Asien Kurier  11/2009 vom 1. November 2009
Buchbesprechung / Thailand

Thail�ndische Spezialit�ten

Von Daniel M�ller in Berlin

Oft sind es die kleinen und unscheinbaren Dinge des Lebens, die viel �ber den Charakter eines Landes aussagen. Allerdings sind die Nuancen einer Alltagskultur in der Regel umso schwieriger zu erkennen, je fremdartiger und exotischer die Szenerie auf den Betrachter wirkt. Das kann schnell dazu f�hren, dass der ausw�rtige Besucher kaum zu sagen vermag, was denn nun das Besondere und Einzigartige des besuchten Landes eigentlich ausmacht.

Dies d�rfte eine Erfahrung sein, die speziell viele Thailandreisende gemacht haben. Denn auf den ersten Blick gibt es dort nur wenige Dinge, die einen so pr�gnanten Eindruck hinterlassen, dass sie als typisch thail�ndisch im Ged�chtnis haften bleiben w�rden. Die Schwierigkeit, etwas spezifisch Thail�ndisches zu identifizieren, k�nnte dabei zu der Annahme verleiten, dass es dergleichen nicht gibt. Aber nichts weniger als das. Allein die Tatsache, dass Thailand dem Schicksal der Kolonisation entgehen konnte, spricht vielmehr daf�r, dass die Thais - im Unterschied zu anderen asiatischen V�lkern - viele ihrer Eigenheiten bewahren konnten.

Und in der Tat: Schon beim ersten Durchbl�ttern des opulent bebilderten Bandes von Philip Cornwel-Smith und John Goss fallen etliche Dinge auf, die es so nur in Thailand und nirgendwo sonst gibt. So die allgegenw�rtigen Geisterh�uschen, die Imbissst�nde, an denen Insekten aller Art feilgeboten werden oder die mit ausgefallenen Details dekorierten Schiebetore, mit denen Privatgrundst�cke wie �ffentliche Einrichtungen von der Au�enwelt abgetrennt werden. Aber noch interessanter als diese �u�erlichkeiten sind die kleinen Launen und Marotten der Thais wie ihr Faible f�r dubiose Energydrinks, das permanente Inhalieren von Kr�utersubstanzen oder der chronische Hang, einen Hellseher aufzusuchen. Auch ist es aufschlussreich zu erfahren, dass die Zahl neun im digitalen Zeitalter immer noch als magisch gilt und deshalb Banknoten, die auf diese Ziffer enden besonders begehrt sind.

Nun belassen es die Autoren nicht dabei, die mehr oder weniger skurrilen Eigent�mlichkeiten f�r den Leser zu dokumentieren, sondern sie liefern zu jedem Aspekt auf solidem Hintergrundwissen basierende Erkl�rungen. Grunds�tzlich thail�ndisch ist f�r sie dabei die F�higkeit, v�llig vorbehaltlos fremde Einfl�sse aufzunehmen und sie mit traditionellen Elementen anzureichern. �u�erlichkeiten sind dabei �beraus wichtig - sie dienen aber stets der Verwirklichung anderer Ziele. Zu einem typisch thail�ndischen Gegenstand wird etwas jedenfalls dann, wenn es Heiterkeit und Spa�, kurz: "Sanug" verk�rpert. Exemplarisch l�sst sich diese "Thailandisierung" etwa an der mittlerweile zu einer Art Nationalsymbol gewordenen dreir�drigen Motorrikscha Tuk-tuk beobachten: Urspr�nglich aus Kostengr�nden aus Japan eingef�hrt und an sich mit einem wenig attraktiven Design ausgestattet, ist es den Thais durch die Anbringung von bunten L�mpchen, Fahnen und allerlei Devotionalien sowie einem Anstrich in den gewagtesten Farbkombinationen gelungen, dem Gef�hrt ein typisch thail�ndisches Aussehen zu verpassen.

Summa summarum haben Cornwel-Smith und Goss nichts weniger als einen veritablen Mentalit�tsf�hrer vorgelegt, der einen am�santen und erhellenden Einblick in das Leben der Thais erm�glicht.

Philip Cornwel-Smith / John Goss, Typisch Thai - Alltagskultur in Thailand, Edition Temmen, Bremen 2010, 256 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-8378-3000-2