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Das Meeting konnte der deutsche Gesch�ftsmann noch per Handy absagen. Nach einem einst�ndigen Stau in Bangkoks Sukhumvit Road hatte der in einer Hotellounge wartende Kunde leider f�r autofahrenden Salesmanager keine Zeit mehr. Nicht nur zur "rush hour" sind die Auto-, Bus- und Lkw-Kolonnen auf den dreispurigen Hauptstrassen der thail�ndischen Metropole kilometerlang. Und dabei ist die Stadt am Chao Phraya River nicht einmal der Extremfall. Im indonesischen Jakarta und im indischen Kolkatta sieht der Blick aus dem Autofenster noch �bler aus.
In den Industriel�ndern, aber auch in den Schwellenl�ndern Asiens, gelangte man schon seit langem zu der Erkenntnis, dass der Ausbau der Infrastruktur, insbesondere des Stra�ennetzes, mit dem wachsenden Bed�rfnis der Bev�lkerung nach Mobilit�t nicht Schritt halten kann ? Staus und �berlastungen sind die Folge. So wurde in den hochmotorisierten L�ndern bereits vor rund 20 Jahren das Schlagwort von der ?intelligenteren Nutzung? des verf�gbaren Stra�enraumes geboren. Gemeint sind Steuerungs- und Beeinflussungsmechanismen, die den Verkehr unter Nutzung von Telekommunikation und Informatik (?Verkehrstelematik?) fl�ssiger halten.In den Industriel�ndern pr�sentiert sich dies dem Autofahrer in Form von angepassten Geschwindigkeitsanzeigen, automatischen Stauwarnungen und Umleitungsempfehlungen. Die Effizienz derartiger Ma�nahmen ist nachgewiesen: Wo die Technik installiert wurde, sanken die Unfallzahlen auf deutschen Autobahnen um 30 Prozent. Es ist bereits Stand der Technik, diese Informationen direkt ins Fahrzeug zu �bertragen: In Europa wird hierf�r unter der Bezeichnung ?Radio Data System ? Traffic Message Channel? (RDS-TMC) ein digitaler Verkehrskanal verwendet, der von den europ�ischen Radiostationen ausgestrahlt wird, in Japan das VICS (Vehicle Information and Communication System). Die Entwicklung hat erst begonnen: Fahrzeuge sollen in Zukunft Informationen an andere Fahrzeuge abgeben und von diesen oder einer Verkehrszentrale empfangen: ?car to car? oder ?car to infrastructure? sind neuen Technologien, die jedes Auto zum Bestandteil eines drahtlosen Netzwerkes auf der Stra�e werden lassen sollen.Vom 9.bis 13. Oktober 2007 fand in Beijing der ?Intelligent Transport Systems World Congress? (ITS) statt, eine Veranstaltung mit 2.000 Experten aus 50 L�ndern. An der begleitenden Ausstellung im beteiligten sich 160 Firmen, haupts�chlich aus Asien und Europa. Der Kongress findet j�hrlich im Wechsel in der Asien Pazifik-Region, in Europa und in Nordamerika statt. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 war es kein Zufall, dass Beijing als Veranstaltungsort ausgew�hlt wurde: Hier konnte das Riesenreich seine Fortschritte auch auf diesem Gebiet einer Welt�ffentlichkeit zu pr�sentieren.Den Schwellenl�ndern Asiens, wie beispielsweise China, bietet sich die Chance von den Erfahrungen der Industriel�nder zu profitieren: So wurde in Beijing bekannt, dass das Reich der Mitte den europ�ischen RDS-TMC ? Standard �bernehmen will ? was von den Europ�ern mit besonderer Genugtuung aufgenommen wurde, hatte man doch 20 Jahre ben�tigt, um diese Norm zu entwickeln.Auf der Ausstellung dominierten europ�ische Unternehmen, sowie aus Japan und Korea, den hochmotorisierten Nachbarn Chinas. Hier werden Exportchancen und neue M�rkte gesehen: China ist inzwischen der weltweit zweitgr��te Automobilmarkt; das Autobahnnetz umfasst circa 50.000 Kilometer, weitere 35.000 km sollen bis zum Jahr 2035 gebaut werden.Jeder, der in Beijing unterwegs ist, kann feststellen, dass das Stra�ennetz, insbesondere in den Ballungsr�umen, ?intelligenter? werden muss. Mit Blick auf die Sportverstaltung 2008 wurden mit einer enormen Kraftanstrengung das Ringstra�en-Netz mit Hochstra�en und kreuzungsfreien �berf�hrungs-Bauwerken schnellstra�en�hnlich ausgebaut. Dennoch sind Dauerstaus und Stillstand, insbesondere zur Hauptberufszeit allt�glich. Diese Situation wird sich weiter versch�rfen, kommen doch zu den weit �ber zwei Millionen registrierten Fahrzeugen t�glich 2.000 neue dazu, obwohl deren Tageszuwachs limitiert ist.Voraussetzung f�r ?Intelligente Transportsysteme? sind aktuelle Daten �ber den Ist-Zustand im Verkehrsnetz. In der chinesischen Hauptstadt wurden dazu tausende Sensoren installiert, die den Verkehrsfluss messen; dazu kommen hunderte Video-Kameras zur zus�tzlichen Beobachtung; 10.000 Taxis liefern automatisierte Verkehrsdaten (?floating car data?). Alle diese Informationen laufen in einer Verkehrsleitzentrale zusammen, die in Beijing im Fr�hjahr 2007 er�ffnet wurde und von der Polizei betrieben wird. Sie gestattet eine schnelle Erkennung von Unf�llen und Behinderungen, Disposition der Einsatzkr�fte, Beeinflussung von ?Gr�nen Wellen?. Die t�glichen Staus lassen sich zwar mildern, aber nicht verhindern. Entlastung verspricht man sich von der baldigen Er�ffnung von drei neuen U-Bahn-Linien, daneben wird bereits mit ?harten? Regularien wie der Sperrung der Innenstadt f�r Fahrzeuge mit geraden beziehungsweise ungeraden Kennzeichen an verschiedenen Tagen experimentiert.Viel weiter ist der L�wenstadtstaat Singapur und nutzt ?Intelligente Transportsysteme? als Steuerungsinstrument auch im marktwirtschaftlichen Sinne. Ein knapper Verkehrsraum stellt bei einer zeit- und ortabh�ngig hohen Nachfrage ein knappes und teures Gut dar. Und so installierten die Verkehrsbeh�rden schon vor rund zehn Jahren ein vollelektronisches Mautsystem (ERP = Electronic Road Pricing). Fahrzeuge, die in mautpflichtige Zonen wie den ?Central Business District? oder bestimmte Schnellstra�en einfahren wollen, ben�tigen einen Transponder, der mit einer Cash Card best�ckt ist. Die tageszeitabh�ngige Maut wird beim durchfahren eines Portals abgebucht. Dar�ber hinaus ist der Besitz eines eigenen Fahrzeuges sehr teuer: Die Importsteuer betr�gt 100 Prozent. Doch bevor man sein Auto im Verkehr bewegen darf, muss eine Lizenz ersteigert werden. Diese steht aber praktisch nur zur Verf�gung, wenn ein Altfahrzeug abgemeldet wurde.Praktisch umsetzbar ist eine derartige Verkehrspolitik nat�rlich nur wenn ein hochwertiges Angebot �ffentlicher Verkehrsmittel zur Verf�gung steht. Hier gilt Singapur als vorbildlich: Die teilweise vollautomatische U-Bahn ist zuverl�ssig, sauber und schnell, sie f�hrt in dichter Folge und ist gut mit einem engmaschigen Bus-System verkn�pft. Das Ergebnis: Mehr als 60 Prozent aller Verkehrsteilnehmer nutzen �ffentliche Verkehrsmittel. Dieser ?modal split? stellt einen traumhaften Wert im Vergleich zu europ�ischen Gro�st�dten dar, wo schon 30 Prozent als vorbildlich gelten. Als erfreuliche Konsequenz betr�gt die mittlere Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge in der Innenstadt Singapurs zu Verkehrsspitzenzeiten 24,8 km/h, w�hrend sie in London und Tokio um die 17 km/h liegt. Wer es sich leisten kann und m�chte, kommt also mit dem eigenen Fahrzeug vergleichsweise z�gig voran! Es ist geplant, das System auf alle Bereiche des Stadtstaats auszudehnen, wof�r sich eine satellitengest�tzte Mauterhebung anbietet. Entsprechende Tests laufen bereits.Ist dieses Modell eine L�sung f�r China? Die deutsche Industrie scheint es so zu sehen und warb in Beijing mit ihrer Erfahrung beim Aufbau und Betrieb des deutschen, satelliten-gest�tzten Lkw-Mautsystems. Als Ableger von T-Systems firmierte die Firma ?Satellic? und demonstrierte vor Ort, wie schnell sich Stra�en mautpflichtig werden lassen: Mit der Verpflichtung programmierte On-Board Units (OBUs) mitzuf�hren. Sobald die Satellitenortung feststellt, dass sich das Fahrzeug auf einem zovor definierten, mautpflichtigen Streckenabschnitt befindet, wird die entsprechende Geb�hr abgebucht.Es gibt eine Vielzahl von technischen L�sungen zur Realisierung Intelligenter Transportsysteme, doch sie sind (leider) stets eine Frage politischer Vorgaben. Eins ist jedoch sicher: ITS ist ein Markt mit Zukunft!