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Datum: 2022-12-31 Asien Kurier vom 1. November 2008 Myanmar - Hei�es Pflaster f�r Investitionen Von Ralph Rieth in Bangkok.
Gespr�ch mit Horst Rudolf �ber die Wirtschaftsaussichten in Myanmar, Roh�l und Gas, sowie das Engagement von China und Indien.
Von Ralph Rieth in Bangkok Asien Kurier: Herr Rudolf, Sie sind unseren Lesern bereits als Wirtschafts- und Politik-Analyst in Asien bekannt. Woher kommt Ihr pl�tzliches Interesse an Myanmar oder Burma, wie es auch genannt wird? Horst Rudolf: Mein Interesse an Myanmar ist keineswegs neu, im Gegenteil. Ich war von 1998 bis 2001 als St�ndiger Vertreter des Botschafters an der deutschen Botschaft in Yangon t�tig und vor allem auch f�r Wirtschaftsfragen zust�ndig. Nach meiner Entscheidung, das angenehme Leben eines Diplomaten gegen die Herausforderungen der freien Wirtschaft einzutauschen, wollte ich urspr�nglich sogar eine Firma f�r IT-Software in Yangon gr�nden, aber das erwies sich als �u�erst schwierig. Asien Kurier: Aufgrund der politischen Lage? Horst Rudolf: Nein, nur indirekt. Vor allem fehlten damals die technisch notwendige Grundlagen, ein stabiler Zugang zum Internet und eine verl�ssliche Stromversorgung. Wenn Sie Kunden in Europa haben, wollen die nicht drei Tage auf eine Antwort-Email warten. Asien Kurier: Und das hat sich jetzt verbessert? Horst Rudolf: Teilweise, die Stromversorgung ist immer noch instabil, aber es gibt verschiedene Zug�nge zum Internet. Zwar gab es kurzfristige Unterbrechungen auch anl�sslich von Unruhen, doch scheint die Regierung sehr schnell verstanden zu haben, dass man sich und vor allem der eigenen Wirtschaft das Wasser abgr�bt, wenn man das Netz nicht nur �berwacht, sondern ganz abschaltet. Jetzt gelten �hnliche Spielregeln, wie in China - Business ja, Politik nein. Asien Kurier: Die Milit�rs in der neuen Hauptstadt Naypyidaw gelten doch weithin als undurchsichtig. Kann man tats�chlich von einer gewissen Verl�sslichkeit sprechen? Horst Rudolf: Erstaunlicherweise sind die Gener�le in ihren Handlungen durchaus transparent und konsistent - wenn auch nicht immer nach westlicher Logik oder unserem Geschmack. Doch haben Sie jemals geh�rt, dass die Pipeline, deren Gas einen wichtigen Teil von Thailand, einschlie�lich Bangkok, versorgt, auch nur eine Minute aus politischen Gr�nden abgeschaltet wurde? - da herrschen in Europa viel schlimmere Zust�nde. Asien Kurier: Trotzdem hat Myanmar einen sehr schlechten Ruf, insbesondere bei Menschenrechtlern, aber auch bei unseren Lesern, den Gesch�ftsleuten und Investoren. Horst Rudolf: Leider zurecht; denn beispielsweise im Gegensatz zu Thailand gilt das Land als ethnisch zersplittert, neben den Burmesen gibt es viele andere Gruppeh, wie die Shan, Karen, Rohingyas, Chin, Mon und anderen. Daher auch der Versuch der Regierung, durch die Wahl eines neuen Namens wie "Myanmar" die Dominanz der burmesischen Volksgruppe f�r die anderen etwas leichter verdaulich zu machen. Dass im S�den Thailands fast t�glich Bomben hochgehen, wird weithin ignoriert, denn in diesen Gebieten investieren nur wenige Ausl�nder. In Myanmar ist die Situation �hnlich; da gibt es einige Regionen, die man besser nicht bereist. Die schlechte Lage bei den Menschenrechten wird immer wieder mit der ethnischen Vielfalt erkl�rt - die Gener�le f�hlen sich immer noch im Krieg und k�mpfen gegen echte Aufst�ndische ebenso �berzeugt wie gegen vermeintliche innere Feinde. Was ihnen anscheinend nicht klar ist: vor dreihundert Jahren sah es in der Schweiz auch nicht anders. Doch mit dem wirtschaftlichen Wohlstand h�rt bei den eidgen�ssischen �St�mmen� die Lust am Kampf sehr schnell auf und selbst die schlimmsten Feinde finden sich sehr schnell an den Futtertr�gen zusammen, wenn nur etwas lukratives zu holen ist. Asien Kurier: Und diese Tr�ge sollen sich in Myanmar pl�tzlich f�llen? Horst Rudolf: Hoffentlich, wenn auch nicht kurzfristig! Denn noch nie gab es in diesem Land so viel zu holen, wie seit wenigen Jahren. Dass das alte Burma reich war, wussten auch die englischen Invasoren im vergangenen Jahrhundert. Vor 60 Jahren war das Land weltweit gr��ter Reisexporteur, und wer mit der Lufthansa nach Bangkok wollte, musste erstmal in Rangun (heute Yangon) zwischenlanden - heute ist es umgekehrt. Wer in Hongkong etwas auf sich hielt, schickte damals seine S�hne auf Universit�ten in Burma � auch das l�uft derzeit in umgekehrter Richtung. Im Gegensatz zu Thailand verlief eben alles anders. Dort gab es keine Kolonisatoren, die den Opiumhandel als Mittel der politischen Manipulation f�rderten, man hatte einen K�nig, der das Land eint und f�rdert, die Oberschicht nimmt nur ihren Anteil, doch niemand kassiert gleich den Gro�teil der Staatsfinanzen. Myanmar ging eher den Weg der DDR, man erfand Ideologien, ein Staatsmonopol-kapitalistisches Wirtschaftssystem und hatte dann auch noch einen Diktator, der eher seinem Astrologen als Fachleuten traute. Asien Kurier: Nochmals: was hat sich denn dann ge�ndert? Horst Rudolf: Vordergr�ndig wenig, denn das derzeitige System ist praktisch der Ausl�ufer des alten. Doch dahinter hat sich viel gedreht, auch wenn die Auswirkungen bisher kaum sichtbar sind. Zum ersten gibt es keine Ideologie mehr, abgesehen von der staatlichen Priorit�t, das Land nicht auseinanderfallen zu lassen. L�ngst wurde auf dem Papier die Marktwirtschaft deklariert, eine Menge wirtschaftsfreundlicher Gesetze erlassen und bereits seit den 90er Jahren massiv mit ausl�ndischen Investitionen gearbeitet. Asien Kurier: Und trotzdem funktioniert die Wirtschaft immer noch nicht, es geht doch weiter bergab! Asien Kurier: Ja, weil die Gener�le - selbst wenn man alle Augen zudr�ckt - meinen, dass man Wirtschaftswachstum befehlen kann, ausl�ndischen Beratern nicht �ber den Weg trauen und sich derart bedroht sehen, dass sie sich rundherum absichern - und nat�rlich auch ungern irgendjemanden Gesch�fte machen lassen, dem sie nicht hundertprozentig vertrauen - beispielsweise den eigenen Familienangeh�rigen. Dies sind nat�rlich erhebliche Hindernisse auf dem Weg zur Marktwirtschaft, denn bisher haben die Gener�le vor allem den Mangel verwaltet und sich abgesichert, nun entdecken sie pl�tzlich ganz andere M�glichkeiten, alle Interessen vielleicht doch noch unter einen Hut zu bringen. Asien Kurier: Wunschdenken der Gener�le oder Realit�t? Diesmal Realit�t, zumindest, was die Chancen angeht. Es begann mit der Entdeckung m�chtiger Gasfelder s�dlich von Yangon im Meer. Nun flie�en die Devisen aus Thailand rund um die Uhr. Doch das war nur der Anfang. Man fand nicht nur neue Felder, die nun mit Milliarden-Investitionen, unter anderem von der thail�ndischen PTT, erschlossen werden, auch im Norden, an der Grenze zu Bangladesch, ist das Meer voller Gas-Blasen, von denen bereits 170 Milliarden m3 (6.000 Mrd. Kubikfu�) nachgewiesen sind. Auch im Inland gibt es mehr � bisher kleinere � �l- und Gasfelder, als allgemein bekannt ist. Kein Wunder, dass bereits die Chinesen auf dem Festland, dann aber auch die Inder bei den neuentdeckten Offshore-Gasfeldern einstiegen, um diese f�r ihr energiearmes Umland von Kalkutta zu erschlie�en. Doch wieder einmal zeigte sich, dass Wirtschaftsdiktaturen effizienter sind als gestandene Demokratien: kaum war klar, dass hier ein enormes Potential vergraben lag, stritten sich das demokratische Indien und Bangladesch um die Transitrechte - bis die Chinesen zwischenzeitlich errechnet hatten, dass sich auch eine Pipeline aus diesen Feldern quer durch Myanmar ins chinesische Yunnan-Hinterland rechnen k�nnte. Und kaum waren die ersten "Memoranda of Understanding" zum ungl�ubigen Staunen der Inder und ihrer Nachbarn unterschrieben, sprang der kapitalische Phantasiefunke voll �ber: man k�nnte einen Tiefseehafen an Myanmars K�ste am Indischen Ozean ausbauen, l�sst dort die Hundertschaften an �ltankern aus dem Nahen Osten andocken und pumpt das Ganze parallel zur Gas-Pipeline nach China - durch vergleichsweise sicheres Gel�nde, und "hinter" Mandalay wird sowieso bereits der chinesische Renminbi als Handelsw�hrung benutzt. Doch es kommt noch viel besser: wenn schon f�r die Pipelines trassiert wird, k�nnen auch die alten Tr�ume einer Landverbindung vom Osten Indiens ins aufstrebende chinesische Hinterland wieder aufleben - �India goes east� - einschlie�lich der ber�hmten "Ledo-Road" der Kolonialzeit. Bisher waren diese Pl�ne politisch und vor allem �konomisch irrealistisch. Nun geht es mit Asien bergauf, ebenso wie mit den Energiepreisen. Pl�tzlich wird aus risikoreichen Tr�umen - sehr wahrscheinlich - Realit�t. Denn entlang der neuen Trasse wird man nat�rlich Raffinerien bauen, Chemiekombinate, D�ngemittel-Fabriken etc. Und sollten sich die Planspiele weiter rechnen, kann China auch sein St�ckgut in wenigen Jahren auf die Schiene/Strasse verfrachten - das rechnet sich, angesichts einer Einsparung von fast 3000 km Transportstrecken. Denn die begehrten G�ter m�ssen ja derzeit nicht nur im S�den durch die piraten-verseuchte Meerenge von Malakka und dann wieder nach Norden geschifft werden, von dort geht es ja wieder auf dem Landweg �zur�ck� ins chinesische Hinterland, ein riesiger Umweg. Asien Kurier: Gibt es da nicht inzwischen Konkurrenz-Projekte, die die perfekte Kalkulation st�ren? Horst Rudolf: Das geniale an diesem Vorhaben ist, dass es kaum mit den gleichzeitig laufenden beziehungsweise angedachten Projekten im S�den kollidiert, denn sowohl ein - v�llig spekulativer - thail�ndischer �Isthmus-Kanal� wie auch das mehr oder weniger angelaufene Vorhaben einer �Trans-Malaysia-Pipeline� sind dazu gedacht, einen anderen Wirtschaftsraum zu beliefern, als das Myanmar-Projekt. Diese sogenannte �S�dschiene� k�me vor allem Lieferungen im Pazifischen Ozean, bis hinauf nach Japan zugute. Zudem steht das Malaysia-Projekt auf eher schwachen wirtschaftlichen F��en. Die Thail�nder wiederum sind erneut mit ihrer Innenpolitik blockiert und schieben alle �Mega-Projekte� auf die lange Bank. Auch kritische Finanziers, die sich bisher an den zuletzt genannten Vorhaben gerieben haben, k�nnten die Infrastruktur-Investitionen der Regierung von Myanmar pl�tzlich als relativ sichere Bank einstufen. Dass auch dies kein Zweckoptimismus ist, zeigen die hektische Besuchsaktivit�ten der vergangenen Wochen. Kaum waren die Sch�den des Wirbelsturms �Nargis� auch nur teilweise bereinigt, gaben sich Besucher von S�dkorea �ber China, Vietnam und Thailand, aber vor allem der Premierminister von Kuweit, Scheich Nasser Al-Mohammed Al-Ahmed Al-Jaber Al-Sabah, die Klinken in die Hand. Die Herren im wei�en Talar verschwenden in der Regel ihre Zeit nicht mit L�ndern, mit denen keine Gesch�fte zu machen sind. Folgerichtig bereiste der myanmarische Au�enminister nicht nur � und erstaunlich lange � die Golfregion, sondern wurde erst im September auch im �l-K�nigreich Brunei Darussalam sogar vom K�nig, Sultan Haji Hassanal Bolkiah Mu'izzaddin Waddaula empfangen. Warum diese Aufz�hlung? Weil sie zeigt, dass der politische Beliebtheitsgrad eines Landes nicht mit seiner wirtschaftlichen Potenz gleichzusetzen ist. Asien Kurier: Hei�t das, Sie nennen Myanmar in einem Atemzug mit den �lstaaten dieser Welt? Horst Rudolf: Ja, und zwar in wenigen Jahren. Die einzige Bedingung ist, das die Weltwirtschaft nicht zusammenbricht � was aber alle L�nder betrifft � und die Nachfrage nach Prim�renergie anh�lt. Vor allem hat Myanmar nicht nur viel Gas, �l und andere Bodensch�tze, sondern sie sitzen auch auf den gr��ten Wasserreserven, den bedeutensten Staudammprojekten S�dostasiens � doch dazu ein anderes Mal. Sprichw�rtlich bleibt auch den Indern jetzt nichts �brig, als auf diesen "Zug" aufzuspringen und mit einer nord�stlichen Zubringerverbindung die neue West-Ost-Achse zu bereichern. Dass auch dies keine hohlen Ideen mehr sind, zeigen die fortgeschrittenen indischen Pl�ne zum Ausbau des Hafens von Sittwe an der Westk�ste Myanmars f�r satte 100 Millionen US-Dollar - quasi in Sichtweite der Pipelines. An diesen wiederum wird - guten Quellen zufolge - bereits von ersten chinesisch-burmesischen Bautrupps gebaggert. Asien Kurier: Bleibt da nicht doch ein politisches Risiko, sogenannte �demokratische" Wahlen 2010? Horst Rudolf: Auch dieses Risiko ist beschr�nkt � doch erstaunlicherweise nicht, weil irgend jemand den Machthabern vertraut, sondern weil man davon ausgehen kann, dass China angesichts massiver Interessen in Myanmar und t�glich steigender Investitionen in Milliardenh�he gar keinen Zusammenbruch des Landes riskieren kann. Nebenbei: auch Indien hat daran keinerlei Interesse. Asien Kurier: Was empfehlen Sie dann deutschen Gesch�ftsleuten und vor allem Investoren? Horst Rudolf: Da gibt es einiges � gerade haben wir auf die vierte erfolgreiche Ernte eines deutschen Weinproduzenten im Hochland Myanmars angesto�en. Doch angesichts der komplexen Situation im Land passt dies nicht mehr in den Rahmen dieses Gespr�chs � doch die Fortsetzung folgt. Zum Trost, auch in China waren deutsche Investoren nicht die schnellsten. Nun sind sie umso erfolgreicher dabei, und Myanmar ist heute gerade erst am Aufwachen. Horst Rudolf, Jahrgang 1948, Diplom-Volkswirt (Frankfurt/Genf), sammelte einige Jahre Erfahrungen im Industrie- und Bankensektor in Deutschland und Frankreich, bevor er seine erste Position als Entwicklungsberater in Westafrika �bernahm. Zu den damaligen Herausforderungen geh�rte unter anderem der Aufbau der "West African Development Bank". 1979 trat er in den diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unterschiedliche Funktionen in der Bonner Zentrale und bei Auslandseins�tzen in S�damerika, Afrika und S�dosteuropa wahrnahm. So war er in Bonn Pressesprecher, politischer Referent und in der Leitung des Bereiches Kommunikation und Informationstechnologie t�tig, in Afrika arbeitete er als Gesch�ftstr�ger und zuletzt als Botschafter in Gabun - einem Erd�l-F�rderland am �quator. Von 1998 bis 2001 war Herr Rudolf als St�ndiger Vertreter des Botschafters an der diplomatischen Vertretung in Yangon, Myanmar, auf Posten, wo er sich vor allem mit der schwierigen Wirtschaftslage und der Unterst�tzung deutscher Gesch�ftsinteressen besch�ftigte. Statt als Diplomat nach Berlin zur�ckzukehren, zog er es vor, die Chancen der aufstrebenden asiatischen Region zu nutzen und arbeitet seither als regionaler Analyst und Wirtschaftsberater, �berwiegend von Bangkok aus. |
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