Erfolgreiches Wirtschaften basiert auf vielen Voraussetzungen. Kompetente Mitarbeiter müssen attraktive, vom Kunden gewünschte Produkte herstellen und optimal vermarkten. Hinzukommen müssen aber auch akzeptable Transport- und Logistikbedingungen, da sie einen direkten Einfluss auf die Höhe der Fertigungskosten haben. Wollen Länder und Regionen ökonomisch vorankommen, müssen sie mithin auch einen Ausbau der Infrastruktur vornehmen. Dies gilt aktuell im besonderen Maße für die Staaten der AESAN-Region, die einerseits den Austausch untereinander aber auch mit der VR China forcieren wollen.
Eine Studie der Berater von Roland Berger zeigt auf, auf welchen Handelsrouten bis zum Jahr 2030 der höchste Aktivitätszuwachs erwartet wird. Hier deuten sich erhebliche Verschiebungen an: Zwar werden unter den Top 10 weiterhin altbekannte Routen wie die zwischen den USA und Europa oder zwischen Europa und China sein ? es sollen aber diverse neue regionale Austausch- und Transportcluster entstehen. So soll etwa der Handel zwischen China und Japan, Korea und Indien noch weiter zunehmen. Eine Intensivierung wird auch für den Warenverkehr zwischen der Volksrepublik mit den ASEAN-Ländern vorhergesagt. Im Einzelnen soll das bilaterale Warenvolumen zu diesem Zeitpunkt mit Singapur 180 Milliarden US$, mit Indonesien 170 Milliarden US$, mit Malaysia 160 Milliarden US$ und mit Thailand 140 Milliarden US$ betragen. Addiert man die Werte dieser vier Länder würden immerhin knapp drei Viertel der Austauschmenge zwischen China und den genannten anderen drei asiatischen Schwergewichten erreicht werden.
Parallel zum erhöhten Austausch mit China soll auch der Intra-ASEAN-Handel erheblich ansteigen und damit den Druck auf die bestehenden Verkehrswege erhöhen. Primärer Treiber für die Dynamik in Südostasien soll vor allem die sich weiter vertiefende regionale Arbeitsteilung sein, die jedoch einen noch reibungsloseren Transport von Vorkomponenten und Zwischengütern voraussetzt. Derzeit liegt der Anteil des Handels, den die ASEAN-Staaten untereinander abwickeln, noch bei relativ geringen 24%. In den nächsten zehn Jahren soll die regionale Verflechtung aber deutlich zunehmen. Dazukommen soll auch ein rasant wachsender E-Commerce-Verkehr ? im Geschäftskunden- als auch im Privatkundensegment. Letzteres profitiert speziell von steigenden Haushaltseinkommen und in deren Folge von steigenden Ansprüchen an den Lebensstandard. Angesichts der besonderen geografischen Bedingungen der Region und der vielfach noch defizitären Qualität der Infrastruktur werden auf jeden Fall massive Investitionen erfolgen müssen. Die Notwendigkeit hierzu haben die ASEAN-Staaten schon seit längerem erkannt; und sie haben auch Bemühungen gestartet, um die logistische Herausforderung zu meistern. So hat im Mai 2014 eine Konferenz der ASEAN Logistics and Transport Services Sectoral Working Group stattgefunden, bei der folgende Kernthemen auf der Agenda standen: Erweiterung der Logistikkapazitäten, Regulierungen bei den Grenzvereinbarungen und verstärkte Investments in die Hard- und Soft-Infrastruktur inkl. der Bereitstellung von effektiven ICT-Systemen (information and communication technology).
Zu den strategischen Projekten gehört auch ein regionaler Ansatz zur Verknüpfung der Wertschöpfungsketten. Unter den einzelnen ASEAN-Ländern ist derzeit Indonesien besonders aktiv, dessen Logistiksektor seit 2007 um jährlich 12,5% gewachsen ist. Zum Wachstum des Logistiksektors und der Investitionen in die Infrastruktur sollen auch inner-asiatische Umsiedlungen international agierender Großkonzerne beitragen. Hierin liegt für Südostasien eine große Chance. Allerdings zeigt sich, dass Unternehmen wie Foxconn aus China erst dann an neue Standorte gehen, wenn sie dort eine für ihre spezifischen Aktivitäten akzeptable Infrastruktur vorfinden. So hat Foxconn seine Pläne zur Errichtung neuer Fabriken in Indonesien immer wieder verschoben.
Eine starke maritime Komponente
Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der maritime Transport in der ASEAN-Region eine zentrale Rolle spielt. Folglich kommt es beim Infrastrukturausbau auch ganz entscheidend auf das Vorhandensein moderner Hafenanlagen an. Die größten Häfen der Region sind Singapur (mit 29,9 Mio. TEU, twenty foot equivalent), Klang (9,5 Mio. TEU, Malaysia), Tanjung Pelepas (7,5 Mio. TEU, Malaysia), Tanjung Priok, Jakarta (5,7 Mio. TEU, Indonesien), Laem Chabang (5,7 Mio. TEU, Thailand), Manila (3,5 Mio. TEU, Philippinen) und Ho-Chi-Minh City (3 Mio. TEU, Vietnam).
Singapur und Malaysia haben ihre dominierende Marktposition in der (maritimen) Logistik jüngst noch dadurch gestärkt, dass ihre Häfen nun auch größeren Cargo abwickeln dürfen. Singapur ist durch 200 Schiffslinien mit 600 Häfen in 123 Ländern verbunden. Täglich fahren Schiffe aus den anderen großen Welthäfen ein. Die Weltbank hat in einer Studie die Qualität der Hafeninfrastruktur in ausgewählten ASEAN-Ländern bewertet. Dabei wurde deutlich, dass speziell Indonesien, Vietnam und die Philippinen noch großen Nachholbedarf haben. In der Gesamtregion sollen in den nächsten zehn Jahre rund 34 Milliarden US$ in die Hafeninfrastruktur investiert werden. Gut zwei Drittel dieser Summe sollen in Projekte in Indonesien und Vietnam fließen. Allein der Hafen Tanjung Priok in Nord-Jakarta wickelt rund 70% der indonesischen Importe und Exporte ab und stößt damit an seine Kapazitätsgrenzen.
Laut World Economic Forum?s Global Competitiveness Report 2014/2015 stehen die indonesischen Seehäfen im Qualitätsvergleich auf einem abgeschlagenen 74. Platz. Zwar verfügt der Inselstaat über 111 kommerzielle Seehäfen, aber nur elf davon sind für Container-Fracht geeignet. In der Konsequenz muss ein großer Teil der indonesischen Fracht über malaysische Häfen und Singapur geleitet werden. Die shipping costs in Indonesien sind infolgedessen die höchsten in der ASEAN-Region und betragen 15% des Endpreises der Produkte. Beim World Bank Logistics Performance Index rangiert Indonesien auf Platz 53 von 160 Ländern. Um attraktiver für den Logistiksektor zu werden, wird der New Priok Port ausgebaut und soll bei Fertigstellung bis zu 11 Millionen TEU abwickeln (von heute ca. 6,8 Mio. TEU). Finanziert wird der Ausbau primär von ausländischen Investoren wie der Mitsui & Co. Ltd. Auch die Philippinen sind bestrebt, ihre Häfen zu modernisieren und sehen diese als wichtigstes Element ihres Transportsystems an. Da die finanziellen Mittel knapp sind, wirbt die Regierung um private Investitionen und Betreiber. Die staatlichen Investitionen in die Häfen Manila South Harbor und Batangas sollen bis 2016 rund 6 Milliarden philippinische Peso (etwa 107 Mio. Euro) betragen, wobei Kapazitätserweiterungen von bis zu 20% erzielt werden sollen.
Luftcargo im Aufwind
Nach einer aktuellen Boeing-Schätzung macht der innerasiatische Cargo derzeit rund 14,4 % des Welt-Cargo aus. Mit der Finanzkrise seit 2008 hat sich der Lufttransport von Waren in Asien deutlich verringert, da 50% der Exporte über den Handel mit nicht-asiatischen Ländern erzielt wurden. Jetzt soll aber auch der Handel auf dem Luftweg zwischen den asiatischen Ländern intensiviert werden. Die wichtigsten Luftfracht-Routen sind zwar immer noch sehr China-lastig (nach Korea, Japan und Hongkong), aber Singapur und Thailand werden nach Einschätzung von Boeing eine zunehmend wichtigere Rolle im Intra-Asien-Markt spielen. Vor diesem Hintergrund wird in der ASEAN-Region die Flughafen-Infrastruktur modernisiert. Auch hier spielt Singapur eine Schlüsselrolle. Der Changi Airport ist einer der größten Cargo-Flughäfen Asiens und wird von mehr als 6.500 wöchentlichen Flügen aus 250 Städten und 60 Ländern bedient. Jährlich werden rund 2 Millionen Tonnen Cargo von Singapur aus bewegt. Sein großer Pluspunkt ist die zentrale Mittellage: Innerhalb von sieben Flugstunden kann von Singapur aus die Hälfte der Weltbevölkerung erreicht werden.
Indonesien
Südöstlich von Singapur gelegen, baut auch Indonesien seine Flughafenstruktur aus. Insgesamt verfügt das Land über 230 lokale und internationale Airports, wobei in 2014 mehr als 100 Millionen Passagiere einen dieser Flughäfen genutzt haben werden. Ein Grund für die hohe Nachfrage sind die schlechten Straßen- und Schienenbedingungen. Die Cargo-Branche ist derweil noch relativ klein. Nur rund 1,34 Millionen Tonnen wurden in 2014 transportiert. Ein Grund hierfür ist sicher die staatliche Preisfestlegung, über die seit Jahren intensiv diskutiert wird. Trotzdem ist der Investitionsbedarf bei Indonesiens Flughäfen hoch; knapp 60% der indonesischen Flughäfen operieren jenseits ihre Kapazitäten. Schätzungen zufolge werden bis 2019 rund 15,2 Milliarden US$ benötigt, um die Airport-Infrastruktur auf den neuesten Stand zu bringen. Die weitere Entwicklung der indonesischen Logistikbranche wird aber auch davon abhängen, wie gut es gelingt, weitere Reparaturdienstleistungen für die Fluggesellschaften anzubieten (MRO, Maintenance, repair, and operations). Mit den MROs stiege die Attraktivität der indonesischen Flughäfen für die Logistikbranche deutlich. Für 2015 wird daher prognostiziert, dass in MRO-Dienstleistungen rund 2 Milliarden US$ investiert werden. Verglichen mit letztem Jahr ist es mehr als eine Verdopplung (950 Mio. US$ in 2013).
Hoffnung für Indonesiens Straßen
Alle ASEAN-Länder sind Teil des sog. "Asia Highway Master Plan", der ein effektives Straßennetzwerk und die Verbesserungen der Straßenqualität anstrebt. Nach Analyse des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle sind speziell Indonesiens Straßen in einem miserablen Zustand. Immerhin verfügt das Land über 497.000 Kilometer Straße. Allerdings sind selbst zentrale Strecken wie zwischen Jakarta und Surabaya kaum ausgebaut und meist nur einspurig, sodass sich PKW und LKW die Straße teilen müssen.
Indonesien nimmt im World Economic Forums Global Competitiveness Report 2014/2015 in Bezug auf die Straßenqualität denn auch nur einen schlechten Rang 72 ein. Ein großer Teil der Infrastrukturinvestitionen fließt folgerichtig in Indonesiens Straßen. Ziel ist es, die in Südostasien höchsten Logistikkosten in Indonesien deutlich zu senken, sodass das Land vom Wachstum der weltweiten Logistikbranche profitieren kann. Demgegenüber kann Vietnams Straßensituation insgesamt als gut eingeschätzt werden. Der Logistiksektor wächst seit Jahren konstant. Insbesondere der Güterverkehr auf der Straße profitiert aktuell von Vereinbarungen zwischen Vietnam und China, lizensierte LKW einzusetzen, um die Transportkosten deutlich zu senken.
Per Schiene nach China
Auch der Schienenverkehr in der ASEAN-Region ist unterentwickelt und bedarf dringend systematischer Investitionen. Die Priorität liegt hier insbesondere auf den Verbindungen von und nach China. Von einem Ausbau dieser Strecken wird vor allem Festland-Südostasien profitieren, während die Inselstaaten Indonesien und Philippinen bei den Schieneninvestitionen etwas außen vor sind, wenngleich auch hier einige Projekte in Planung sind. Es sollen insgesamt 200 Milliarden US$ in die ASEAN-Schienennetze fließen. Eine konkret geplante Strecke verläuft von Ho-Chi-Minh City ins südchinesische Kunming. Aber auch von Myanmar und Vientiane (Laos) werden Schienenstrecken nach Kunming (aus-)gebaut. Große Teile der nötigen Investitionen werden von China selbst aufgebracht.
Auch Thailand, im Herzen von ASEAN gelegen, investiert im großen Stil in die Schieneninfrastruktur. Bei der Pressekonferenz "SmartRail Asia" Ende September 2014 wurde bestätigt, dass in den nächsten acht Jahren rund 90 Milliarden US$ in die Thai-Infrastruktur fließen sollen. Vor allem die Verbindungen von den Flughäfen sollen verbessert werden. Geplant ist auch der Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Strecken im sog. Eastern Seaboard und im Norden bei Chiang Rai. Die Konzepte sollen die vielkritisierten Pläne der vom Militär im Mai 2014, gestürzten, jedoch zuvor nur geschäftsführenden Yingluck-Regierung, vier Routen rund um Bangkok auszubauen, ersetzen. Ziel ist es, mit dem Acht-Jahresplan die Position Thailands als Logistik-Hub in der ASEAN Economic Community (AEC), die 2015 beginnt, zu stärken. Insbesondere die Verbindungen nach Vientiane (Laos), Myanmar und das südliche China sollen verstärkt werden. Doch viele Infrastrukturprojekte wurden schon in Thailand geplant und scheiterten an "Sachzwängen".
Indonesiens Schienennetz umfasst rund 4.800 Kilometer und ist in einem deutlich besseren Zustand als andere Transportsysteme des Landes. Trotzdem muss es weiter ausgebaut werden, um die natürlichen Rohstoffe des Landes wie Kohle, Öl und Palmöl transportieren zu können. Aktuell befindet sich das Land beim World Economic Forum?s Global Competitiveness Report 2014/2015 bei der Straßenqualität auf Platz 41 von 144 bewerteten Ländern. Der Investitionsbedarf in das indonesische Schienennetz beläuft sich bis 2019 etwa 23,3 Milliarden US$. Das aktuell wichtigste Projekt ist der Ausbau der nördlichen und südlichen Bahnstrecke Jakarta-Surabaya auf der Insel Java. Die am stärksten industrialisierte Insel soll auf Double-track-Schienen umgestellt werden. Während die 727 Kilometer lange und eine Milliarde US$ teure nördliche Route dieses Jahr beendet werden soll, wird als Fertigstellungstermin für die südliche Route das Jahr 2018 genannt. Logistikfirmen brauchen auf der Nord-Route jetzt nicht mehr 12 Stunden, sondern können Waren in knapp unter 9 Std. transportieren. Nicht nur die Transportzeit wurde kürzer, es können auch mehr Bahncontainer transportiert werden. Die große Vision für 2022 ist es, dass dann auch Passagiere zwischen beiden Städten in knapp drei Stunden reisen können. Ein weiteres Projekt ist die Verbesserung der Bahnstrecke von Jakarta ins ca. 140 Kilometer südlich gelegene Bandung. Die geschätzten Kosten des 2016 startenden Projekts belaufen sich auf rund 6,7 Milliarden US$.