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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  vom 1. Oktober 2008

Thailand - Wirtschaft fordert schnelles Ende der politischen Krise

Von Alexander Hirschle, bfai-Korrespondent in Bangkok.

Die Auswirkungen der momentan in Thailand vorherrschenden politischen Unsicherheiten auf die wirtschaftlichen Aktivit�ten sind noch nicht genau absehbar. Klar scheint, dass die Effekte je nach Branche unterschiedlich sind. W�hrend einige Unternehmensvertreter nur sehr geringe Folgewirkungen ausmachen, gehen andere Beobachter von einer st�rkeren Beeintr�chtigung des Investitions- und Konjunkturklimas aus. Alle Experten sind sich jedoch einig, dass mit einem l�ngeren Andauern der Krise in Thailand auch die �konomischen Sch�den zunehmen werden.
Um eine weitere Zuspitzung der Situation zu verhindern, forderte der Verband "Federation of Thai Capital Market Organisation" die Aufhebung des Anfang September ausgerufenen Ausnahmezustandes f�r Bangkok, da dieser das Vertrauen der Investoren, Konsumenten und Unternehmen unterminiere (Anm. der Red.: Am 14. Sep. 08 wurde der Ausnahmezustand wieder aufgehoben). Wirtschaftsprofessoren von renommierten Universit�ten sprechen sich ebenfalls f�r einen sehr baldigen Kompromiss auf politischer Ebene aus. Ins gleiche Horn blasen auch die Vertreter der internationalen Handelskammern. Zwar h�tten sich die Kapriolen der vergangenen Tage noch relativ wenig auf die Produktion der ausl�ndischen Unternehmen in Thailand ausgewirkt, doch bei einer l�nger andauernden politischen H�ngepartie w�rde es immer schwerer, neue Engagements ins Land zu holen - so die Stimmen aus den Reihen der Industrievertreter.
Auf der anderen Seite werden Unternehmen, die sich nach einem langem Prozess f�r Thailand als Standort entschieden haben, jetzt auch keine Kurzschlussreaktionen t�tigen. Es wurde bisher auch noch keine Investitionsentscheidung aufgrund der aktuellen Geschehnisse zur�ckgenommen, denn die mittel- und langfristigen Standortvorteile des Landes wie unter anderem niedriges Lohnniveau, starke industrielle Basis oder g�nstige geographische Lage bleiben auch weiterhin bestehen. Toyota beispielsweise lie� bereits in der lokalen Presse verlauten, dass die politischen Unruhen keinerlei Auswirkungen auf die Investitionspl�ne h�tten.
Auch die Weltbank zeigte sich der Auffassung, dass Investoren in Thailand eher die Langfristperspektive im Auge behalten sollten. Die L�nderexpertin Kirida Bhaopichitr geht in der Tageszeitung "Bangkok Post" davon aus, dasses sich bei der Eskalation der politischen Lage Anfang September um eine kurzfristige Angelegenheit handelt. Sie meint nicht, dass sich die politische Richtung des Landes in starkem Ma�e �ndern wird. Allerdings k�nnten bei einem Regierungswechsel andere Akzente gesetzt werden. Viel wichtiger sei aber, dass die Rahmenbedingungen f�r Investoren stabiler und konsistenter ausgestaltet w�rden, wie etwa die Verringerung b�rokratischer Hemmnisse oder eine Verbesserung der Arbeitsgesetzgebung.
Bei den t�glichen Gesch�ften sehen Vertreter deutscher Firmen noch wenig Auswirkungen. In den Sektoren, in denen Firmen aus Deutschland traditionell eine starke Lieferposition haben wie Kfz und -teile, Maschinenbau, Medizintechnik und Chemie, basiert das Gesch�ft meist auf mittel- oder langfristigen Liefervertr�gen. Sollte sich die kritische Lage jedoch noch l�nger hinausziehen oder sogar eskalieren, k�nnte dies die Auftragslage aber durchaus negativ beeinflussen - so die Stimmen von Unternehmern im bfai-Gespr�ch.
Nach Sch�tzungen der University of Thai Chamber of Commerce kostete die Krise der vergangenen Tage �bergreifend bereits 12 Milliarden Baht (rund 232 Mrd. Euro; 1 Euro = 51,80 Baht, 3-Monatsmittelkurs). Allein die streikbedingte dreit�gige Schlie�ung des Hafens in Bangkok schlug bei den im Au�enhandel t�tigen Firmen nach Angaben des Logistikverbandes "Land Transport Federation of Thailand" mit bis zu 1 Milliarden Baht negativ zu Buche. Die Summe setzt sich in erster Linie zusammen aus zus�tzlichen Ausgaben f�r Benzin und den Lkw-Transport der Waren vom Hafen Klong Toey in Bangkok, von wo aus die Produkte normalerweise zum 120 Kilometer entfernt angesiedelten Laem Chabang Port in Chon Buri verschifft werden.
Bei den Eisenbahnverbindungen gestaltet sich die Lage noch komplizierter, da die Streiks vor allem im S�den Thailands noch immer anhalten. Nach Angaben des Industrieverbandes Federation of Thai Industries (FTI) sind von den Ausf�llen in erster Linie Exporteure von Gummi und Palm�l betroffen, die ihre G�ter auf die Stra�e oder Schiffe umladen und f�r die dabei entstehenden Zusatzkosten aufkommen
m�ssen. Auf der anderen Seite zeichnet der Schienenverkehr nur f�r etwa 2 Prozent des G�tertransports in S�dthailand verantwortlich, so dass sich die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft in Grenzen halten.
Stark betroffen ist hingegen die Tourismusbranche, die f�r rund 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich zeichnet. Bis zum 8. September 2008 diesen Jahres hatten Pressemeldungen zufolge mehr als 20 L�nder Reisewarnungen f�r Thailand ausgesprochen. Die Ank�nfte ausl�ndischer Besucher am internationalen Flughafen von Bangkok sanken in den ersten Septembertagen um bis zu 30 Prozent. Die zust�ndige Beh�rde Tourism Authority of Thailand (TAT) unterbreitete dies bez�glich drei Szenarien. Bei Eintreffen des "Worst-Case-Scenario", das von einer Fortsetzung der Unruhen bis ins vierte Quartal 2008 ausgeht, w�rden dem Fremdenverkehr Einnahmen im Gesamtwert von 32 Milliarden Baht entgehen, entsprechend 5 Prozent des gesamten Jahresumsatzes der Branchenfirmen.
Vor allem kleine und mittelst�ndische Firmen wie Pensionen, kleinere Herbergen oder Reiseagenturen d�rften darunter leiden. Auf der anderen Seite m�ssen auch die Giganten der Branche herbe Verluste einstecken. So meldete das ber�hmteste Hotel des Landes, das "Oriental" f�r die kommenden zwei Monate eine Belegungsrate von nur 50 Prozent. Eigentlich hatte die Gesch�ftsf�hrung mit etwa 70 Prozent Auslastung f�r diesen Zeitraum kalkuliert und bezifferte die Verluste auf 120 Millionen Baht.
Auch das Four Seasons in Bangkok geht von einem starken Einbruch der Einnahmen im September aus,
das Wachstumsziel von 5 bis 7 Prozent im Gesamtjahr wird nur noch schwer zu realisieren sein - so General Manager Rainer Stampfer gegen�ber lokalen Medien. Um das angeschlagene Image Thailands als Reiseland wieder aufzupolieren, will die Tourismusbeh�rde 25 Millionen Baht in Marketingma�nahen investieren. So sind unter anderem Roadshows in acht St�dten der Region sowie die Teilnahme an 13 internationalen Tourismusmessen vorgesehen.
Noch wenig beeindruckt zeigt sich der Bau- und Immobliensektor. Die lokalen "H�uslebauer"
werden nach Einsch�tzung der Government Housing Bank weiter investieren, da die Kreditraten immer noch sehr g�nstig sind und die in diesem Feld t�tigen Finanzinstitute attraktive Konditionen und Programme bieten k�nnten. Auch die Auswirkungen auf gewerbliche Bauvorhaben sollen nach Sch�tzungenvon Branchenfirmen wie dem Projektentwickler Hemaraj Land and Development Plc. relativ gering bleiben. Auf der anderen Seite gibt es Bef�rchtungen, dass sich durch die politischen Unsicherheiten das milliardenschwere staatliche Investitionsprogramm zum Ausbau der Infrastruktur verz�gert und die entsprechenden Auftr�ge erst sp�ter vergeben werden.
Die B�rse in Bangkok SET (Stock Exchange of Thailand) zeigte sich seit Jahresbeginn um rund mehr als 20 Prozent r�ckl�ufig. Die Marktkapitalisierung der dort gelisteten Unternehmen sank um 1.500 Milliarden Baht. Der Durchschnittsumsatz der t�glich gehandelten Aktien fiel im selben Zeitraum noch st�rker, von 18 auf 10 Milliarden Baht. Zwei Unternehmen haben ihren bevorstehenden Gang an die B�rse Anfang September zun�chst aufgeschoben. Internationale Kreditinstitute raten ihren Kunden angesichts der Ereignisse in Bangkok vom Kauf thail�ndischer Aktien ab.