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Datum: 2023-09-13

Asien Kurier  1/2008 vom 1. Januar 2008

Buchbesprechung - Demokratie in Asien

Von Daniel M�ller in Berlin.

Asien Kurier. Bei den periodisch in Vorstandsetagen vorgenommenen Abw�gungen �ber die Vorz�ge einzelner Produktionsstandorte spielt die Stabilit�t des jeweiligen politischen Umfelds keine unwesentliche Rolle. Rechtssicherheit, eine niedrige Kriminalit�tsrate sowie eine intakte markwirtschaftliche Ordnung geh�ren dabei sicher zu den Pluspunkten.
Diese Errungenschaften d�rften sich zuvorderst in demokratischen Systemen einer besonderen Wertsch�tzung erfreuen. Wie aber steht es um die Demokratie in Asien, dem bevorzugten Erdteil f�r Produktionsverlagerungen? Immerhin hat der �Wind of Change� seit dem Jahr 1990 die dortigen politischen Verh�ltnisse geh�rig durcheinander gewirbelt, hat es fl�chendeckend � von Kathmandu �ber Phnom Penh bis Dili � signifikante demokratische Transformationsprozesse gegeben.

Betr�chtliche Zweifel bestehen indes bei der Frage, wie tiefgehend und wie nachhaltig dieser Trend ist. Sind die Begriffe Staat und Demokratie �berhaupt auf Asien �bertragbar? Vielleicht gebietet der asiatische Pragmatismus ja eine eigene Form von �Gutem Regieren�. Den Versuch einer Antwort auf diesen Themenkomplex gibt nun ein Sammelband, der die Ergebnisse der �Weingartener Asiengespr�che� aus dem Jahr 2005 zusammenfasst.

Im programmatischen Einf�hrungskapitel wird zun�chst ein plausibler Kompass entwickelt: Zwar seien Staat und Demokratie Ordnungsprinzipien, die im engen Zusammenhang mit einer spezifischen westlichen Geschichte stehen und Traditionslinien markieren, die den asiatischen Staaten weitgehend fehlen. Andererseits habe die Globalisierung westliche Vorstellungen partiell universalisiert. Diese bilden mithin einen formativen Referenzpunkt � auch f�r Asien. Von Colombo bis Tokio wird Politik real in den besagten Kategorien gedacht und praktiziert. Mehr noch: Modernisierungskalk�le f�hren dort sukzessive zu einer technokratischen Einf�rbung der Politik und damit zu einer anwachsenden Professionalisierung.

Jedoch: Der Durchbruch zur Demokratie westlicher Provenienz wird deshalb keineswegs zu einer blo�en Frage der Zeit. Vielmehr ist ein je verschiedenartiger �kultureller Rest� in Rechnung zu stellen, der sich auf die Art der Entscheidungsfindung, Vorstellungen von sozialer Balance oder auf das Spannungsverh�ltnis zwischen Gruppe und Individuum beziehen kann. Eben die Existenz derartiger �unique pattern� l�sst f�r die Autoren maximal die Perspektive eines �liberalen Konstitutionalismus� als realistisch erscheinen, bei dem zumindest Transparenz und Berechenbarkeit gew�hrleistet werden.

Diese Einsch�tzungen werden in diversen Fallstudien belegt: Als konsolidierte Demokratien k�nnen lediglich Japan und Indien gelten. Auch bei �konomischem Fortschritt stellt sich politische Offenheit, wie die F�lle Malaysia und Singapur belegen, nicht zwangsl�ufig ein. In Thailand und auf den Philippinen gibt es zwar ermutigende Entwicklungen; Regressionen bleiben aber jederzeit m�glich. Kaum demokratische Tendenzen gibt es hingegen in Brunei und in Indonesien � von den kommunistischen L�ndern VR China, Vietnam, Laos und Nordkorea ganz zu schweigen. Einzig S�dkorea und Taiwan k�nnen als aussichtsreiche Demokratie-Kandidaten gelten. Gleichwohl sind partizipative Tendenzen asienweit un�bersehbar. Am Ende eines langen, widerspr�chlichen Prozesses k�nnte daher � so die Botschaft der Autoren � eine asiatische Demokratie stehen, die sich durch eine Verschmelzung kultureller Eigenheiten und westlich-liberaler Ideen kennzeichnet.



J�rn Dosch / Manfred Mols / Rainer �hlschl�ger (Hrsg.)
Staat und Demokratie in Asien.
Zur politischen Transformation einer Weltregion
LIT Verlag, Berlin 2007, 216 Seiten
ISBN: 978-3-8258-8797-1, 19,90 Euro