)
Tulsi Tanti war die st�ndigen Stromausf�lle leid. Also kaufte der Unternehmer 1994 zwei Windr�der f�r seine Textilfabrik im Bundesstaat Gujarat und stieg ein Jahr darauf mit seinen drei Br�dern selbst ins Gesch�ft ein: Er besorgte Anlagen der deutschen Windturbinenfirma S�dwind und bot Kunden als Erster in Indien schl�sselfertige Windkraftanlagen an ? ein weltweit einzigartiges Modell, dass sich auf dem Subkontinent durchgesetzt hat: Hersteller suchen die Standorte, kaufen Land, verhandeln mit den Netzgesellschaften und warten die - oft entlegenen - Anlagen.
Heute ist Suzlon weltweit der f�nftgr��te Hersteller von Windturbinen und Marktf�hrer in Asien. Auf dem Subkontinent, �stlich von Mumbai bei Dhule, entwickelt die Firma derzeit den weltweit gr��ten Windpark mit einer Kapazit�t von 1100 Megawatt (MW). Dort hat auch k�rzlich der britische Energiekonzern BP mit einer 40 MW-Anlage sein erstes Windkraftprojekt in Asien umgesetzt.Indien ist einer der wachstumsst�rksten M�rkte f�r Windenergie, hat eine Erhebung des d�nischen Beratungsinstituts BTM Consult ergeben. Mit einer installierten Neuleistung von 1700 MW in 2007 rangiert das Land hinter den USA, Spanien sowie China auf Platz vier ? und knapp vor Deutschland mit einem Zubau von 1667 MW. Auch hinsichtlich der Gesamtleistung liegt Indien mit rund neun Gigawatt (GW) weltweit auf dem vierten Rang. ?Indien hat als Windkraftstandort ein viel gr��eres Potential als Deutschland, schon aufgrund seiner Gr��e - das Land ist fast zehnmal so gro� und hat mehr als zehn mal so viele Einwohner. Es ist kein Grund abzusehen, warum sich das Wachstum abschw�chen sollte?, sagt Stefan Gs�nger von der World Wind Energy Association (WWEA).Eine Ursache des Aufwinds ist die drohende Energieknappheit, vor allem an fossilen Rohstoffen. Gleichzeit w�chst der Energiehunger: ?Indien braucht dringend neue Energiequellen, um sein hohes wirtschaftliches Wachstum aufrechtzuerhalten?, sagt Ramesh Kymal, Gesch�ftsf�hrer des Windanlagenherstellers Vestas India. Zur �berwindung der Energiekrise will Indien den Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugung von sieben Prozent auf ein Zehntel in 2010 erh�hen und auf ein F�nftel in 2020.Ein wichtiger Hoffnungstr�ger ist dabei die Windenergie. Schon heute wird Dreiviertel der alternativen Energie in Indien mit Hilfe von Windkraft erzeugt, was nach Angaben der Beratungsgesellschaft KPMG im weltweiten Vergleich �berproportional hoch ist.Anteil an der Vorreiterrolle hat neben Pionier Tanti auch die Regierung, die schon 1992 ein extra Ministerium einrichtete: Das Ministerium f�r neue und erneuerbare Energie k�mmert sich darum, dass vermehrt Alternativen zu Kohle, Erdgas oder �l eingesetzt werden. Florian Kieck von der Beratungsfirma Southasia Consulting sieht darin vor allem ein �konomisches - weniger ein �kologisches - Anliegen. ?Es geht der Politik in erster Linie um eine bezahlbare Versorgung f�r alle Bewohner des Landes?, sagt er.Das Ministerium sch�tzt allein das Potential der Windkraft auf 45 GW. Um mehr Windenergie zu produzieren, bietet die Regierung Investoren zahlreiche Sonderkonditionen wie niedrige Importz�lle, kosteng�nstige Kredite und Steuererleichterungen. Hinzu kommen F�rderungen der einzelnen Bundesstaaten, die allerdings sehr unterschiedlich liberal sind. Und so produziert allein Tamil Nadu �ber die H�lfte an Windkraft in Indien, vor allem an den windigen K�stenregionen im S�dteil der Region.Die guten F�rderbedingungen der Politik sorgen daf�r, dass heute rund 95 Prozent der Investitionen in die Windenergie aus dem privaten Sektor stammen - �berwiegend von Firmen, die einen hohen Energieverbrauch haben und f�r den Eigenbedarf produzieren. Die Betriebe k�nnen sich dadurch einerseits von den relativ hohen Strompreisen, die die bundesstaatlichen Stromversorger von Gewerbetrieben verlangen, unabh�ngig machen. Andererseits werden sie so bei Strommangel als letzte vom Netz genommen.Das sind gute Aussichten f�r die rund 15 Windkrafthersteller auf dem Markt, wobei etliche auf den technologischen Vorsprung in Deutschland setzen. So l�sst etwa Marktf�hrer Suzlon s�mtliche mechanische Komponenten in Berlin, Hamburg und Rostock entwickeln. In Hamburg soll n�chstes Jahr ein weiteres Forschungs- und Entwicklungscenter entstehen. Und Enercon India, mit einem guten Viertel die Nummer 2, profitiert vom Wissen der Auricher Mutter.Neu in den Markt einsteigen will der deutsche Hersteller Kenersys, der in M�nster vormals als RSB Consult Windkraftanlagen konstruiert hat und 2007 von der indischen Kalyani Group �bernommen wurde. Zu dem Industrieunternehmen geh�rt auch die Stahlschmiede Bharat Forge. ?Die ersten Windr�der werden wohl 2009 fertig sein?, erz�hlt Andreas Reuter, Gesch�ftsf�hrer von Kenersys. Experten rechnen damit, dass indische Unternehmen weitere deutsche Ingenieurb�ros �bernehmen werden, um so vom westlichen Know-how zu profitieren. Noch ist Indien Nettoimporteur von Windkraftanlagen und deren Komponenten.Neben der Anlagentechnik wenden mehrere Bundesstaaten nach deutschem Vorbild das F�rderprinzip des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Karnataka, Uttar Pradesh und Uttataranchal zum Beispiel zahlen einen festen Einspeisetarif f�r Strom aus erneuerbaren Energien. Anlagenbetreiber bekommen f�r jede Kilowattstunde Strom aus �koquellen einen festgesetzten Geldbetrag - und erhalten dadurch Investitions- und Kalkulationssicherheit. ?Wenn m�glichst viele Bundesstaaten einen festen Einspeisetarif �ber einen bestimmten Zeitraum einf�hren w�rden, k�nnte der indische Markt noch st�rker wachsen?, sch�tzt Gs�nger vom WWEA. ?Eine einheitliche Regelung in Indien w�re daher optimal.?Investoren im Windkraftgesch�ft haben derzeit noch mit anderen Problemen zu k�mpfen: Der Landkauf wird immer schwieriger. ?Die lohnenden Standorte f�r Gro�projekte werden knapp?, hat Kieck festgestellt. Da es mittlerweile detaillierte Windkarten f�r die meisten erschlossenen K�stenregionen gebe, seien die Grundst�ckspreise um ein Vielfaches gestiegen. ?Zuvor problemlose Verhandlungen gestalten sich pl�tzlich recht kompliziert, weil die Landeigent�mer mehr Geld fordern?, erz�hlt Kieck. ?Die Projekte werden dadurch fast unfinanzierbar.? Auch Kenersys-Gesch�ftsf�hrer Reuter hat festgestellt: ?Der Landerwerb ist extrem m�hselig. Es gibt h�ufig Hunderte von angeblichen Eigent�mern. Es muss aufwendig gekl�rt werden, ob denen tats�chlich das Land geh�rt.??Windmogul? Tanti ist l�ngst �ber seine Heimat hinaus in den USA und Europa aktiv. Die Beratungsgesellschaft The Boston Consulting Group nahm seine Firma im Dezember erstmals in ihre Liste der 100 ?New Global Challengers? auf, die als umsatzstarke Konzerne aus den Schwellenl�ndern die - oft westlichen - Marktf�hrer bedrohen. Tanti hatte mit der �bernahme des Hamburger Windanlagenherstellers Repower f�r 1,3 Milliarden Euro in 2007 sein Vorhaben bekr�ftigt, zu den wichtigsten Mitbewerbern wie die d�nische Vestas aufzuschlie�en. Im Februar dieses Jahres versuchte Suzlon Medienberichten zufolge, Repower-Technologie nach Indien abzuziehen, was der indische Konzern jedoch dementierte. Ein Ziel bleibt: Suzlon will zu den drei gr��ten Windkraftherstellern der Welt geh�ren.