriekomplexe Daebul und Goheung-Sinan mit Schwerpunkt Maschinen- und Schiffbau. Die seit 2002 existierende Freihandelszone wirbt mit Steuer- und Zollvergünstigungen um internationale Investoren. Seit ihrer Fertigstellung in 2008 sind etwa 3.200 neue Arbeitsplätze entstanden (ausschließlich der Arbeitsplätze in den Industriekomplexen). Synergie-Effekte werden nicht nur von den in unmittelbarer Nachbarschaft angesiedelten Werften (Hyundai Heavy Industries, Daehan Shipbuilding) erwartet, sondern auch von der Automobil- und Zuliefererindustrie in der Umgebung von Mokpo. Besonders interessant sind hier die auf Neue Materialien spezialisierten Automobil-Zulieferer. Unterstützung bietet das Ceramic Industry Total Support Center in Mokpo. Der im Süden angrenzende Industriekomplex Samho (Schwerindustrie und IT) bietet internationalen Unternehmen bei der Ansiedlung Steuer- und Zollvergünstigungen. Hoffnungen auf Spillover-Effekte durch den in der Nähe gelegenen Formel 1-Kurs Korean International Circuit haben sich dagegen nicht erfüllt, seit der Große Preis von Korea nach 2013 wegen mangelnden Zuschauerinteresses eingestellt wurde.
Weitere Industriekomplexe
Seit der erfolgreichen Mission der Trägerrakete Naro-1 am 30.01.2023 hat das koreanische Weltraumprogramm neuen Schwung erhalten und ist zu einem nationalen Prestigeprojekt geworden. Nachfolgemodelle der Naro-1 sind bereits in Planung. Um den 2009 fertig gestellten Raketenstartplatz auf der Insel Naro (Bezirk Goheung) im Südosten der Provinz soll zu diesem Zweck eine Forschungs- und Zuliefererindustrie angesiedelt werden. Im Bezirk Goheung sind gegenwärtig mehrere Industriekomplexe für Luft- und Raumfahrt im Entstehen, für die um internationale Investoren geworben wird. Der Bezirk Goheung will in 2015 in Zusammenarbeit mit der koreanischen Regierung und der koreanischen Raumfahrtbehörde KARI 3,69 Millionen US$ in die Entwicklung dieser Gebiete investieren. Geplant sind weitere Investitionen in Höhe von 131,7 Millionen US$ in den Ausbau der Infrastruktur des koreanischen Weltraumbahnhofes. Zudem sollen Investitionen aus dem privaten Sektor in Höhe von 220,1 Millionen US$ angezogen werden.
Dem Schwerpunkt Elektromobilität ist der Industriekomplex Daema im Bezirk Yeonggwang gewidmet. Hier haben sich bislang 108 Unternehmen aus den Bereichen Automotive und Zulieferer niedergelassen (Stand März 2013). Das Korea Automotive Technology Institute (KATECH) koordiniert und fördert die Ansiedlung. Seit 2009 ist an der Ostküste der Provinz außerdem ein Offshore-Windpark im Entstehen, der bis 2023 fertig gestellt sein soll. Geplant ist eine Gesamtleistung von 5 Gigawatt, was den Windpark zu einem der größten weltweit machen würde. Bislang (Stand März 2013) wurden 17,7 Milliarden US$ an privaten Mitteln investiert. Im Südwesten der Provinz sollen außerdem Solar- und Gezeitenkraftwerke entstehen.
Die Provinz Jeollanam-do präsentiert sich als Wirtschaftsstandort mit einer interessanten Mischung aus innovativer Landwirtschaft, traditionellen Industrien (Schiffbau, Stahl, Chemie) und Hochtechnologie. Neben den zahlreichen Vergünstigungen und Subventionen in den Sonderwirtschaftszonen tun die niedrigen Grundstückspreise (im Durchschnitt 5,48 US$/&sub2;, entspricht 16,7% des Landesdurchschnitts, Stand März 2013) ein Übriges, um die Provinz zu einem attraktiven Investitionsziel zu machen.
Adressen
Dr. Alexander Toepel
Baumann Unternehmensberatung
[email protected]
www.baumann-ag.com