Asien Kurier  9/2009 vom 1. September 2009
Vereinigte Arabische Emirate

Trotz Finanzturbulenzen stabil

Von Fausi Najjar, Germany Trade & Invest in K�ln

Faule Kredite plagen die arabischen Golfstaaten. Zentrum der auch hausgemachten Finanzkrise ist Dubai. Mit dem Platzen der Immobilienblase geraten Anleger in Zahlungsschwierigkeiten. Banken, vor allem in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), m�ssen mit milliardenhohen Abschreibungen rechnen, und die Krise ist auf andere Golfstaaten �bergeschwappt.

Journalisten vergleichen gerne die globale Wirtschaftskrise von heute mit der Gro�en Depression von 1929. Die �lmonarchien am arabischen Golf hingegen hatten erst in den 80er Jahren mit einer wom�glich existenzbedrohenden Rezession zu k�mpfen. Der �lpreis fiel von 1980 bis 1986 von 40 auf 25 US$ pro Barrel und erreichte 1986 den Tiefststand von rund 10 US$. W�hrend des Beinahe-Kollapses strichen die �lstaaten panikartig den Haushalt zusammen; Familienkonglomerate gingen Pleite.

Die Staaten des Golf-Kooperationsrates (GCC) h�tten es w�hrend der �lpreisexplosion in den 70er Jahren vers�umt, R�cklagen zu bilden, so Steffen Hertog von der Sciences Po in Paris. Damals stiegen die Ausgaben der �lstaaten nahezu proportional mit den verdienten Petrodollars, so der Wissenschaftler in seiner Vergleichsstudie. Im Unterschied hierzu - sind sich die meisten Experten einig - k�nnen die arabischen Golfstaaten heute den gefallenen �lpreis weitaus besser verkraften.

W�hrend der �lpreishausse der letzten Jahre haben die L�nder ihre Verschuldung zur�ckgefahren und - trotz Verluste bei den arabischen Staatsfonds - hohe R�cklagen im In- und Ausland gebildet. Daraus ergibt sich die M�glichkeit, der Wirtschaftskrise mit antizyklischem Handeln zu begegnen, aber auch einer angeschlagenen Gesch�ftswelt mit Geldern beizuspringen.

Die hohe Finanzkraft der Golfl�nder �u�ert sich unter anderem bei den Gro�projekten etwa in der Infrastruktur oder Energieversorgung. Auftraggeber sind �berwiegend der Staat oder von staatlichen Unternehmen. Laut Wirtschaftszeitschrift MEED sind zwar Projekte im Wert von 510 Milliarden US$ gestrichen oder verschoben worden, trotzdem ist der Gesamtwert laufender Gro�projekte in der Region gegen�ber dem Vorjahr um 6,5 Prozent gestiegen. In Saudi-Arabien waren es mit einem Gesamtvolumen an laufenden Projekten von 494 Milliarden US$ sogar 20,6 Prozent mehr.

Verschont sind die GCC-L�nder von der Finanzkrise und dem weltweiten Abschwung trotzdem nicht. Zum einen m�ssen einige arabische Golfstaaten in diesem Jahr wegen des gefallenen �lpreises und einer Drosselung ihrer F�rderquote Budgetdefizite hinnehmen. Zumal die arabischen Golfl�nder bis auf Kuwait ihre Haushaltsausgaben erh�ht haben. Zum anderen wird der Privatsektor von Liquidit�ts- und Solvenzproblemen heimgesucht; und hier insbesondere Unternehmen und Anleger, die sich im Immobiliensektor von Dubai engagiert oder auch weltweit spekuliert haben.

Angesicht der gegenw�rtigen Turbulenzen ist deswegen zu bezweifeln, ob der Privatsektor mittlerweile so viel unabh�ngiger vom Staat ist als in den 70er und 80er Jahren, wie nicht alleine Hertog in seiner Studie behauptet. Spannungen auf dem Finanzmarkt gab es schon bevor die Finanzkrise aus den USA auf die Region �berschwappte. Viel spekulatives Kapital floss 2008 in die Region als auf die Abkoppelung einiger GCC-W�hrungen vom US-Dollar gewettet wurde, berichtet der Kreditversicherer Coface. Die Gelder wurden als leichte Kredite f�r Immobilienprojekte weitergereicht. Als dann in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten die erhoffte Losl�sung vom US-Dollar nicht erfolgte, und die US-W�hrung zudem aufwertete, zog ausl�ndisches Kapital ab.

Erst recht im Zuge der Subprime-Krise war Ende 2008 eine Kapitalflucht zu verzeichnen. Auslandskapital kehrte wegen anderweitiger Verbindlichkeiten der Region den R�cken. Mit der Folge, dass die regionalen B�rsen abgest�rzt sind. Diese verloren in den letzten 12 Monaten mehr als 40 Prozent ihres Wertes. Laut MEED liegt die totale Marktkapitalisation heute bei rund 655 Milliarden US$. Das sind 500 Milliarden weniger als vor einem Jahr.

Schlie�lich platzte die Immobilienblase in Dubai. Leichtsinnig haben die Banken Kredite vergeben. Mit fallenden H�userpreisen k�nnen mittlerweile viele K�ufer - �hnlich wie in den USA - ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Ein wichtiger Grund, warum sich die Immobilien-, Bau-, Bankenbranche und der Einzelhandel mittlerweile im Abw�rtsstrudel befinden und das Konsumentenvertrauen in Dubai einbricht. Dieser Negativtrend setzte im November und Dezember 2008 ein. Wobei das Bankhaus Global Investment House in diesem Zusammenhang feststellt, dass die Investitionsprogramme der Regierung den Abschwung mildern, aber nicht die R�ckg�nge bei Handel, Besch�ftigung und Konsum werden ausgleichen k�nnen.

Die Entwicklung in dem Emirat Dubai hat regionale Auswirkungen, wie j�ngst die Zahlungsschwierigkeiten zweier alteingesessener Familienunternehmen, Saad und Al Ghoseibi, in Saudi-Arabien zeigen. Wegen seiner Spekulationsverluste steht die Al Ghoseibi Gruppe bei Banken in Saudi-Arabien und den Emiraten in der Kreide. Zudem sperrte die saudische Zentralbank Ende Mai die Bankkonten der Saad-Gruppe und im Juni sind die VAE-Banken dazu aufgefordert worden, dem mehr als 30 Milliarden US$ schweren Unternehmen und deren Chef Maan al Sanea keine Kredite zu gew�hren. Schlie�lich hat der Gouverneur der VAE-Zentralbank Sultan Al Suwaidi die Geldh�user in den Emiraten dazu aufgefordert, wegen der Verluste der beiden Unternehmen R�ckstellungen zu bilden.

Das Magazin Zawya kommt zu dem Schluss, dass durch die Finanzturbulenzen von Al Ghobeisi und Saad einige Banken am arabischen Golf mit Ausf�llen von bis zu 20 Prozent ihrer Einlagen zu rechnen h�tten, wobei die HSBC sch�tzt, dass die Saad- und Al-Ghoseibi-Konglomerate mit weltweit mit 15,7 Milliarden Dollar in der Kreide stehen. Schlie�lich schrieb die Ratingagentur Standard & Poor`s in einer Studie, dass die aus dem Absturz der beiden H�user erwachsenden Verbindlichkeiten schwierig, aber beherrschbar seien.

Das eigentliche Problem seien allerdings die bilateralen Darlehen von Saad und Al Ghoseibi, die weder bekannt noch praktisch zu ermitteln seien, schreibt der Golf-Korrespondent Michael Backfisch im Handelsblatt. Hinzu k�me, dass 90 Prozent aller Unternehmen in Nahost wenig transparente Familienkonzerne seien. Es sei daher nicht �berschaubar, wie weit weitere Unternehmen von Zahlungsschwierigkeiten betroffen seien.

Das tr�gt sicherlich nicht zur Vertrauensbildung bei. Andrerseits glauben Beobachter nicht, dass die Pleiten der beiden H�ndlerdynastien alleine auf den wirtschaftlichen Abschwung zur�ckzuf�hren sind. Das eigentlich verwunderliche, so Wirtschaftskreise, seien weniger die Zahlungsschwierigkeiten der H�user Al Ghoseibi und Saad, sondern vielmehr die Tatsache, dass kein Akteur aus dem saudischen K�nigshaus diese vor der finanziellen Malaise gerettet habe.

Beobachter erwarten jedenfalls, dass die Arabischen Emirate die Geldinstitute wegen der Ausf�lle durch Al Ghoseibi und Saad nicht fallen lassen werde. Das w�re nicht un�blich am arabischen Golf: So hat Kuwait seine verzweifelten Anleger gro�z�gig mit Aktienk�ufen unterst�tzt und die katarische Zentralbank die dort ans�ssigen Banken mit 14 Milliarden US$ von faulen Immobilienkrediten befreit.

In Saudi-Arabien seien �brigens Rettungsma�nahmen schon in der Diskussion und das Handelsblatt berichtet weiter, dass das krisengesch�ttelte Dubai unterdessen eine zweite Tranche eines insgesamt 20 Milliarden US$ schweren Bonds angek�ndigt habe; diese soll vor allem den lokalen und internationalen Banken zugute kommen.