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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  9/2008 vom 1. September 2008

China - Potential f�r eCommerce

Von Achim Haug, bfai-Redakteur in K�ln.

Beim eCommerce bleiben die Chinesen noch zur�ckhaltend, obwohl ihre Volksrepublik mittlerweile die gr��te Internetnation ist (siehe Asien Kurier, 8/2008, 1. Aug. 2008, S.4 und 5).
Der Umfang der Onlinetransaktionen im eCommerce wird unterschiedlich hoch eingesch�tzt. Nach Angaben der Internet Society of China belief er sich 2007 auf rund 59,4 Milliarden Renminbi Yuan (circa 5,5 Mrd. Euro; 1 Euro = 10,79 Renminbi; 3-Monatsmittelkurs), derzeit weniger als 1 Prozent der gesamten Einzelhandelsums�tze des Landes. In den ersten drei Monaten 2008 wuchs das Volumen der gesamten Onlineshoppings auf 24,2 Milliarden Renminbi, ein Anstieg um 152 Prozent gegen�ber dem Vorjahreszeitraum.
Andere Untersuchungen geben allerdings deutlich h�here Werte an. F�r den Consumer-to-consumer-(C2C-) Handel nennt das Data Center of the China Internet (DCCI) f�r 2007 Werte von 41 Milliarden Renminbi, die Summe der Business-to-business- (B2B-) Transaktionen wird auf 1.250 Milliarden Renminbi beziffert. Damit wuchsen die Privatverk�ufe um 90 Prozent gegen�ber 2006, der Inter-Businesshandel um knapp26 Prozent.
Das staatliche China Internet Network Information Center (CNNIC) sch�tzt, dass rund 22 Prozent aller Surfer das Internet zum Einkaufen nutzen (also bereits �ber 40 Mio. Personen) und dabei im Durchschnitt gut 1.000 Renminbi pro Jahr ausgeben. Eine Studie von Taobao und Iresearch st�tzt diese Angaben, geht aber von 55 Millionen Chinesen aus, die die Angebote des Onlineshoppings in Anspruch nehmen. Als die f�nf Hauptregionen mit hohen Ums�tzen werden Shanghai, Guangdong, Zhejiang, Jiangsu und Beijing identifiziert.
Das Portal Taobao.com, eine Tochter des gro�en Internetunternehmens Alibaba Group, hat 2007 in seinem C2C-Bereich hohe Handelszuw�chse von �ber 150 Prozent auf 43,3 Milliarden Renminbi vermeldet. 2008 werden Ums�tze von rund 100 Milliarden Renminbi erhofft. Damit erreichte die Seite einem CNNIC-Bericht von 2006 zufolge einen Marktanteil von 67 Prozent im C2C-Handel. Eachnet (Partner von Ebay) folgte mit 29 Prozent, Paipai und 1paiwaren mit 2,2 Prozent und 1,4 Prozent abgeschlagen. Haupts�chlich w�rden Kleidung, Kosmetika, Schmuck, Computer und Mobiltelefone gehandelt.
F�r den B2B-Bereich bleibt Alibaba.com (in China: Alibaba.cn) ungeschlagen: Seine weltweit registrierten Nutzer stiegen bis 2007 von 6 Millionen (2004) auf 24,6 Millionen Die zahlende Mitglieder konnten im gleichen Zeitraum auf 255.000 gesteigert werden (2004: 77.000). In China wird ein Marktanteil f�r das B2B-Gesch�ft von 70 Prozent veranschlagt.
Auch die gr��te Suchmaschine Chinas, Baidu.com, m�chte sich den hart umk�mpften Markt nicht entgehen lassen. Auf einer Roadshow wurde im Juni 2008 der Einstieg in das C2C-Gesch�ft angek�ndigt. Das Unternehmen versucht so seine Einkommensbasis zu diversifizieren. Schon Anfang 2008 wurde ein eigenes Instant Messaging-(IM-) Programm "Baidu Hi" eingef�hrt. Gerade die Interaktivit�t �ber derartige Systeme entscheidet h�ufig �ber Erfolg und Scheitern im Internet des "Reichs der Mitte".
Neben dem klassischen Onlinehandel sind vor allem digitale Mehrwertdienste in der Volksrepublik Umsatztreiber. Gerade kostenpflichtige Zusatzangebote bei Kommunikationsplattformen erfreuen sich gro�er Beliebtheit. Der Markt f�r Onlinespiele belief sich 2006 auf 970 Millionen US-Dollar, wobei chinesische Anbieter rund 65 Prozent abdecken.
Die Einnahmenstruktur der Internetunternehmen unterscheidet sich daher deutlich von der in westlichen M�rkten. So habe nach Angaben von Emarketer das Portal Tencent, welches den IM-Markt mit seinem Programm QQ (mit ICQ in Deutschland vergleichbar) beherrscht, lediglich 13 Prozent seiner Ums�tze 2007 durch Onlinewerbung erzielt. Wesentlich h�here Anteile kamen von den 18 Millionen zahlenden Abonnenten und 10 Millionen Nutzern von Mobilangeboten. Das Portal Sohu gibt f�r 2007 einen Anstieg der Werbeums�tze von lediglich 36 Prozent gegen�ber dem Vorjahr an, der Gesamtumsatz konnte dagegen um 156 Prozent gesteigert werden und Einahmen aus Onlinespieleangeboten wuchsen sogar um 240 Prozent.
Ein gro�er Markt d�rften Online-Service f�r Mobiltelefonnutzer sein. In der Volksrepublik leben 601 Millionen Handybesitzer - mehr als in den USA, Japan, Deutschland und Gro�britannien zusammengenommen (Stand: Juni 2008). �ber die H�lfte der Nutzer erwerben f�r ihre Telefone regelm��ig Zus�tze wie Klingelt�ne, Bilder oder Witze auf Internetportalen wie KongZhong.com und Tom Online. Ende 2007 waren in China 55,6 Millionen Ger�te zum mobilen Internetsurfen im Umlauf, davon 43,3 Millionen Handys. Im Februar 2008 wurde vom Internethandelsportal Alibaba eine Wap-Plattform f�r das mobile Onlineshopping gestartet. Auch Joyo.com hat einen mobilen Shoppingservice gestartet.
Viele Chinesen trauen jedoch dem Onlinehandel nicht. Ein gro�er Teil der eCommerce Transaktionen wird weiterhin �ber Cash gegen Lieferung abgewickelt. Nach eigenen Angaben suchen etwa 40 Prozent der K�ufer �ber die Plattform Eachnet.com einen Verk�ufer in ihrer Heimatregion, um die Waren pers�nlich entgegenzunehmen. Dieses Ph�nomen ist zum einen kulturellen Vorbehalten geschuldet. Die Kundenvertrauen Angeboten, die sie nicht in Augenschein nehmen konnten und Verk�ufern die sie nie gesehen haben, nicht.
Daneben ist die geringe Verbreitung und Nutzung von Kreditkarten in China f�r die Zur�ckhaltung verantwortlich. Noch werden Kreditkarten von den regionalen Banken mit wenig Koordination ausgegeben und sind nicht sehr verbreitet. Aber die Rate steigt rasant. Die Bank of China gibt f�r M�rz 2008 �ber 104 Millionen Kreditkarten im Umlauf an, was einer Verdoppelung gegen�ber dem Vorjahr entspricht. Die Prognose von 250 Millionen Karten f�r 2013 durch China Market Research Group (CMR) erscheint daher nicht unangemessen. Gerade j�ngere Chinesen haben wenige Vorbehalte gegen�ber dem Einkauf im Netz auf Kredit.
Um die Kauffreudigkeit der Konsumenten zu f�rdern, haben Internetunternehmen mit der Entwicklung und Einf�hrung eigener Zahlungssysteme reagiert. Gerade das von Alibaba eingef�hrte Alipay lie� seine Shoppingseite Taobao.com das konkurrierende Tochterportal von Ebay, eachnet.com, �berfl�geln. Inzwischen nutzen auch Joyo.cn (Tochter von Amazon) und 10 der 15 gr��ten chinesischen Onlinespieleanbieter das Zahlungssystem. Dell China und Dangdang k�ndigten eine baldige Akzeptanz an. Alipay hat nach eigenen Angaben 80 Millionen registrierte Nutzer, ein Anstieg um 60 Prozent in den ersten f�nf Monaten 2008. Die Inanspruchnahme ist f�r den Kunden kostenfrei.
Zuletzt standen auf Grund der schlechten Lieferwege viele Kunden dem Onlineshopping ablehnend gegen�ber. Daher wird der Verbesserung der Logistikinfrastruktur in China vom China Logistics Information Standardization Committee (CLISC) eine hoher Stellenwert f�r die weitere Entwicklung des eCommerce beigemessen. Bislang wohnen rund 80 Prozent der Online-Kunden in gr��eren St�dten.
Dangdang.com, h�ufig als das chinesische "Amazon" bezeichnet, hat f�r diese Probleme eine elegante L�sung gefunden: in ausgew�hlten St�dten bringt ein Fahrradkurier das bestellte Buch gegen Barzahlung nach Hause.
�hnlich agiert auch die Versandseite Joyo.com. Beide Portale haben einheitliche Lieferbedingungen und �bernehmen den Versand. In rund 360 chinesischen St�dten bieten die Seiten inzwischen Cash-on-delivery-Lieferung an (COD), in anderen Gebieten kommt der Versand per Post zum Einsatz. Taobao.com und Eachnet.com dagegen �berlassen es den Vertragsparteien die �bermittelung der Waren zu organisieren. Dabei muss die individuelle Struktur in Betracht gezogen werden: die ersteren beiden Seiten erhalten wenige Bestellungen und sind B2C-Seiten, die letzteren dagegen sind C2C-Plattformen mit einer wesentlich gr��eren Nutzerbasis.