Vorbereitungskurs auf Vietnam

BERLIN. Wenn Unternehmen der Rat gegeben wird, sie mögen doch bitte ihren Aktionsradius auf andere Weltregionen und speziell auf die aufstrebende Märkte erweitern, so ist dies meist leicht dahin gesagt. Denn in der konkreten betrieblichen Praxis handelt es sich hierbei um einen hochkomplexen und oft nur schwer kalkulierbaren Vorgang.

Buchcover "Business-Handbuch Vietnam"
Foto: Springer Gabler, Wiesbaden

Dies kann auch nicht anders sein, da sich in fremden bis exotischen Märkten naturgemäß so ziemlich alles von den vertrauten heimischen Gegebenheiten und Praktiken unterscheidet. Fehlannahmen, Missgeschicke und kostspielige Reinfälle lassen sich dabei in Gänze sicherlich kaum vermeiden. Aber immerhin kann man durch eine solide und realistische Vorbereitung versuchen, die Chancen für einen erfolgreichen Markteinstieg substanziell zu verbessern. Hierbei können beispielsweise gut durchdachte Businessführer eine gewisse Hilfestellung leisten. Ein Beispiel dafür, wie ein solcher aussehen kann, gibt das ?Business-Handbuch Vietnam? von Nathalie Homlong und Elisabeth Springler ab.

Besonders erfreulich ist, dass die beiden Autorinnen mit Vietnam einem Land breiten Raum einräumen, das ansonsten eher in einem vergleichenden Aufwasch mit seinen regionalen Nachbarn abgehandelt wird. Dabei ist Vietnam als Verbindungsglied zwischen dem bunt gescheckten und quirligen Südostasien und dem etwas steifen konfuzianischen Ostasien durchaus ein spezieller Fall. Derartige Brückenlagen sind meist mit besonders vielschichtigen Verhaltensweisen verbunden. Im Einklang mit dem Ablauf wie Investitionsüberlegungen üblicherweise vorgenommen werden dürften, ist das Buch in drei Themenbereiche ? Potenziale, Umfeld, Strategien ? unterteilt. Zunächst werfen Homlong und Springler einen vertiefenden Blick auf die ökonomischen Voraussetzungen und Perspektiven der postsozialistischen Transformationswirtschaft. Die generellen Möglichkeiten werden dabei ebenso deutlich wie die strukturellen Hemmnisse. Allerdings ist dieser Teil doch etwas sehr steril geraten und beschränkt sich mehr oder minder auf die üblichen ADB-Formeln. Hier wäre etwas mehr Mut zu eigenen Einschätzungen gut gewesen.

Interessanter ist danach eine ausführliche Betrachtung der verschiedenen Standorte des langgezogenen Landes gepaart mit Hinweisen nach welchen Kriterien eine entsprechende Auswahl vorgenommen werden kann. Insgesamt merkt man schon, dass die Autorinnen bei den kulturellen Aspekten mehr in ihrem Element sind. Notwendig, aber nicht übermäßig spannend sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die ordnungsgemäß dargestellt werden. Erhellender sind dann wiederum die Schilderungen über die Institutionen und die Besonderheiten des Arbeitsmarktes. Auch der letzte Teil des konkreten Markteintritts ist wieder etwas kulturlastig, dafür erfährt der Leser aber allerlei Interessantes über Netzwerkpflege und Personalmanagement. Hier hätten jedoch deutlich mehr Informationen über die verschiedenen Wege der Markterschließung geboten werden müssen.

Von diesen Einschränkungen abgesehen, lässt das Handbuch kaum Fragen offen und behandelt die einzelnen Komplexe gehaltvoll aber in gebotener Kürze. Jedem Abschnitt sind detaillierte Literaturtipps angehängt, die ein themenfokussiertes Weiterlesen ermöglichen. Positiv ist auch, dass die Autorinnen nicht dazu neigen, eigentlich triviale Dinge durch eine künstliche Verwissenschaftlichung aufzubauschen. Dies dürfte auch nüchternen Praktikern gefallen. Dass ein Vietnam-Engagement trotzdem ein mittleres Abenteuer bleibt, ist den Autorinnen selbstverständlich nicht anzulasten. Sie haben eine ansprechende Vorarbeit geleistet.