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Asien Kurier 6/2008 vom 1. Juni 2008
Indien

Unklare Ziele - Wer nicht wagt, der nicht gewinnt !

Von Ansgar Sadeghi

Keine Frage, für die Tata Group ist der Kauf der beiden Marken Rover und Jaguar Chance und Wagnis zugleich. Mögen die Geländewagen der Marke Rover auch wirtschaftlich Gewinn bringen, die Marke Jaguar ist es zurzeit definitiv in der Verlustzone.

Im Jahr 1989 hatte der US-Hersteller Ford selbst Jaguar gekauft. Nach Angaben der deutschen Zeitung ?taz? investierte das Unternehmen bis zum Verkauf von Jaguar an die Tata Group etwa 10 Milliarden US-Dollar (etwa 6,4 Mrd. Euro) in die Marke, ohne dass ein größerer Erfolg verbucht werden konnte. Als der Konzern Ford verkündete, Jaguar und Rover verkaufen zu wollen, jubelten die Aktionäre und kauften. Der Wert der Ford-Aktien stieg um circa 3,5 Prozent. Der Kauf von Jaguar und Rover kann für die Tata Group also durchaus ein Verlustgeschäft werden. Was mag die Entscheider in Tatas Chefetage dazu bewogen haben, dieses Risiko einzugehen? Versuchen wir uns an Antworten!

2,3 Milliarden US-Dollar kostete den Mischkonzern der am 26. März 2008 von ihm verkündete Kauf der beiden Marken Rover und Jaguar. Auch für die Tata Group mit ihren etwa 96 eigenständigen Unternehmen ist das kein ganz geringer Betrag. Die Arbeitnehmer an den Rover- und Jaguar-Produktionsstätten werden sich gefreut haben: Die Tata Group versprach ihnen, ihre Arbeitsbedingungen nicht zu ändern. Das ist zu begrüßen und entspricht der Philosophie des Mischkonzerns, verbaut aber ? rein betriebswirtschaftlich betrachtet ? auch Möglichkeiten, Personalkosten zu reduzieren, um so etwa mit Jaguar in die Gewinnzone zu kommen. Tata Motors, die Autosparte der Tata Group, hat auf dem PKW-Segment bisher eher mit der Herstellung von Kleinwagen geglänzt. Jüngst vorgestellt wurde etwa der Tata Nano zu einem Preis von umgerechnet rund 1.700 Euro, der allerdings vor allem in Indien selbst sowie auf anderen Märkten Asiens und in Südamerika und Afrika verkauft werden soll. Den lukrativen westeuropäischen Markt möchte man mit diesem Kleinwagen vorerst nicht bedienen. Vielleicht erinnert man sich noch zu sehr an die Niederlage in den Jahren 2003 bis 2005? Damals hatte es eine Kooperation zwischen der noch unabhängigen britischen MG Rover Group und der Tata Group gegeben und Rover hatte den indischen Kleinwagen Indica modifiziert als City Rover in Europa angeboten. Erfolg war diesem Kleinwagen damals allerdings nicht beschert.

Nun gehört die Marke ?Rover? selbst zur Tata Group; und mit ihr sollen ? ebenso wie mit der Marke Jaguar ? Käuferschichten angesprochen werden, mit denen die Tata Group bisher eher wenig zu tun hatte: Liebhaber luxuriöser Autos der gehobenen Preisklasse. Rover und Jaguar stehen in wirtschaftlicher Hinsicht sehr unterschiedlich da: die Geländewagen-Marke Land Rover konnte im Jahr 2007 insgesamt 226.395 mal verkauft werden, was einen Anstieg beim Absatz von über 17 Prozent bedeutete. Jaguar fuhr dagegen stetig Verluste ein; die Verkaufszahlen sanken von 130.000 Autos anno 2002 auf etwa 60.000 im Jahr 2007. Mit dem Land Rover hat die Tata Group deshalb wohl weniger Probleme, beim Jaguar wird ein Verwalten des ?Status Quo? dagegen kaum ausreichen. Hier sind kluge Strategien gefragt.

Für die Tata Group ist der Kauf der beiden Marken wohl einerseits der Versuch, in die westeuropäischen Märkte zurückzukehren. Immerhin übernimmt der Mischkonzern nicht allein die Kunden der Luxusmarken, sondern auch das Vertriebsnetz. Das könnte in entfernt liegender Zukunft durchaus auch für andere Marken genutzt werden. Andererseits könnte die Tata Group auch von der Technologie der Autos profitieren. Der Kauf wäre dann nicht allein der Versuch, das eigene Portfolio Gewinn bringend zu erweitern, er wäre auch der Beginn eines weiteren Lernprozesses des Konzerns. Das dadurch gewonnene Know-how könnte irgendwann in die Produktion eigener Kraftfahrzeuge einfließen. Dient hier die Geschichte des japanischen Weltkonzerns Toyota als Vorbild? Toyota hatte seine Qualitätsmaßstäbe im Lauf der Zeit kontinuierlich angehoben, erst die südamerikanischen Märkte beliefert, dann Fuß auf den europäischen und US-amerikanischen Märkten gefasst und mit dem ?Lexus? eine eigene Luxus-Automarke präsentiert, die etwa in den USA mit großem Erfolg verkauft wurde. Der Tata Group könnte es insgeheim mehr darum gehen, durch Know-how-Gewinn mittelfristig eigene Marken zu entwickeln, die dem europäischen und US-amerikanischen Standard genügen als mit einer Marke wie Jaguar langfristig auf diesen Märkten zu planen. Die Botschaft in der offiziellen Pressemitteilung der Tata Group zum Kauf der beiden Nobelmarken Rover und Jaguar spricht gegen diese Spekulation: ?Wir haben enormen Respekt vor diesen Marken?, steht dort, ?und wir werden uns bemühen, ihr Erbe und ihre Konkurrenzfähigkeit zu erhalten und auszubauen, um ihre Marken-Identitäten intakt zu halten?. Die Zeit wird zeigen, ob dies tatsächlich das angestrebte Ziel ist.

Tata Motors ist der größte Automobilhersteller in Indien und gehört mehrheitlich zur Tata Group. Der Hersteller verkaufte im Geschäftsjahr 2005/06 (1.4.05 - 31.3.06) 245.022 Nutzfahrzeuge und 209.107 Pkws. Im gleichen Zeitraum finanzierte das Tochterunternehmen Tata Motorfinance 96.247 Fahrzeuge. Am 31. März 2006 beschäftigte das Unternehmen 22.349 Mitarbeiter im Haupthaus und weitere 7.257 in seinen Tochterunternehmen. Fabriken des Unternehmens gibt es in Jamshedpur, Pune und Lakhnau.

Auf der Forbes-Liste der 2000 größten Unternehmen nahm Tata Motors im Jahr 2006 den Platz 1235 ein.

1945 wurde die Tata Engineering and Locomotive Co. Ltd. gegründet, die vornehmlich Lokomotiven produzierte. In Zusammenarbeit mit dem britischen Unternehmen Marshall Sons wurde drei Jahre später die erste Straßenwalze fertiggestellt. Im Rahmer einer Kooperation mit der Daimler Benz AG konnte 1954 das erste Nutzfahrzeug fertiggestellt werden.1961 wagte sich das Unternehmen erstmals auf den internationalen Markt und begann Exporte von Lkw nach Sri Lanka. Die Produktion von schweren Nutzfahrzeugen begann 1983. Mit Tata 407 verließ ab 1986 das erste in Indien konstruierte Nutzfahrzeug die Produktion. 1994 wurde mit der Daimler Benz AG ein Joint Venture geschlossen, um Mercedes-Pkw zu produzieren; das gemeinschaftsunternehmen wurde 2001 beendet. Mit dem Tata Indica wurde 1998 der erste von Tata vollständig in Indien produzierte Pkw hergestellt.

Im September 2004 ging das Unternehmen an die New York Stock Exchange und war damit das erste dort gelistete indische Unternehmen. Im selben Jahr erwarb das Unternehmen Daewoo Commercial Vehicles Company, den zweitgrößten Lkw-Produzenten Koreas. 2005 erwarb das Unternehmen 21 Prozent an Hispano Carrocera, einem Busproduzenten. Im selben Jahr verließ der einmillionste Pkw die Produktion.

Am 10. Januar 2008 stellt das Unternehmen den Tata Nano vor, der mit einem Preis von 100.000 Rupien (etwa 1.600 Euro; 1 Euro = 62,22 Rupien). Am 26. März 2008 gab Ford den Verkauf der Automobilmarken Jaguar und Land Rover an Tata Motors für 2,3 Milliarden US-Dollar bekannt (fast 1,5 Mrd. Euro). Tata galt schon seit Monaten als aussichtsreichster Bewerber um die Tochtergesellschaften von Ford. Zusammen mit diesen beiden Marken erwarb Tata auch die Markenrechte an den Marken Rover, Daimler und Lanchester.

Tata Motors Ltd.

Bombay House

24 Homi Mody Street

Mumbai, 400001

India - Map

Phone: 91 22 6665 8282

Fax: 91 22 6665 7799

Web Site: http://www.tata.com, www.tatamotors.com





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