Es ist eigentlich eine banale Erkenntnis, die jedoch oft ausgeblendet wird: Die aktuellen Ereignisse in einem Land lassen sich nur vor dem Hintergrund seiner Geschichte angemessen verstehen.
Nun bleibt es in der Regel lediglich einer Handvoll von Historikern und Landeskundlern vorbehalten, sich systematisch mit den einzelnen Ver�stelungen des Entwicklungsweges eines Landes auseinander zu setzen. Dem Durchschnittsinteressierten hingegen ist es kaum m�glich, sich durch die umfangreichen Best�nde an volumin�sen Fachpublikationen zu arbeiten. Aus diesem Grund ist eine eigene Sachbuchsparte entstanden, deren Produkte bevorzugt unter Titeln wie "Eine kleine Geschichte von XY" erscheinen.
Gemeinsam haben diese Werke, dass sie den Versuch unternehmen, eine Br�cke zwischen wissenschaftlicher Seriosit�t, didaktischem Geschick und einer attraktiven Pr�sentation zu schlagen.
Dies ist naturgem�� umso schwieriger zu erreichen, je komplexer ein Land ist, je mehr sich die einzelnen Landesteile unterscheiden, je verschiedenartiger die �u�eren Einfl�sse waren, denen es �ber die Jahrhunderte ausgesetzt war. Dies alles trifft fraglos auf den Inselstaat Indonesien zu, der auf eine �beraus pralle Historie voller Umbr�che und Wechself�lle verweisen kann. Da auf dem deutschen Buchmarkt kein allgemein verst�ndliches �berblickswerk verf�gbar war, hat sich der in Jakarta ans�ssige Journalist Armin Wertz dazu entschlossen, eine an ein breites Publikum gerichtete Einf�hrung zu verfassen.
Wie der Titel bereits anzeigt, liegt Wertz� Leitmotiv darin, den Prozess nachzuzeichnen, wie ein derart heterogenes, aus etlichen Teileinheiten bestehendes Gebilde sukzessive zu einem modernen Nationalstaat zusammengewachsen ist. Dabei beginnt der Autor seine Exkursion sehr grunds�tzlich: mit der Besiedelung der urspr�nglich mit dem asiatischen Festland verbundenen Halbinsel "Sundaland" durch den Vorl�ufer des heutigen Menschen, dem Homo erectus. Dem folgt eine Schilderung der diversen Einwandererwellen, wobei darlegt wird, wie schwierig die Abgelegenheit vieler Regionen des Archipels die Etablierung einer Zentralgewalt machte. Von entscheidender Bedeutung f�r die Entwicklung des Landes ist f�r Wertz klar der Au�enhandel gewesen.
Denn �ber den Gew�rzhandel gelangten nicht nur hinduistische, buddhistische und auch muslimische Glaubensvorstellungen nach Indonesien, die attraktiven Rohstoffvorkommen waren auch die Ursache daf�r, dass externe M�chte immer wieder versucht haben, ihren Einfluss geltend zu machen. Das Begehren nach Pfeffer, Nelken und Muskat hat auch die Europ�er auf den Plan gerufen: W�hrend der Versuch der Portugiesen, sich ein Handelsmonopol zu sichern, nur eine Episode blieb, pr�gte die holl�ndische Kolonialherrschaft das Land �ber insgesamt dreieinhalb Jahrhunderte nachhaltig. Dabei wurde die gemeinsame Erfahrung der kolonialen Ausbeutung zum N�hrboden f�r die Ausbildung eines Nationalismus, der schlie�lich in einen Befreiungskampf m�ndete.
Aber auch nach der Unabh�ngigkeit blieben Konflikte zwischen den Landesteilen an der Tagesordnung. Erst �ber einen langen Zeitraum und unter gro�en Schmerzen ist es gelungen, die Vorstellung einer nationalen Einheit im Alltagsleben zu verfestigen. Allerdings - so die Quintessenz des Buches - handelt es sich hierbei um eine permanente Aufgabe, die den handelnden Akteuren eine gro�e Umsicht abverlangt.
Armin Wertz, Sie sind viele, sie sind eins. Eine Einf�hrung in die Geschichte Indonesiens, Glar� Verlag, Frankfurt am Main 2009, 384 Seiten, 29,80 Euro, ISBN 978-3-930761-70-8