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Asien Kurier  3/2011 vom 1. März 2011
China

Der Kampf der Marken und Patente

China geht in die IP-Offensive. Chinesische Unternehmen blockieren den Markt durch eine Mauer aus gewerblichen Schutzrechten (IP), und Counterfeiter registrieren Patente für leicht modifizierte Nachbauten. Westliche Unternehmen müssen jetzt reagieren.

Von Richeza Herrmann, IP-Beraterin bei Chinabrand Consulting in München

China zieht in Sachen gewerbliche Schutzrechte alle Register. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2020 eine innovationsorientierte Gesellschaft zu werden, treibt die Volksrepublik mit massiver staatlicher Unterstützung die Zahlen chinesischer Patentanmeldungen weiter nach oben.

So hat das chinesische Patentamt (SIPO) bei der Zahl der Patentanmeldungen bereits Korea und Europa überholt, im Jahr 2011 wird China voraussichtlich auch Japan und die USA hinter sich lassen. Ähnlich bei den Marken. Mit fünf Millionen registrierten Marken steht China weltweit ungeschlagen an der Spitze. Die Volksrepublik beheimatet mittlerweile das größte Markenamt der Welt.

Die Strategie ist offensichtlich: Chinesische Unternehmen versuchen, eine Mauer aus gewerblichen Schutzrechten zu errichten und dem westlichen Wettbewerber dadurch den Marktzugang zu blockieren oder zumindest zu erschweren. Da chinesische Unternehmen auch weltweit massiv Schutzrechte anmelden, gilt das nicht nur für den chinesischen Markt, sondern auch für die globalen Exportmärkte. Inzwischen kommen westliche Anbieter selbst in Singapur oder Brasilien nicht mehr zum Zuge, weil der Weg in den Markt durch chinesische Intellectual Property Rights (IPR) versperrt ist.

Die Aufgabe, vor der westliche Unternehmen jetzt stehen, ist klar. Es kommt darauf an, die Blockaden zu beseitigen und den Weg in die Märkte wieder frei zu machen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, auf die chinesische Offensive um das "geistige Eigentums" zu zu antworten.

Schutzrechte anmelden

In der neuen Situation ist die Anmeldung von Patenten, Gebrauchsmustern, Geschmacksmustern und Marken im Ausland unumgänglich. Bislang sollten westliche Unternehmen in China und auf den relevanten Exportmärkten gewerbliche Schutzrechte anmelden, jetzt müssen sie es. Das ist besonders dann der Fall, wenn der chinesische Wettbewerber unfairen Wettbewerb betreibt und Schutzrechte rechtswidrig einsetzt, indem er die Technik oder das Design von Fälschungen patentiert.

Ausländische Unternehmen müssen zügig ein dichtes und maßgeschneidertes internationales Portfolio gewerblicher Schutzrechte aufbauen und professionell managen. Dabei wird evaluiert, welche Art von Patenten für ein Produkt in welchen Ländern optimal ist.

Das chinesische Patentrecht weist einige Besonderheiten auf, die berücksichtigt werden müssen. Im Unterschied zum deutschen Patentrecht existieren in China drei Arten von Patenten: Das Erfindungspatent (invention patent) mit einer Schutzdauer von 20 Jahren, das Gebrauchsmusterpatent (utility model patent) und das Geschmacksmusterpatent (design patent) mit einer Schutzdauer von jeweils zehn Jahren. Während die Erteilung eines Erfindungspatents eine materielle Sachprüfung erfordert, werden die Anträge für Gebrauchs- und Geschmacksmusterpatente lediglich formal geprüft (Vorprüfung) und daher schneller erteilt, was ein großer Wettbewerbsvorteil sein kann.

Auffällig ist bei der Betrachtung der ausländischen Anmeldungen, dass sich das Gebrauchsmusterpatent noch keiner allzu großen Beliebtheit erfreut. So meldeten ausländische Unternehmen im Jahr 2009 zwar 84.477 Erfindungspatente beim SIPO an, jedoch lediglich 1.910 Gebrauchsmuster. Bei den einheimischen chinesischen Anmeldungen hingegen halten sich die Zahlen für Erfindungspatent und Gebrauchsmusterpatent nahezu die Waage. Hier gibt es also Nachholbedarf. Gerade für Produkte mit vergleichsweise kurzer Lebensdauer wie elektronische Geräte oder für Geräte der Kommunikationstechnologie ist das Gebrauchsmusterpatent eine geeignete Alternative zum Erfindungspatent.

Was ist zu tun, wenn man leicht modifizierte Produktnachbauten des eigenen Produkts oder Designs auf dem chinesischen Markt entdeckt?

Schutzrechterecherche

Zunächst müssen Beweise gesichert werden, die eine Verletzung der eigenen Patente belegen können. Danach bedarf es einer sorgfältigen Recherche beim SIPO nach Schutzrechten des chinesischen Herstellers. Wenn gefährliche Schutzrechte gefunden werden, die den Schutzbereich der eigenen Patente verletzen, dann eröffnet der juristische Weg zwei Optionen: Die Patentverletzungsklage und das Nichtigkeitsverfahren.

Patentverletzungsklage

Die Patentverletzungsklage vor dem zuständigen chinesischen Zivilgericht richtet sich gegen die Herstellung und den Verkauf der Produktnachbauten. Verbunden mit einer Einstweiligen Verfügung ist sie geeignet, die sofortige Unterbindung der Rechtsverletzung zu bewirken. Das verletzte Unternehmen kann dabei Schadensersatz, die Einstellung der Verletzung, die Beseitigung negativer Auswirkungen und Wiederherstellung der Reputation sowie eine öffentliche Entschuldigung des Nachbauers erreichen. Viele ausländische Unternehmen haben diesen Rechtsweg in China und anderen Ländern bereits erfolgreich beschritten. Im besten Fall kann eine Patentverletzungsklage schon innerhalb weniger Monate zum Erfolg führen.

Im Patenverletzungsverfahren kann der Patentrechtsbewertungsbericht wichtig sein. Da Gebrauchsmuster- und Geschmacksmusterpatente im Erteilungsverfahren nur formal geprüft werden, kann der Patentinhaber nach Patenterteilung beim SIPO einen Patentrechtsbewertungsbericht beantragen, der innerhalb von zwei Monaten erstellt wird. Dieser Bericht beinhaltet eine vollumfängliche Bewertung der generellen Patentfähigkeit des verletzten Patents. Um keine Zeit beim Vorgehen gegen auftretenden Produktfälschungen zu verlieren und die Wirksamkeit der eigenen Patente zu kennen, sollten für sensible Patente Patentbewertungsberichte vorsorglich eingeholt werden.

Nichtigkeitsverfahren

Der Patentinhaber hat unabhängig von einer Patentverletzungsklage die Möglichkeit, diejenigen Patente, die von der chinesischen Konkurrenz nach dem Zeitpunkt der eigenen Patentanmeldungen angemeldet werden und die den Schutzbereich der eigenen Patente verletzen, für nichtig erklären zu lassen. Für die Einleitung eines solchen Verfahrens bedarf es eines Antrags bei der Patentüberprüfungskommission, dem Patent Re-Examination Board des SIPO.

Marken in China registrieren

Die VR China ist ein Reich der Marken. Von ausländischen Unternehmen wird die Bedeutung einer eingetragenen chinesischen Marke zum eigenen Schutz viel zu oft unterschätzt. Dies gilt selbst für Unternehmen, die den Markteintritt in China momentan gar nicht planen. Denn in China gilt das First-to-file-Prinzip: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Unberechtigte chinesische Unternehmen können eine nicht geschützte westliche Marke in China anmelden und auf dem Markt als scheinbare Niederlassung oder Tochtergesellschaft des Ausländers agieren. Jedes westliche Unternehmen hat daher ein vitales Interesse daran, der Eintragung der eigenen Marke durch einen anderen zuvor zu kommen und so späteren Konflikten oder teuren Markendeals vorzubeugen.

Die Eintragung einer Marke sollte bereits vor dem ersten Marktauftritt in China erfolgt sein. Empfehlenswert ist, bei der Eintragung gleichzeitig ein Äquivalent der ausländischen Marke in chinesischen Schriftzeichen registrieren zu lassen. Damit wird nicht nur die Unterscheidungskraft der Marke für die chinesischen Konsumenten erhört, sondern gleichzeitig verhindert, dass sich in China für das ausländische Unternehmen oder für ein Produkt ungewollt ein chinesischer Spitzname etabliert, der möglicherweise wenig schmeichelhaft ist. Außerdem wird ausgeschlossen, dass bei einer nachträglichen Eintragung, die sich nur auf das chinesische Marken-Äquivalent bezieht, die Abweisung droht, weil der chinesischen Zeichenkombination die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.

Bekannte Marke

In China gibt es besondere Regelungen zum Schutz bekannter Marken, den well-known oder famous brands. Die Anerkennung als bekannte Marke ist vor allem für größere, internationale Unternehmen wichtig, da sie einen besonderen Schutz der Marke in allen Klassen mit sich bringt, während sich der einfache Schutz nur auf die jeweiligen eingetragenen Klassen erstreckt. Wir erwarten, dass mehr und mehr ausländische Marken den Status als bekannte Marke erhalten werden. Diese verhältnismäßig kostengünstige Option zur Erhöhung des eigenen Schutzniveaus kann gut zu Marketingzwecken eingesetzt werden. Sie sollte deshalb unbedingt ausgeschöpft werden.

Monitoring chinesischer Anmeldungen

Das ausländische Unternehmen ist gut beraten, im eigenen Interesse die Veröffentlichungen der vorläufigen Markenbewilligungen des chinesischen Markenamts im Blick zu behalten und regelmäßig auf neue, die eigene Marke verletzende Eintragungen zu überprüfen. Wenn dies der Fall ist, kann innerhalb von drei Monaten Widerspruch gegen die Eintragung erhoben werden. Auch nach vollzogener Markeneintragung kann die Löschung einer verletzenden Marke durch einen Löschungsantrag erreicht werden. Der Löschungsantrag ist bei den Erfolgsaussichten allerdings nicht mit der Einlegung eines frühzeitigen Widerspruchs zu vergleichen. Rechtzeitige Aufmerksamkeit lohnt sich also in jedem Fall.

Public Relations

Erfolge soll man bekanntlich feiern. Wenn ein ausländisches Unternehmen seine gewerblichen Schutzrechte in China erfolgreich durchgesetzt hat, sollte es seinen Erfolg möglichst breit in der chinesischen Fachpresse publizieren. Dadurch wird Druck aufgebaut und aufrecht erhalten. Es kann nachhaltig erreicht werden, dass IPR-Verletzer abgeschreckt werden und die Sensibilisierung für geistiges Eigentum unterstützt wird.

Für den Erfolg ausländischer Unternehmen auf dem chinesischen Markt reicht es längst nicht mehr aus, den Diebstahl geistigen Eigentums nur reaktiv auf der Produktebene zu verfolgen. Ausländische Unternehmen müssen dem Gegner auf exakt demselben Feld Paroli bieten, auf dem die chinesische Konkurrenz sich zunehmend clever bewegt: dem Wettbewerb mit den Intangible Assets. Das chinesische Recht bietet dabei vielfältige Ansatzpunkte.

Adressen

Chinabrand Consulting Limited
Am Blütenanger 55
80995 München
Tel.: 49 89 1417155
Fax: 49 89 1409172
Web: www.chinabrand.de
Email: [email protected]

Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e. V. (APM)
Breite Str. 29
10178 Berlin
Tel.: 49 30 20308 2720
Fax: 49 30 20308 2718
Web: www.markenpiraterie-apm.de
Email: [email protected]





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