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Asien Kurier 3/2008 vom 1. März 2008
Buchbesprechung

Frank Sieren: "Der China-Schock"

Wie Peking sich die Welt gefügig macht

Von Daniel Müller

BERLIN. Nachdem der China-Code dechiffriert wurde, folgt nun, da die Konsequenzen des chinesischen Aufstiegs allmählich sichtbar und spürbar werden, die Schockphase. So in etwa lässt sich die Botschaft des neuen Buches von Frank Sieren auf den Punkt bringen.

Buchcover "Der China-Schock"
Foto: Econ Verlag

Für den Autor handelt es sich hierbei um einen welthistorischen Einschnitt, der nichts weniger als das Ende der Kolonialzeit annonciert. Der Welt steht dabei möglicherweise eine 150 Jahre anhaltende chinesische Wachstumsphase bevor, welche die bestehende Weltordnung nachhaltig transformieren wird. Zwar seien Rückschritte prinzipiell denkbar, jedoch allenfalls als retardierendes Moment. Allein die Zerstörung der natürlichen Umwelt berge ein gewisses Krisenpotential.

Dieser Urgewalt habe der Westen, der sich in seiner moralinsauren Arroganz in eine Sackgasse manövriert hat, nichts entgegenzusetzen. Da Konsumenten wie auch Produzenten existentiell von China abhängig sind, besitzt man keine Handhabe, auf diesen Prozess Einfluss zu nehmen, ohne sich selbst massiv zu schädigen: Sind die einen auf billige chinesische Importe angewiesen, benötigen die anderen den chinesischen Markt, um ihre Produkte absetzen zu können.

Die neue Qualität der chinesischen Herausforderung besteht für Sieren darin, dass das Land die Ära der Selbstgenügsamkeit für beendet erklärt hat und damit beginnt, auf der Suche nach akut benötigten Rohstoffen weltweit Interessen- und Einflusssphären zu schaffen. China gehe dabei äußerst geschickt vor, vermeidet direkte Interventionen und bietet den jeweiligen Staaten vielmehr attraktive Kooperationsanreize an. Sieren nennt dieses Vorgehen "Mutter-Courage-Ökonomie": China sei ein Profiteur von Rohstoffkriegen speziell in Afrika und engagiere sich zuvorderst in schwachen Staaten, um dort ungestört Profite zu machen.

Konkret vergibt Beijing billige Kredite für Infrastrukturmaßnahmen und sichert sich im Gegenzug die Rechte an Bodenschätzen sowie politische Loyalität. Da die Chinesen diesen Staaten keine Auflagen oder gar moralische Vorschriften machen, treffen sie bei den dortigen Eliten auf großes Wohlwollen. Im Ergebnis droht der Westen einerseits beim globalen Wettlauf um Rohstoffe leer auszugehen und andererseits entwindet China mit dieser Strategie Staat für Staat dem Einfluss des Westens, was á la lounge auch dessen Werte unterminieren wird.

Sieren hat diese Einschätzungen auf einer Reihe von Reisen, die er auf den Spuren der chinesischen Expansion unternommen hat und deren anschauliche Schilderung den Großteil des Buches ausmachen, gewonnen. Ob nun in Nordkorea, im Sudan oder im Iran - überall trifft er auf Chinesen, die pragmatisch ihren Geschäften nachgehen und vielfach neue weltpolitische Realitäten schaffen. In aller Regel, so Sieren, handle es sich hierbei um Quidproquos, sodass der Westen sich fragen lassen müsse, ob er nicht aus einer Verabsolutierung seiner Werte heraus, sowohl den Menschen in diesen Staaten Entwicklungschancen vorenthält als sich auch selbst um seine Zukunft bringt.

Auch wenn Sierens Prognosen an einigen Stellen wohl etwas überakzentuiert sind, in einem hat er unzweifelhaft Recht: Ein guter Kaufmann sollte niemals die Konkurrenz unterschätzen!

Buchdaten

Buchtitel - Der China-Schock
Buchautor - Frank Sieren
Verlag - Econ Verlag
Ort und Jahr - Berlin, 2008
ISBN - 9783430300254
Preis - nicht lieferbar





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