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Medizintechnik wird in Singapur weiterhin sehr gefragt sein. Zum einen soll in den kommenden zehn Jahren die Bevölkerung um rund 500.000 Menschen wachsen, zum anderen nimmt der Anteil der älteren Einwohner stark zu.
Die Regierung baut daher das Gesundheitswesen aus. Das erreichte Qualitätsniveau der Versorgung ist, bedingt durch die Betreuung zahlreicher ausländischer Patienten, bereits hoch. Als aussichtsreiche Segmente gelten besonders moderne Krankenhausausstattungen sowie IT-Anwendungen im Bereich Medizintechnik.
Marktentwicklung/-bedarf
Die Marktforscher von Espicom beziffern Singapurs Markt für medizinische Ausrüstungen und Zubehör im Jahr 2009 auf rund 216 Millionen US$. Bis 2013 soll das Marktvolumen jährlich um 13 Prozent wachsen. Die Grundlagen hierfür sind die Alterung der Bevölkerung und die positive Entwicklung der Gesamtwirtschaft.
Die öffentliche Hand als wichtiger Abnehmer von Medizintechnik ist zu umfangreichen Beschaffungen bereit. In den nächsten zehn Jahren will die Regierung etwa 2 Milliarden Singapur-Dollar (S$, 980 Mio. Euro, 1 Euro = 2,04 S$, 3-Monatsmittel) in die Infrastruktur des Gesundheitswesens investieren.
Die medizinische Versorgungsqualität in Singapur bezeichnen internationale Organisationen als "Benchmark" in Asien. Die Kliniken und Krankenhäuser bieten hochwertige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die auch ausländische Patienten anziehen. Die im regionalen Vergleich höheren Entgelte rechtfertigen die privaten Einrichtungen durch ihre laufend modernisierten und ergänzten Ausstattungen. Rund 348.000 Medizintouristen kamen gemäß den zuletzt verfügbaren Angaben 2007 ins Land und gaben circa 1,7 Milliarden S$ aus. Bis 2012 soll laut Gesundheitsministerium die Grenze von 1 Millionen ausländischen Patienten überschritten werden. Fachleute halten das mit Blick auf die Konkurrenz etwa aus Thailand, Malaysia, und Indien für ambitioniert.
Gute Geschäftsmöglichkeiten ergeben sich mittelfristig für Anbieter von Krankenhausausstattungen. Das Investitionsprogramm des Gesundheitsministeriums enthält zahlreiche Projekte. So wird 2010 ein neues Pathologiezentrum eröffnet, das ungefähr 250 Millionen S$ kosten soll. Ebenfalls 2010 soll das im Bau befindliche neue Khoo Teck Puat Hospital mit 557 Betten fertiggestellt werden. Das Gesundheitsministerium plant weiterhin ein neues allgemeines Krankenhaus im Westteil der Stadt. Es soll über 500 bis 600 Betten verfügen und noch vor 2015 seine Tore öffnen. Außerdem sind der Ausbau und die Modernisierung des Nationalen Herzzentrums sowie des Zentrums für übertragbare Krankheiten (inklusive des nationalen Gesundheitslabors) geplant.
Singapur verfügte 2008 über 29 Krankenhäuser mit 11.457 Betten und 18 Polikliniken. Von der Bettenanzahl entfallen 73 Prozent auf 14 staatliche Krankenhäuser und der Rest auf 15 private Hospitäler. Die größten Versorger sind die öffentlichen Unternehmen SingHealth und die National Health Group. Die internationale Gruppe Parkway sowie die Gesellschaft Raffles Hospital sind wichtige private Betreiber.
Das singapurische Gesundheitssystem gilt als sehr effizient. Etwa 1,6 Ärzte versorgten 2007 rechnerisch jeweils 1.000 Einwohner. Diese Quote gilt international als niedrig, dennoch werden Patienten umfassend und ohne lange Wartezeiten behandelt. Die Zahl der zugelassenen Ärzte kletterte von 1998 bis 2008 von 5.148 auf 7.841, die der Zahnärzte von 914 auf 1.414 und die der Krankenschwestern von 11.491 auf 17.881.
Singapur setzt auf die Einwanderung von ausländischen Fachkräften mit ihren Familien. Die Einwohnerzahl soll gemäß staatlichen Plänen in den nächsten zehn Jahren von 5,0 auf 5,5 Millionen wachsen. Bevölkerungsexperten erwarten, dass der Anteil der über 65-jährigen bis zum Jahr 2050 auf etwa 20 Prozent (2008: circa 9%) ansteigen wird. Die Ausgaben für die Pflege der Senioren und für Ausrüstungen zur Behandlung alterstypischer Krankheiten werden somit langfristig stark zunehmen.
Das Gesundheitsministerium will der zu erwartenden Steigerung der Ausgaben für Gesundheit zum Beispiel durch den elektronischen Austausch von Patientendaten und weitere IT-Anwendungen in der Medizintechnik entgegensteuern. Die Gesundheitsausgaben lagen nach Angaben der Vereinten Nationen im Jahr 2007 bei 1.118 US$ je Einwohner (Deutschland: 3.171 US$). Fachleute erwarten, dass sich ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt bis zum Jahr 2030 auf 8 Prozent verdoppeln wird. Der Markt für Medizintechnik und die Chancen deutscher Anbieter dürften in ähnlichem Tempo wachsen.
Produktion/Branchenstruktur
Die singapurischen Wirtschaftsplaner fassen die Branchen Medizintechnik und Pharmaindustrie zum Sektor Biomedizin zusammen. Der Staat fördert diesen seit 1999 schwerpunktmäßig. Der Economic Development Board (EDB) und andere öffentliche Stellen unterstützen Investitionen, werben intensiv um Firmenniederlassungen und beschleunigen die Ausbildung von Fachkräften. Dadurch soll das Produktionsvolumen von Medizintechnik von 3,0 Milliarden S$ (Angabe für 2008) auf circa 5 Milliarden S$ im Jahr 2015 angehoben werden. Der Ausstoß der exportorientierten Branche sinkt allerdings seit Mitte 2008 und fiel in der 1. Jahreshälfte 2009 um rund 6 Prozent.
Das Spektrum der Fertigungen umfasst unter anderem Kontaktlinsen, Implantate, Instrumente und medizinische Verbrauchsartikel. Der Anteil Singapurs an der weltweiten Erzeugung von Kontaktlinsen beträgt rund 10 Prozent. Der Großteil der Waren wird exportiert, vor allem in die USA und europäische Staaten. Der Löwenstadtstaat exportierte 2008 Medizintechnik Waren für knapp 2,5 Milliarden US$, was einem Plus von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach.
Etwa 60 Medizintechnikunternehmen sind vor Ort vertreten, einige mit Vertriebs-, Service- und Entwicklungsfunktionen und etwa 25 von ihnen mit Produktionsstätten. Die meisten gehören zu multinationalen Konzernen wie Applied Biosystems (Produkte: Messinstrumente, Muttergesellschaft aus den USA), Affymetrix (Geräte für die Genanalyse, USA), Baxter (drei Fabriken, unter anderem für elektronische Infusionspumpen, USA), Bio-Rad (Instrumente, USA) Biosensors (Kathetersysteme, Singapur), Ciba Vision (Kontaktlinsen, Schweiz), Clearlab (Kontaktlinsen, USA), Edwards Lifesciences (Herzklappen, USA), Japan Medical Supply (Transfusions-, und Dialysesysteme, Japan), MDS Sciex (Geräte zur Zellanalyse und Massenspektrometer, Kanada) und Siemens Medical Instruments (Hörgeräte, Deutschland).
Die Betriebe beschäftigten 2008 ungefähr 8.300 Mitarbeiter. In den nächsten fünf bis acht Jahren werden sie laut EDB etwa 4.000 neue Ingenieure, Wissenschaftler und Techniker einstellen. Die Wirtschaftsförderstelle möchte den Stadtstaat zu einer "ersten Adresse" für Originalausrüstungshersteller von Medizintechnik ausbauen. Unter anderem investiert der Konzern Medtronic 80 Millionen S$ in eine Fertigung von Herzschrittmachern, die 2011 den Betrieb aufnehmen soll.
In- und ausländischen Investoren aus dem Pharmasektor und der Medizintechnikbranche steht ein eigener Technologiepark, der "Tuas Biomedical Park", zur Verfügung. Ausländischen Firmen, die sich in der Forschung und Entwicklung engagieren wollen, bietet sich das stark nachgefragte Biotechnologieforschungszentrum "Biopolis" an. Dessen dritte Ausbaustufe soll Ende 2009 bezugsfertig sein.
Außenhandel
Auf das Außenhandelsvolumen entfallen zu über 50 Prozent Reexporte. Die Einfuhren erreichten 2008 einen Wert von 1,7 Milliarden US$ (+1% gegenüber dem Vorjahr). Wichtigster Lieferant sind die USA mit einem Anteil von 28 Prozent, Deutschland mit 12 Prozent (im Bereich der Elektromedizin 17%) und Japan mit 11 Prozent der Medizintechnikimporte.
Mit Wirkung zum 1.10.2023 wird der Vertrieb von nicht registrierter Medizintechnik durch nicht lizenzierte Betriebe in der Klasse A (niedrigste Risikostufe) verboten. Zuvor wurden bereits die höheren Risikoklassen B bis D entsprechend reguliert. Die Health Sciences Authority (HSA) nimmt Lizensierungsanträge der Anbieter von medizinischen Ausrüstungen und Anträge auf Registrierung von "medical devices" an. Eine Definition dieser Produktgruppe und notwendige Informationen über das Zulassungsverfahren befinden sich auf der Webseite www.hsa.gov.sg
Aufgrund der hohen Ansprüche an die medizinische Versorgung ist den Abnehmern von Medizintechnik die Qualität oft wichtiger als die Kosten. Öffentliche Stellen schreiben Waren im Wert von über 10.000 S$ über das Internetportal Gebiz ( www.gebiz.gov.sg) aus. Die öffentlichen Einrichtungen holen für Artikel, die weniger als 10.000 S$ kosten, meist vier Angebote ein. Private und staatliche Krankenhäuser verfügen über eigene Beschaffungsstellen (Material Management Departments), die entsprechende Anforderungen formulieren.
Im südostasiatischen Raum gilt die "Medical Fair Asia" als wichtigste Fachmesse für Medizintechnik (www.medicalfair-asia.com). Sie findet alle zwei Jahre in Singapur statt (nächste Ausgabe 15. bis 17.9.2010, Ausrichter Messe Düsseldorf). Es ist wieder ein deutscher Gemeinschaftsstand vorgesehen.