Die Regierung in Beijing sieht sich angesichts der dramatischen Luftverschmutzung unter Handlungsdruck. Das Inkrafttreten deutlich verschärfter Emissionsrichtlinien trifft besonders die lokalen chinesischen Heizkesselhersteller, während die ausländischen Anbieter hiervon - wenigstens zunächst - profitieren dürften. Gute Wachstumsraten versprechen sich auch die Produzenten von Luftreinigern. Bisher gibt es nur wenige einheimische Hersteller auf dem Markt.
Angesichts heftiger Smogwerte - zu den Hauptverursachern zählt die Verbrennung von Kohle - hat die Regierung der VR China gehandelt. Um hier teilweise Abhilfe zu schaffen, erließ das Ministry of Environmental Protection in Kooperation einen neuen Standard zu Abgasemissionen von Heizungskesseln.
Insgesamt zeigt sich die Branche überrascht ob dieser drastischen Reduktion, zumal deren Einhaltung - im Gegensatz zu bisherigen Vorgaben im Umweltschutzbereich - offenbar auch kontrolliert wird. Abnahmen neu installierter Geräte fänden nur nach Anfertigung entsprechender Messprotokolle durch die lokalen Boiler-Testing-Institute (unter der China Association of Special Equipment Inspection) statt, sagen Herstellerfirmen.
Die verschärften Regelungen dürften den - auch politisch gewollten - Trend zur stärkeren Nutzung von Gas unterstützen. Denn die neuen Werte für Kohleheizkessel sind nur mit hohem technischen Aufwand (Entschwefelung, Denitrierung und Staubfilter) und aus technischen Gründen auch nur bei Kesselleistungen ab 100 MW einzuhalten und sinnvoll. Darüber hinaus gibt es angesichts der massiven Luftverschmutzung in vielen Großstädten bereits strengere, regional begrenzte Regeln. So dürfen seit 1.7.14 in Beijing keine neuen Kohlekessel mehr installiert werden. Beijing gehört ohnehin zu den ausgewählten Städten beziehungsweise Regionen, welche über den nationalen Standard hinausgehende niedrigere Emissionswerte festlegen dürfen und dies bereits realisiert haben (NOx bei 60 mg/cbm).
Gute Absatzchancen für Gas- und Gas-Kombi-Therme
Branchenvertreter erwarten vor diesem Hintergrund einen dynamisch wachsenden Markt für Gas- sowie Gas-Kombi-Thermen, die die Funktionen Heizen und Warnwasseraufbereitung in sich vereinen, und zwar speziell für wandhängende Geräte für Privathaushalte (Wall-Hung Boilers). Insbesondere in Südchina, das heißt, für die Landesteile südlich des Yangzi-Flusses, besteht ein enormer Nachholbedarf an Heizungssystemen. Diese zählen ohnehin zu den prosperierenden Regionen des Landes, sodass der höhere Gaspreis dort weniger ins Gewicht fällt.
Eher gesättigt zeigt sich hingegen der Markt für Klimaanlagen. In den großen Städten verfügen bereits rund 80% aller Haushalte über ein Gerät - in manchen sogar über 100%, weil viele Haushalte mehrere Anlagen besitzen. Die Elektronikhandelskette Suning geht deshalb für 2014 nur noch von einem Umsatzwachstum von 5% aus.
Die Marktnachfrage resultiert im Wesentlichen aus Ersatzkäufen und Neuanschaffungen in den Lower-Tier-Städten. Dabei achten immer mehr Verbraucher auf Erzeugnisse mit geringerem Energieverbrauch. Gefragt sind außerdem Geräte mit ansprechendem Design - und solche, die sich über Infrarotsensoren über das Smartphone fernsteuern lassen. Angesichts der immer größeren Luftverschmutzung soll der Trend zu Produkten mit zusätzlicher Luftreinigungsfunktion gehen - etwa gegen Formaldehyd oder Feinstaub (Partikelgröße unter PM 2,5). Laut Suning erwarte ein Drittel der befragten Verbraucher Produkte mit integrierter Luftreinigung. Allerdings fehlt es an entsprechenden Angeboten. Ein Vorreiter ist die Firma Fenghuang aus Guangdong (www.ifeng.com).
Tatsächlich sind die Zeiten, in denen man nur die Fenster öffnen musste, um frische Luft zu atmen, zumindest in den großen chinesischen Städten, vielfach aber auch auf dem Land vorerst vorbei. Mit sehr guten Wachstumsraten rechnen deshalb die Hersteller von Luftreinigungsgeräten. Allein 2013 wurden nach einer Schätzung von China Market Monitor mit 2,4 Millionen Geräten enorme 90% mehr verkauft als im Vorjahr. Zugleich erfreute sich der Einzelhandel an einem Umsatzanstieg von 160% auf 417 Millionen US$.
Der Markt teilt sich in das schmale High-end-Segment, das von IQAir mit Importprodukten aus der Schweiz bedient wird, sowie das erheblich breitere mittlere Segment, welches vorwiegend ausländische Anbieter mit Importen oder Vorortfertigung abdecken. Über eine Produktion im Land verfügen beispielsweise Blueair (Schweden) oder Austin (USA). Daneben sind unter anderem Geräte von Philips (Niederlande), Whirlpool (USA), Sharp (Japan) oder Samsung (Korea) erhältlich.
Chinesische Hersteller gibt es bislang erst wenige. Zu ihnen zählen die Firmen Lexy's und BeiAng. Letztere wurde 2009 von in den USA ausgebildeten chinesischen Rückkehrern in Suzhou gegründet. Nach BeiAng-Schätzung gegenüber der China Daily beläuft sich der Markt für Luftreinigungsgeräte derzeit auf rund 5 Milliarden Renminbi Yuan (etwa 652 Mio. Euro). BeiAng geht aber davon aus, dass diese für chinesische Haushalte angesichts der heftigen Smogwerte in den Großstädten aber auch auf dem Land so selbstverständlich wie Klimaanlagen werden. Angesichts der hohen Anschaffungs- und Betriebskosten und des fehlenden Bewusstseins dürfte dies nach Ansicht anderer Branchenvertreter allerdings noch ein langer Weg sein. Dessen ungeachtet kalkuliert BeiAng ein Ansteigen des Marktvolumens auf 100 Milliarden Renminbi. Die Firma selbst konnte eigenen Angaben zufolge ihre Verkäufe zwischen 2012 und 2013 verzehnfachen. Hierfür betreibt BeiAng Verkaufsniederlassungen in zehn chinesischen Städten, kooperiert aber darüber hinaus mit Online-Plattformen wie TMALL und 360buy.
Vorerst steckt der Markt allerdings noch in den Anfängen. Waren es zunächst nur Ausländer, die sich mit Luftreinigungsgeräten gegen die schlechte Luft wappneten, nimmt inzwischen die Zahl der chinesischen Kunden deutlich zu. Bei IQAir machen sie inzwischen sogar zwei Drittel aus. Nach den Erfahrungen von IQAir-Vertretern verhalten sich in- und ausländische Kunden sehr unterschiedlich. So steht bei Zuzüglern etwa aus Europa, Japan und den USA, die von zu Hause wesentlich bessere Luftqualitäten gewohnt und in großer Sorge um ihre Gesundheit sind, die Anschaffung eines Luftreinigungsgerätes bei einem Umzug nach China oft ganz oben auf der Prioritätenliste. Hierzu hat nicht zuletzt die Berichterstattung in den Medien beigetragen. Dagegen hängt die lokale chinesische Nachfrage stark vom aktuellen Wetter und den damit verbundenen Werten ab. Neben Privatpersonen entfällt ein großer Teil des Absatzes auf Unternehmen, medizinische Einrichtungen und Behörden sowie Schulen und Kindergärten.
Ebenfalls im Kommen ist in diesem Zusammenhang das Geschäft mit Geräten zur Messung der Raumluftqualität. Dabei geht es weniger um hochexakte wissenschaftliche Instrumente als vielmehr um erschwingliche Luftmesser für den Hausgebrauch.
Abgesehen von solchen "Einzellösungen" wächst die Nachfrage nach integrierten Systemen für Heizung, Lüftung und Klimatisierung (HLK). Nach Informationen des Econet Monitors belief sich das Marktvolumen für HLK-Systeme 2011 auf 50 Milliarden Renminbi. Bis 2015 soll es 110,7 Milliarden Renminbi erreichen. Parallel wachsen die Anforderungen an die Energieeffizienz dieser HLK-Systeme.