Asien Kurier  9/2009 vom 1. September 2009
Ostasien / Buchbesprechung

Der Preis des Erfolges

Von Daniel M�ller in Berlin

Wenn von den Gewinnern der Globalisierung die Rede ist, geht es zuvorderst nat�rlich um Asien. Allerdings muss dieser Befund insofern eingeschr�nkt werden, als es vornehmlich die Staaten Nordost- und S�dostasiens sind, welche die Potentiale einer zunehmenden weltweiten Verflechtung f�r sich zu nutzen wissen.

Zudem zeigt ein systematischer Blick auf diese beiden Regionen, dass der Globalisierungsprozess allerorten neben vielen Vorteilen auch etliche Schattenseiten besitzt. Prinzipiell halten sich auch hier die Chancen und Risiken der Globalisierung die Waage und kommt es haupts�chlich auf politische Entscheidungen zur Bearbeitung der vielf�ltigen Problemlagen an. Wie die Herausforderungen im Einzelnen aussehen und welche Strategien die Staaten zu ihrer Begegnung ergreifen, war das Thema einer Tagung deutscher Asienwissenschaftler unter dem Titel �Prek�re Macht, fragiler Wohlstand? Globalisierung und Politik in Ostasien�.

Dabei wurde der j�ngst erfolgten Bedeutungsverschiebung des Begriffes �Ostasien� Rechnung getragen, bei der die genannten Regionen zu einer analytischen Einheit zusammengefasst werden. Obwohl die Beitr�ge bereits vor Beginn der aktuellen Globalisierungskrise verfasst wurden, legen sie die jeweiligen Probleme trennscharf offen, was f�r ihren Tiefgang spricht. Das Themenspektrum wurde bewusst breit gehalten und reicht von der Regionalisierung der Automobilproduktion �ber die Auswirkungen der Bev�lkerungsentwicklung, Fragen des Umweltschutzes und der Energiesicherheit bis zur Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und dem Vorgehen gegen Terrorismus und Piraterie. Einen Schwerpunkt der Beitr�ge nimmt zwangsl�ufig China ein.

Dem chinesischen Transformationsprozess widmen sich drei �beraus erhellende Aufs�tze, von denen der erste die Grundlagen der Wachstumserfolge Chinas beleuchtet und zu dem Schluss gelangt, dass eine �nachholende Entwicklung� von einer niedrigen �konomischen Basis aus schon bei minimalen institutionellen Weichenstellungen nahezu zwangsl�ufig abl�uft. Allerdings steigen die Anforderungen an das polit-�konomische Management im Zuge des Wachstumsprozesses kontinuierlich an. Die F�higkeit des chinesischen Systems mit den absehbaren Krisen umzugehen, wird von den beiden anderen Beitr�gen kritisch gesehen. Dabei wird einerseits auf die kaum reflektierten Defizite im Bankensystem und im Wertpapiermarkt hingewiesen, die sich als entscheidende Bruchstellen erweisen k�nnten. Anderseits wird zwar konzediert, dass sich China auf wirtschaftlichem Gebiet als �lernendes System� erwiesen hat, das durch eine �konsultativ-kooperative Regulierung� zur Anpassung an gewandelte Rahmenbedingungen f�hig war. Jedoch wird bezweifelt, dass dieser Modus auch bei zwei zentralen Politikfeldern der Zukunft � der sozialen Sicherung und des Umweltschutzes � tragf�hig sein wird.

Insgesamt lassen sich die Beitr�ge dahingehend zusammenfassen, dass Ostasien f�r seine Erfolge einen hohen Preis zu zahlen hat, der prim�r in einem rasant ablaufenden sozialen Wandel besteht, der f�r alle Bewohner gravierende Konsequenzen hat. Zur Abschw�chung des Ver�nderungsdruckes pr�ferieren alle Staaten weitreichende staatliche Eingriffe und versuchen den �ffnungsprozess strikt zu kontrollieren. Allerdings wird diese reaktive Haltung k�nftig nicht mehr ausreichen. Vielmehr muss Ostasien selbst einen Beitrag zur Stabilit�t der internationalen Ordnung leisten, um weitere globalisierungsbedingte Krisenerscheinungen abzufedern. Ein solcher Beitrag setzt freilich einen weiteren Wandel voraus.

Hanns W. Maull / Martin Wagner (Hrsg.), Ostasien in der Globalisierung, Nomos Verlag, Baden-Baden 2009, 402 Seiten, 49,90 Euro, ISBN 978-3-8329-4171-0