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Datum: 2023-09-13

Asien Kurier  5/2008 vom 1. Mai 2008

Buchbesprechung - Mit Ganesha im Bunde

Von Daniel M�ller in Berlin.

Wohl kein anderes asiatisches Land setzt derart schillernde Assoziationen frei wie Indien. Verwirrender noch als die �ppigen Bilder von farbges�ttigten Landschaften, ornamentverzierten Bauwerken und exotisch gekleideten Menschen sind indes die kulturellen Verhaltensweisen: Traditionen, Br�uche und Riten nehmen im Leben der Inder einen Status ein, der f�r den westlich sozialisierten Menschen nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist.
Dass diese kulturell-religi�sen Eigenheiten auch im Businessleben eine nicht unerhebliche Pr�gekraft entfalten, d�rfte einigerma�en einleuchten. Aus diesem Umstand ergibt sich die unabweisbare Konklusion, dass ohne eine wenigstens tendenzielle Akzeptanz der besagten Besonderheiten ein wirtschaftlicher Erfolg in Indien nur schwerlich zu erzielen sein d�rfte.
Bewusstsein f�r diese Spezifika zu schaffen � das ist die erkl�rte Intention des von Cosima Klinger-Paul verfassten �Business-Guide Indien�. Und dieses Anliegen ist f�r sie nicht nur eine blo�e merkantile Notwendigkeit, sondern un�bersehbar auch ein Herzensanliegen: Mit gro�er Empathie f�r Land und Leute versucht sie dem Leser das indische Denken ein St�ck weit n�her zu bringen, und dabei den Bogen zu Verhaltensempfehlungen im Gesch�ftsalltag zu schlagen. Zupass kommt ihr dabei ihr famili�rer Hintergrund (sie ist mit einem Inder verheiratet) sowie die Tatsache, dass sie �ber reichhaltige pers�nliche gesch�ftliche Landeserfahrungen verf�gt.
Der Schwerpunkt des Buches liegt dabei nach Auskunft der Autorin weniger auf dem Was, sondern auf dem Wie, womit gemeint ist, dass Kenntnisse �ber Einfuhrbestimmungen, Einwohnerzahlen und arbeitsrechtliche Verordnungen etc. zwar essenziell sind, f�r sich genommen aber noch lange keinen Markterfolg garantieren. Zumal die kursierenden Kennziffern stets mit einiger Vorsicht zu genie�en sind. Entscheidend ist es nach ihrem Daf�rhalten vielmehr ein Gesp�r f�r den indian way zu entwickeln, was nur dadurch zu erreichen sei, dass man die kulturelle Brille abnimmt, versucht, manifeste Vorurteile � arm, hei�, gef�hrlich � hintanzustellen und mit offenen Augen und Ohren auf Entdeckungsreise geht. Dies ist zwar zeitintensiv und teuer, aber allemal billiger als ein Fehlinvestment infolge idealisierter Annahmen und Prognosen.
Auf diese Weise sei es einerseits m�glich, eine Vorstellung �ber produktbezogene Vorlieben der Inder aufzubauen und andererseits lassen sich spezifische soziale Interaktionsmuster kennen lernen, die auch in Gesch�ftsbeziehungen ihren Niederschlag finden. Die wichtigste Lektion d�rfte dabei die Formel �Beziehungen gehen vor Strukturen� sein. Networking ist das Lebenselixier der indischen Wirtschaft, was dem Investor eine sorgf�ltige Pflege der stark emotionalisierten Befindlichkeiten potenzieller Gesch�ftspartner abverlangt. Unbedingt respektiert werden sollten in jedem Fall alle Formen von glaubensbasierten Traditionen und seien sie wie das Kastensystem aus europ�ischer Perspektive auch noch so vormodern. Fernerhin gilt es auch, bestimmte Bewertungsma�st�be ins Kalk�l zu ziehen wie beispielsweise, dass Freundlichkeit immer als Schw�che gewertet wird oder dass L�gen als durchaus angemessene Ausredeform gelten.
Werden alle im Buch angesprochenen Punkte hinreichend beherzigt, dann wird auch der Elefantengott Ganesha als Schutzpatron aller Gewerbetreibenden seinen sch�tzenden R�ssel �ber den Indien-Aspiranten legen.

Cosima Klinger-Paul, Business-Guide Indien. Ohne Chaos keine Sch�pfung
Deutscher Wirtschaftsdienst, Wolters Kluwer Deutschland, K�ln 2006, 20,90 Euro, 126 Seiten
ISBN 978-3-87156-610-3