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Man kennt es aus der Historie: just in dem Moment, wo langersehnte Ziele erreicht werden, wo all die Anstrengungen der Vergangenheit endlich Fr�chte tragen, wo eigentlich alle Voraussetzungen f�r eine ewige Gl�ckseligkeit vorhanden sein m�ssten, just in diesem Moment schl�gt das Pendel der Geschichte abrupt und gnadenlos zur�ck.
Eben in einer solchen Phase befindet sich Japan heute. Dabei kann das Land auf eine imposante Erfolgsgeschichte verweisen: Auf den Totalkonkurs im Zweiten Weltkrieg folgte eine beispiellose �konomische Aufholjagd. Im Ergebnis hat Japan alles erreicht, was sich eine Nation nur w�nschen kann: Frieden, Wohlstand, Gesundheit. Allerdings wurden auf dem H�hepunkt des japanischen Erfolges auch dessen Grenzen und Risiken offenbar.Ursache und Indikator f�r pr�gnante �nderungen in Politik und Wirtschaft sind f�r gew�hnlich architektonische Verschiebungen innerhalb einer Gesellschaft. Wer also den Zustand eines Landes erkunden will, der sollte zuvorderst dessen Gesellschaft ins Visier nehmen. F�r den Fall Japan empfiehlt sich hierf�r die vorz�gliche Analyse von Florian Coulmas. Der Buchautor macht in seinem elegant geschriebenen und mit Grafiken und Tabellen gespickten Buch zwei Trends aus, die das japanische Modell massiv unter Druck setzen: Einmal sorgt der mit der Globalisierung einhergehende Zwang zur Versachlichung und Rationalisierung dazu, dass typisch japanische Sozialarrangements nicht mehr aufrechterhalten werden k�nnen. Zum anderen verursacht die drastisch fortschreitende Alterung der Bev�lkerung Krisenerscheinungen mit kaum absch�tzbaren Folgen.Besondere Brisanz resultiert dabei aus dem Umstand, dass beide Trends sich �berlagern und daher die finanziellen Mittel fehlen, um die sich anbahnenden Umw�lzungen harmonief�rdernd abzufedern. So aber prallen verschiedene Anspr�che, Vorstellungen und Kalk�le direkt aufeinander, ohne dass eine tragf�hige Bew�ltigungsstrategie in Sicht w�re. F�r Coulmas wird Japan sich schon in absehbarer Zeit auf einen fundamentalen Wandel der etablierten Arbeitsorganisation wie auch der tradierten Wertvorstellungen einstellen m�ssen.So ist in den Unternehmen das Seniorit�tsprinzip auf dem R�ckzug, da dieses angesichts einer immer �lter werdenden Belegschaft schlicht nicht mehr zu finanzieren ist. F�r Berufseinsteiger hingegen wird es vor dem Hintergrund steigender Sozialkosten, versch�rften internationalen Wettbewerbs und nachlassender Inlandsnachfrage immer schwieriger, eine Festanstellung zu ergattern. Die prek�r Besch�ftigten (freeter) wiederum weisen die geringsten Nachwuchszahlen auf.Auf einer mentalen Ebene erh�lt die Wahrnehmung, eine Mittelschichtgesellschaft zu sein, deutliche Blessuren. Schaden gennomen haben auch elementare konfuzianische Grunds�tze wie der Respekt vor �lteren ? in dem Ma�e wie diese zur Belastung werden, schwindet die Bereitschaft zur Einhaltung dieser Norm. Wie tief die Ver�nderungen gehen, zeigt sich gut an den Geschlechterrollen. Da die weibliche Erwerbsquote st�ndig steigt, viele M�nner aber nicht regul�r besch�ftigt sind, bedarf das Ideal vom unbeugsamen Familienern�hrer einer dringenden Revision.Fazit: So flexibel sich die Japaner in �konomischen Fragen gezeigt haben, so schwer tun sie sich, die Vorstellung eine einzigartige Schicksalsgemeinschaft zu sein, ad acta zu legen und beherzt nach neuen Wegen des Zusammenlebens zu suchen.Florian Coulmas, Die Gesellschaft Japans. Arbeit, Familie und demographische KriseVerlag H.C. Beck, M�nchen 2007, 252 Seiten, 14, 95 Euro, ISBN: 978-3-406-54798-0