Die Verkehrsprobleme im Großraum Jakarta häufen sich. Die stetig steigende Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge, das unzureichende Angebot an Straßen und das Fehlen eines öffentlichen Nahverkehrssystems belasten das Leben in der rund 9,5 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Indonesiens. Die erste Phase eines seit langem geplanten Stadtbahnnetzes soll bis 2016 fertiggestellt werden.
Die Verkehrsplaner der indonesischen Hauptstadt Jakarta stehen vor immensen Herausforderungen. Wegen unterlassener Investitionen in der Vergangenheit herrschen auf den Straßen der Metropole chaotische Zustände. Projekte zur Lösung der Transportprobleme kommen wegen finanzieller und administrativer Schwierigkeiten nur langsam voran. Mit dem Bau von Hochstraßen und Maßnahmen zur Begrenzung der privaten Kfz-Nutzung wollen die Planer vorübergehende Lösungen herbeiführen, bis das geplante MRT-System (Mass Rapid Transport System) fertiggestellt wird.
Der erste 14,5 km lange MRT-Abschnitt zwischen Lebak Bulus (Süd-Jakarta) und Dukuh Atas (Zentral-Jakarta) soll bis 2016 freigegeben werden können. Die Bauarbeiten werden voraussichtlich 2012 beginnen. Darüber hinaus wartet ein Monorail-Projekt mit veranschlagten Kosten von 5.400 Milliarden Indonesische Rupiah (fast 460 Mio. Euro, 1 Euro = 11.770 Rupiah, 3-Monatsmittel) seit Jahren auf seine Realisierung. Das Vorhaben musste wegen unzureichender Finanzierung gestoppt werden.
Die chronischen Verkehrsprobleme reduzieren die Lebensqualität der Bevölkerung und sind mit wirtschaftlichen Verlusten verbunden. Nach einer Untersuchung des Umweltexperten Firdaus Ali von der University of Indonesia belaufen sich die gesamten wirtschaftlichen Schäden der Verkehrsstaus in Großraum Jakarta jährlich auf 26.200 Milliarden Rupiah. Von dieser Summe entfielen 10.700 Milliarden Rupiah auf den zusätzlichen Kraftstoffverbrauch; weitere 9.700 Milliarden Rupiah ergäben sich durch den Verlust von produktiver Arbeitszeit und schließlich 5.800 Milliarden Rupiah machten sich als zusätzliche Gesundheitskosten bemerkbar, die durch die Umweltbeeinträchtigungen (Abgase) verursacht werden.
Der als "Jabotabek" (Jakarta, Bogor, Tangerang, Bekasi) bezeichnete Großraum Jakarta gehört zu den besonders schnell wachsenden städtischen Ballungszentren Asiens. Das Gebiet rund um die indonesische Hauptstadt zählt 21 Millionen Einwohner. Immer mehr Menschen, die sich den teuren Wohnraum in Jakarta nicht leisten können, siedeln sich in den umliegenden Satellitenstädten Bogor, Tangerang und Bekasi an. Die meisten Arbeitsplätze gibt es jedoch in der Hauptstadt. Darum fließt jeden Tag ein riesiger Pendlerstrom von den Vororten in die Metropole und zurück. Die örtliche Verkehrsinfrastruktur ist diesen Anforderungen längst nicht mehr gewachsen.
Private Fahrzeuge und Taxis sind für die arme Bevölkerung unbezahlbar. Busse sind zwar vorhanden, stehen jedoch oft im Stau und tragen zur erheblichen Luftverschmutzung bei. Das Busnetz "Transjakarta", das über eine eigene Straßenspur verfügt, kann nur eine begrenzte Zahl von Stadtteilen bedienen und ist weit davon entfernt, die Engpässe zu beseitigen. Das 160 km lange alte S-Bahnnetz in der Region Jabotabek befindet sich in einem schlechten Zustand. Die Stromversorgung ist schwach, die Signalanlagen sind oft gestört, die Züge alt, schlecht gewartet und hoffnungslos überlastet. Verspätungen und Zugausfälle sind die Regel.
Die für den Nahverkehr im Großraum Jakarta zuständige Eisenbahngesellschaft PT Kereta Api Indonesia Commuter Jabotabek (KCJ) wird im Rahmen eines Revitalisierungsprogramms bis 2013 insgesamt 1.200 Milliarden Rupiah in die Modernisierung des Netzes und die Verbesserung der Dienstleistungen investieren. Derzeit benutzen täglich etwa 400.000 Berufspendler die Züge der KCJ. Bis 2013 soll diese Zahl auf 1 Million steigen.
Die Probleme häufen sich zusehends, zumal die Zahl der zum Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge steigt, während das Angebot an Straßen sich kaum verändert. Wie der Vizepräsident des Indonesian Institute for Sciences (LIPI), Lukman Hakim, auf der im Mai 2010 in Jakarta abgehaltenen "German-ASEAN Conference on Mass Transport Technologies" erklärte, kommen pro Tag fast 300 neue Automobile auf die Straßen Jakartas. Derzeit sind in Jakarta circa 2,1 Millionen Fahrzeuge angemeldet. Der rege Kfz-Absatz erschwert die Lösung der Probleme. Der Automobilverband Gaikindo meldete allein für das 1. Quartal 2010 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres einen landesweiten Anstieg des Kfz-Verkaufs von 74 Prozent.
Es existieren Pläne, die Nutzung von privaten Fahrzeugen in einigen Stadtteilen beziehungsweise zu bestimmten Tageszeiten unter anderem durch Straßenbenutzungsgebühren zu begrenzen. Dazu sollen elektronische Erfassungssysteme aufgebaut werden. Das derzeit praktizierte "Three-in-one"-System, das auf bestimmten Hauptstraßen der Stadt während der Stoßzeiten in den Morgen- und Abendstunden eine Mindestzahl von drei Personen in einem Fahrzeug vorschreibt, bringt wenig Erleichterung und führt nach den Erfahrungen der letzten Jahre lediglich dazu, dass die genannte Mindestzahl durch die Mitnahme von professionellen "Jokern", die gegen eine Zahlung von 10.000 Rupiah ihre Dienste anbieten, erreicht wird.
Noch größere Probleme bereiten die Krafträder, deren Zahl täglich um circa 800 Stück zunimmt. Die Zahl der in Jakarta angemeldeten Motorräder ist inzwischen mit knapp 8,1 Millionen fast so hoch wie die Einwohnerzahl der Metropole, die auf rund 9,5 Millionen geschätzt wird. Der landesweite Kraftradabsatz erhöhte sich im 1. Quartal 2010 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 35 Prozent auf rund 1,6 Millionen Einheiten. Die vielen Motorräder, für die de facto keine Verkehrsregeln gelten, führen vor allem während des Berufsverkehrs und bei starken Niederschlägen zu erheblichen Verkehrsstaus und -behinderungen. Es bestehen Überlegungen, die Abgabe von subventionierten Kraftstoffen an Motorradhalter zu begrenzen, um die Kraftradnutzung zu verringern. Die Praktikabilität dieser Maßnahme erscheint allerdings zweifelhaft.
Nicht nur die fehlenden öffentlichen Massentransportsysteme, sondern auch die unzureichende Fläche an Straßen ist für Jakartas Verkehrschaos ursächlich. Während in vielen Großstädten der Welt der Anteil der für Straßen bereitgestellten Fläche an der gesamten Stadtfläche bis zu 20 Prozent ausmacht, beträgt dieser Anteil in Jakarta lediglich 6,2 Prozent. Zum Ausgleich dieses Defizits sollen nunmehr neue Hochstraßen oberhalb der bereits existierenden Straßen gebaut werden, um den Verkehrsfluss zu beschleunigen.
Nach den Plänen der Jakarta Public Works Agency soll vom Stadtbezirk Blok M zum Antasari-Gebiet im Süden der Stadt über die Fatmawati-Straße auf Pfeilern eine neue Hochstraße gebaut werden. Eine weitere Hochstraße ist von Tanah Abang (Zentral-Jakarta) nach Kampung Melayu (Ost-Jakarta) vorgesehen. Die Auswahl der Vertragsunternehmen für die Durchführung dieser Projekte soll bis zum Juli 2010 abgeschlossen werden. Im Süden der Metropole sollen mittelfristig weitere Hochstraßen entstehen. Dabei geht es um die Strecken zwischen Ciledug und Tangerang sowie Pasar Minggu und Manggarai. Zur Lösung der Verkehrsprobleme will die Stadt Jakarta außerdem im Rahmen des PPP-Programms ("Public Private Partnership") sieben Autobahnprojekte mit veranschlagten Investitionen von insgesamt 4,4 Milliarden US$ durchführen, die auf einer Infrastrukturkonferenz im April 2010 vorgestellt wurden.
Kontakte
Jakarta Public Works Agency
(Dinas Pekerjaan Umum DKI Jakarta)
Jalan Taman Jati Baru No. 1
Jakarta Pusat
Tel.: 62 21 3846608, 385 02 55
Ministry of Public Works
(Departemen Pekerjaan Umum Republik Indonesia)
Jalan Pattimura No. 20, Kebayoran Baru
Jakarta 12110
Tel.: 62 21 7395588, 7392262
Fax: 62 21 7220219
Email: [email protected]
Web: www.pu.go.id
Toll Road Regulatory Agency
(Badan Pengatur Jalan Tol - BPJT)
Gedung Sapta Taruna Lt. 2
Jalan Pattimura No. 20, Kebayoran Baru
Jakarta 12110
Tel.: 62 21 7255789, 7255779
Fax: 62 21 7246487
Web: www.bpjt.net