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Asien Kurier  7/2010 vom 1. Juli 2010
China / Luftfahrt

China - Konkurrenz f�r Airbus und Boeing

Investitionen von 200 Milliarden Renminbi in die Entwicklung eines neuen Passagierflugzeuges

Von Bernd Schaaf, Germany Trade & Invest in Shanghai

Die VR China will mit Investitionen in Höhe von 200 Milliarden Renminbi die Entwicklung eines eigenes Passagierflugzeuges vorantreiben. Die "C919" soll 2014 ihren Jungfernflug absolvieren und ab 2016 ausgeliefert werden. Da Chinas eigene Luftfahrttechnologie der westlichen Konkurrenz noch hinterherhinkt, muss das Land Ausrüstungen importieren oder Joint Ventures mit ausländischen Partnern gründen. Dies eröffnet Zulieferern Möglichkeiten, an der Entwicklung zu partizipieren.

Die VR China will bis spätestens 2016 den internationalen Platzhirschen im Passagierflugzeugbau, Boeing und Airbus, Konkurrenz machen. Beijing plant, insgesamt 200 Milliarden Renminbi Yuan zu investieren, um den globalen Ambitionen Ausdruck zu verleihen. Den Strategen schwebt vor, sich als "C" in der Reihe "ABC" (Airbus, Boeing, C919) zu etablieren.

Mit der Entwicklung eines eigenen Jets (C919) beabsichtigen die Planer, die bisherige Importabhängigkeit von ausländischen Flugzeugbauern wenn nicht zu beenden, so doch stark zu reduzieren. 2008 habe China 192 Millionen Flugpassagiere befördert, 2020 sollen es dann schon 700 Millionen sein, heißt es in einer Analyse de Luftfahrtkonglomerats "China Aviation Industry Corporation"(AVIC). Das Unternehmen schätzt, dass der chinesische Luftverkehr bis 2028 um jährlich 8 Prozent zulegen wird; dies entspräche einer Vervierfachung des Aufkommens. Im Jahr 2028 seien dann 4.230 Flieger in der Luft. Hinzu kämen 583 Frachtflugzeuge (2009: 68 Einheiten).

Um die Kräfte zu bündeln, wurden gegen Ende 2008 die knapp zehn Jahre alten Luftfahrtkonzerne AVIC I und AVIC II in die neue AVIC integriert. Dieser Konzern kontrolliert seither alle zivilen und militärischen Luftfahrtentwicklungen des Landes. Bislang wurden in China zwei Flugzeugtypen gebaut. Zum einen ist dies die "Xian MA60", die in der Hauptstadt der Provinz Shaanxi hergestellt wird. Das propellergetriebene Flugzeug, das technisch überwiegend auf Lizenzen der ukrainischen Antonow basiert, wurde erstmals im Jahr 2000 ausgeliefert und verfügt aktuell über einen Orderbestand von etwa 160 Einheiten. Das Regionalflugzeug mit maximal 60 Sitzen verfügt über Turbopropmotoren des kanadischen Herstellers Pratt & Whitney, hat eine Reichweite von 1.450 km und wird - neben dem Einsatz in China - überwiegend in Schwellenländern Ostasiens geflogen.

Zum anderen baut die Volksrepublik den "Advanced Regional Jet" ARJ 21 als erstes strahlgetriebenes Regionalflugzeug. In den ARJ 21 wurden insgesamt 6 Milliarden Renminbi investiert. Die Maschine basiert technisch im Wesentlichen auf McDonnell-Douglas-Lizenzen, das Triebwerk stammt von General Electrics (GE). Das Flugzeug verfügt über 70 bis 110 Sitzplätze und hat eine Reichweite von bis zu 3.700 km. Der Jungfernflug des ARJ-Jets fand nach zahlreichen Verschiebungen Ende 2008 statt, die ersten Maschinen sollen im Verlauf von 2010 ausgeliefert werden. Der Orderbestand wird Mitte 2010 mit 200 angegeben, wovon alleine 25 auf GE entfallen. Diese Flieger werden von GE jedoch nur an chinesische Abnehmer geleast.

China ist bislang nicht in der Lage, wichtige Hightech-Komponenten selbst herzustellen. Daher stammt die ARJ-Technik beispielsweise von Rockwell Collins (Bordelektronik), Honeywell (Flugsteuerung), Goodrich (Beleuchtung) oder Liebherr S.A. (Fahrwerk- und Luftsysteme). Die chinesische Presse listet nahezu zwei Dutzend Zulieferer auf, die, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle aus den USA stammen.

Mit beiden Maschinen wird China wohl kaum auf dem Weltmarkt reüssieren können. Das ist Beijing offensichtlich schon seit Jahren klar. Daher will das Land ab 2016 mit der C919 erstmals einen Flugzeugtyp anbieten, der, technisch auf dem neuesten Stand, sowohl von der Reichweite als auch von der Zahl der Passagiere international konkurrenzfähig sein soll.

Die C919 wird von dem der AVIC unterstellten Konsortium "Commercial Aircraft Corporation" (COMAC) in Shanghai entwickelt und gebaut. COMAC will in Shanghai drei Zentren errichten, darunter je eines für Forschung und Entwicklung, Produktion von Komponenten sowie Montage.

Alleine die Forschungs- und Entwicklungsabteilung soll sich über eine Fläche von 800.000 m2 erstrecken und nach der Fertigstellung 2011 zwischen 3.500 und 5.000 Mitarbeiter haben. Ein Schwerpunkt gilt der Entwicklung von Flugzeugmotoren. Dafür wurde zum Jahresanfang 2010 die AVIC Commercial Aircraft Engine Co. Ltd. (ACAE) gegründet, die bis 2013 Mittel im Umfang von 3,23 Milliarden Renminbi zur Verfügung hat.

Ähnlich wie beim Airbus werden die Komponenten für den C919 aus dem ganzen Land bezogen. So kommen beispielsweise die Flügel aus Xi'an, die "Nase" aus Chengdu, und der Rumpf aus Shenyang beziehungsweise Nanchang.

Das Triebwerk, das bis zu 20 Prozent eines Flugzeugs kosten kann, wird von CFM International geliefert, einem Gemeinschaftsunternehmen zwischen GE und der französischen Safran-Gruppe. Die C919 wird mit Leap-X1C-Triebwerken ausgerüstet sein. ACAE hat gleichzeitig mit CFM vereinbart, dass sich das US-französische Joint Venture finanziell an der Montagelinie und dem Testzentrum für das Triebwerk beteiligt.

Konkurrenten wie Pratt & Whitney, Rolls Royce oder MTU Aviation Engine kamen offensichtlich nicht zum Zuge. Dafür gibt es ein Memorandum of Understanding zwischen ACAE und MTU über den gemeinsamen Aufbau einer Forschungseinrichtung für Flugzeugmotoren. Kurz vor Erteilung des Triebwerksauftrags an GE wurde bekannt, dass der US-Riese einem weiteren Joint Venture mit AVIC zugestimmt hat. Ziel ist die gemeinsame Entwicklung von Bordelektronik.

Dass es Beijing ernst ist mit der Entwicklung eines eigenen Düsenflugzeugs, zeigen die hohen Investitionen. Sie sollen sicherstellen, dass der Jet mit bis zu 190 Passagieren und einer Reichweite von 5.500 km international konkurrenzfähig sein wird. Die C919 wäre dann ein direkter Wettbewerber des A 320 von Airbus und der 737 von Boeing.

Chinas Strategie ist unter anderem, internationale Anbieter von Flugzeugtechnik zu Kooperationen und Joint Ventures zu bewegen. Dies gilt beispielsweise für Honeywell International mit Vereinbarungen über Hilfsturbinen im Umfang von 7,3 Milliarden US$ oder für Parker Aerospace über Hydrauliksysteme für 2,5 Milliarden US$.

Der Jungfernflug des C919 soll schon 2014 stattfinden, so dass die Zeit drängt. Außerdem wurde bekannt, dass AVIC plant, 2011 eine weltweite "Studienreise" durchzuführen, um weitere Zulieferer zu identifizieren. Natürlich ist dabei nicht ausgeschlossen, dass interessante Technologieführer gleich übernommen werden, wie Ende 2009 die österreichische Future Advanced Composite Components (FACC).

Adressen

Commercial Aircraft Corporation of China, Ltd. (COMAC)
25 Zhangyang Road
200122 Shanghai
Tel.: 86 21 385888 88
Fax: 86 21 385888 00
Web: www.comac.cc

AVIC Xi�an Aircraft Industry (Group) Co. Ltd.
Xifei Dadao, 1 Yanliang District
710089 Xi'an Shaanxi
Tel.: 86 29 8684 5000
Fax: 86 29 8684 6222
Web: www.xac.com.cn

Harbin Aircraft Industry (Group) Co. Ltd
15 Youxie Street, Pingfang District
150066 Harbin
Tel.: 86 451 8658 0114
Fax: 86 451 8650 2273
Web: www.hafei.com

Hongdu Aviation Industry (Group) Corporation Limited
Xinxiqiao, Qingyunpu District
330024 Nanchang, Jiangxi
Tel.: 86 791 846 8888
Fax: 86 791 846 99 99
Email: [email protected]
Web: www.hongdu.com.cn

Shanghai Aircraft Manufacturing Co., Ltd.
3115 Changzhong Road, Zhabei District
200436 Shanghai
Tel.: 86 21 6138 5703
Fax: 86 21 5668 4336
Email: [email protected]
Web: www.samc.cc