Asien Kurier  12/2009 vom 1. Dezember 2009
Hongkong

Mini-Gesundheitsreform

Kein umfassender Krankenversicherungsschutz geplant. Staatliche Hospit�ler bleiben Eckpfeiler des Systems.

Von Dr. Roland Rohde, Germany Trade & Invest in Hongkong

In Hongkongs �ffentlichen Kliniken herrschen keine Traumzust�nde. Zum Teil stehen �ber 30 Betten in einem Zimmer und bieten den Kranken kaum Gelegenheit zur Genesung. Auf der anderen Seite ist das System sowohl preiswert als auch effizient und bei lebensbedrohenden Krankheiten wird man sofort mit den besten Techniken behandelt. Seit langem wird die Regierung zu Reformen gedr�ngt, doch durchgreifende �nderungen wird es derzeit nicht geben.

Hongkong geh�rt zu den wenigen wohlhabenden Volkswirtschaften der Welt, in denen es keinen umfassenden Krankenversicherungsschutz gibt. Obwohl das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf 2008 bei rund 30.000 US$ lag, verf�gten laut Angaben des Food and Health Bureau nur 2,7 der 7 Millionen Einwohner �ber eine Krankenversicherung. Zumeist handelt es sich um eine private, durch den Arbeitgeber finanzierte Absicherung.

Die Sonderverwaltungsregion orientiert sich in ihrer Gesundheitspolitik traditionell am Vorbild des ehemaligen britischen Kolonialherren. So kann sich jeder Einwohner nahezu kostenlos in einem �ffentlichen Krankenhaus behandeln lassen. Pro Tag m�ssen selbst bei komplizierten Operationen maximal rund 15 US$ entrichtet werden. Die staatlichen Hospit�ler sind in der Regel mit den modernsten technischen Ger�ten ausgestattet. Auch die �rzte sind hoch qualifiziert, viele haben im englischsprachigen Ausland studiert.

Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. �hnlich wie in Gro�britannien gibt es lange Wartezeiten. Laut Angaben der Hospital Authority muss man beispielsweise f�r Routineeingriffe wie einer Darmspiegelung ganze zwei Jahre warten. Lediglich lebensbedrohliche Zust�nde werden sofort - und in der Regel auch hervorragend - behandelt.

Zudem erinnert die Unterbringung in einer �ffentlichen Klinik eher an Zust�nde in einem Feldlazarett. In einem Raum werden - nur durch Vorh�nge abgetrennt - mehr als 30 Patienten untergebracht. Bei 24 Stunden Licht am Tag und st�ndigem L�rm k�nnen sich die wenigsten Kranken erholen und versuchen, so schnell wie m�glich nach Hause zu kommen.

Daf�r ist das System entsprechend preiswert. Die staatlichen und privaten Gesundheitsausgaben beliefen sich 2004 (letzter verf�gbarer Wert) auf zusammen nur 5 Prozent des BIP. Das ist ein Spitzenwert, der in der Bev�lkerung jedoch auch f�r Unzufriedenheit sorgt. Sie dr�ngt schon seit Jahren auf Verbesserungen. Ende 2009 sah sich der Verwaltungschef Donald Tsang zum Handeln gezwungen.

Zur �berraschung von Landeskennern verk�ndete er jedoch, dass Hongkong kein allgemeines Krankenversicherungssystem einf�hren wird. Vielmehr m�chte die Regierung rund eine halbe Millionen Menschen dabei unterst�tzen, private Policen abzuschlie�en und somit die staatlichen Kliniken zu entlasten. Rund 6,5 Milliarden US$ sind daf�r im Budget vorgesehen. �ber welchen Zeitraum sich diese Ausgaben erstrecken werden, ist allerdings nicht bekannt.

Einen allgemeinen Versicherungsschutz wird es in Hongkong in den n�chsten Jahren also nicht geben, und die staatlichen Hospit�ler bleiben die Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung. Das gegenw�rtige System ist in den Augen der Regierung preiswert und effizient. Sie verweist nichts umsonst gerne darauf, dass Hongkongs Bev�lkerung nach Japan die h�chste Lebenserwartung der Welt habe. Landeskenner gehen allerdings davon aus, dass dem Fiskus angesichts der raschen Alterung der Gesellschaft nichts anderes �brigbleiben wird, als die staatlichen Krankenh�user finanziell besser auszustatten.