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Das Fernsehen und die digitale Medien in Vietnam steigern stetig ihre Reichweiten. Zudem gibt es immer mehr Werbetreibende. Die Industrie steht allerdings vor Herausforderungen. So entsprechen die meisten lokalen Produktionsfirmen nicht den hohen internationalen Standards und verschiedene Behörden verlangen zahlreiche Genehmigungen.
Die vietnamesische Werbeindustrie brummt. Die ganz stürmischen Zeiten mit Wachstumsraten von über 20 Prozent sind inzwischen zwar vorbei, aber steigende Werbeausgaben von 10 bis 15 Prozent jährlich ermöglichen den Werbeagenturen und Medien immer noch gute Einnahmenzuwächse. Wobei die Kunden in der allgemein zyklischen Branche 2012 bei sich abschwächenden Geschäftsaussichten erstmals ihre Marketingbudgets insgesamt kürzten.
Im Trend werde die traditionelle Werbung im Fernsehen, auf Plakaten und in Zeitungen aber weiter zunehmen. Für die Onlinewerbung und neue Formate erwartet der Direktor der Werbeagentur Ogilvy and Mather in Vietnam, Alex Clegg, sogar überdurchschnittliches Wachstum. Ab 2015 dürften die Ausgaben für Anzeigen und andere Maßnahmen in den Onlinemedien die für klassische Werbung (Zeitschriften, Außenwerbung und Zeitungen) sogar Stück für Stück überholen.
Etwa 30 internationale Werbeagenturen haben sich in Vietnam niedergelassen. Dazu zählen die vier großen global agierenden Gruppen Interpublic Group, Omnicom Group, Publicis Groupe und WPP. Die ausländischen Akteure übernehmen fast alle kreativen Arbeiten. Für die circa 5.000 heimischen Agenturen bleiben oft nur die ausführenden Tätigkeiten oder die Kunden mit sehr kleinen Budgets übrig.
Das Fernsehen als der dominante Werbeträger ist maßgeblich für den Auftrieb bei den Umsätzen und Preisen verantwortlich. Etwa drei Viertel der gesamten Werbung werden noch im Fernsehen geschaltet. Schließlich steht in fast jedem Haushalt ein Gerät, das ständig eingeschaltet ist. Ein idealer Träger von Werbebotschaften für die Massen sind die beliebten Fernsehshows, die die Hauptkanäle des staatlichen Senders Vietnam Television in den Abendstunden ausstrahlen. Die Preise für Werbespots steigen dort monatlich, liegen aber noch unter dem südostasiatischen Durchschnitt. Mit der zunehmenden Verbreitung von digitalem Fernsehen und Pay-TV können die Zuschauer künftig mit einer größeren Vielfalt an Sendern noch gezielter erreicht werden.
Die jungen Erwachsenen schauen derweil lieber auf ihre Smartphones. Sie sind ständig online in sozialen Netzwerken unterwegs oder sehen sich Videos an. Rund 20 Millionen Vietnamesen nutzen Facebook mit stark steigender Tendenz. "Wir verfolgen die vielfältigen Diskussionen auf den sozialen Plattformen und können daraus auf Kundenwunsch kreative Ideen und Maßnahmen entwickeln", erläutert Hoang Thi Mai Huong, Geschäftsführerin von Saatchi & Saatchi in Vietnam. Als Beispiele nennt sie kurzfristig erstellte Videos, mit denen eine Marke eine lebendige Diskussion auf sozialen Plattformen bereichern kann.
Als vielversprechende Werbebereiche bezeichnet Gaku Shinoda, Geschäftsführer der japanischen Werbeagentur Dentsu, ebenfalls die Entwicklung von Youtube-Videos, Apps und Aktivitäten in sozialen Medien. Dentsu setzt außerdem auf das Sportmarketing und produziert ganze Fernsehsendungen.
Die meiste Werbung geben ausländische Unternehmen in Auftrag. Etwa 70 Prozent der gesamten Nachfrage stammen aus ihren Budgets, schätzt die Vietnam Advertising Association. Größter Werbetreibender sei der Konsumgüterkonzern Unilever, berichtet die Marktforschungsfirma Kantarmedia. Mit Abstand sollen Procter & Gamble sowie Nestlé folgen.
"Die meisten vietnamesischen Firmen wollen mit Werbung lediglich ihre Verkäufe erhöhen und haben die langfristige Markenbildung noch nicht zum Ziel", meint Gaku Shinoda von Dentsu, die bereits 1996 ihr Büro in Vietnam eröffnete. Als aktive lokale Werbetreibende mit den größten Budgets nennt er die Konsumgüterhersteller Vinamilk, TH Milk, THP Group und Masan Group.
Die sich ausdehnende Werbeindustrie steht auch vor Herausforderungen. Verschiedene Behörden verlangen für die Produktion einer Werbekampagne oder die Organisation eines Events zahlreiche Genehmigungen. Hier benötigt eine Agentur gute persönliche Kontakte und lokale Erfahrungen. Außerdem ist qualifiziertes Personal mit Berufserfahrung in der jungen Branche kaum zu finden. Viele professionelle Mitarbeiter der internationalen Agenturen kommen daher noch oft aus dem Ausland.
Auch die meisten Produktionsfirmen entsprächen nicht den hohen internationalen Standards, berichten erfahrene Agenturen. Mitte der 1990er-Jahre habe es in Vietnam schließlich gar keine Produktionsfirmen und -ausrüstungen gegeben. Die Endbearbeitung eines anspruchsvollen Films erfolge daher unter Umständen immer noch in Bangkok oder in Europa. Die Fähigkeiten der Filmindustrie, Studios, Schauspieler und Designer würden immer besser. Ein Beispiel sei die 1995 gegründete Firma Crea TV, die für internationale Auftraggeber arbeitet.
Auf der anderen Seite bietet sich der Standort für das Outsourcing von bestimmten technischen Arbeiten an. Vietnamesische Grafikdesigner und Programmierer können Animationen, Computergrafiken oder Apps wegen der niedrigen Gehälter deutlich günstiger erstellen als europäische.
Vorsicht bleibt geboten, wenn Kunden eine internationale Kampagne einfach nach Vietnam übertragen wollen. Die Kultur ist speziell und äußerst vielfältig. Während ein Event für einen Produktlaunch in Ho-Chi-Minh City noch erfolgreich funktioniert, kommt er eventuell bei den konservativeren Einwohnern Hanois nicht gut an. Alex Clegg ergänzt, dass die Verbraucher ironische Untertöne grundsätzlich nicht verstehen und nicht hören wollen. Die Aussage einer Kampagne sollte direkter und einfacher als in Europa formuliert werden. Die Vietnamesen sind außerdem sehr familienorientiert und wundern sich, wenn Personen allein auftreten. Die Gemeinschaft wirkt in der Regel überzeugender. Authentizität hilft ebenfalls. Schließlich recherchieren Kaufinteressierte sehr intensiv im Freundeskreis und Internet, bevor sie größere Anschaffungen tätigen.
Die Arbeit erleichtert, dass in dem jungen Stadium des Werbemarktes die Konsumenten gegenüber Reklame noch offen sind und Werbeaussagen noch vertrauen. Der Hunger nach Innovationen und Neuem erleichtert zudem den Launch von Waren und Dienstleistungen. Wer zuerst kommt, kann mit einer guten Marketingstrategie noch den stärksten Markennamen in einer Branche aufbauen. Um spätere Nachahmerprodukte abzuschrecken, gilt es, von Anfang an deutliche Zeichen zu setzen.