Asien Kurier  12/2009 vom 1. Dezember 2009
Japan

Neue Regierung verschiebt die Akzente

Von Dr. Detlef Rehn, Germany Trade & Invest in Tokio

Japans neue Regierung unter F�hrung der Demokratischen Partei setzt neue Schwerpunkte. Projekte des letzten Konjunkturprogramms der Vorg�ngerregierung, die als Verschwendung gelten, sollen nicht mehr verfolgt werden. Vor allem Vorhaben mit Bezug zum Klimaschutz werden aber ausgebaut. Die Wirtschaft erholt sich weiter, wenn auch nur langsam. Zwei neue, gro�z�gig dotierte Gesellschaften sollen helfen, die Innovation zu beschleunigen und �berschuldete Unternehmen mit wirtschaftlichem Potential mit finanziellen Mitteln auszustatten.

Die vorsichtige Erholung der japanischen Konjunktur setzt sich fort. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das im 2. Quartal 2009 real um 0,9 Prozent gewachsen ist, d�rfte auch zwischen Juli und September leicht zugelegt haben. Dies ist vor allem auf die massiven Konjunkturprogramme zur�ckzuf�hren, die sowohl Japan als auch andere L�nder zur Bek�mpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise seit Herbst 2008 aufgelegt haben und die seit dem Fr�hjahr 2009 Wirkung zeigen.

In Japan selbst erhielt die Wirtschaft die Anst��e vor allem von verschiedenen staatlichen Bauprojekten. Der private Verbrauch ist zwar insgesamt schwach, doch gibt es einige Bewegung bei bestimmten umweltfreundlichen Elektroger�ten, deren Kauf mit einem "�kopunkteprogramm" belohnt wird. Au�erdem f�rdert der Staat im Rahmen der Konjunkturprogramme den Absatz von Hybridautos mit Subventionen und Steuernachl�ssen.

Die wichtigsten Konjunkturimpulse kamen jedoch von den Exporten. Japan profitiert besonders von der VR China, wo sich das Wachstumstempo wieder beschleunigt. So haben zum Beispiel die Ausfuhren von Maschinen und Ausr�stungen wieder angezogen. Des Weiteren sehen Japans Kfz-Industrie oder die Hersteller von elektronischen Komponenten dank der VR China sowie Indien nicht mehr so ganz so schwarz.

Auch andere Indikatoren deuten auf eine leichte Besserung der Lage hin. Die Industrie produziert wieder mehr, und die Arbeitslosenquote ist im August 2009 im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent gefallen. Die im Juli registrierten 5,7 Prozent bedeuteten einen historischen H�chststand. Vor dem Hintergrund dieser g�nstigen Entwicklungen hat sich auch die Stimmung in der japanischen Wirtschaft weiter aufgehellt. Dies zeigte die j�ngste viertelj�hrliche "Tankan"-Befragung der japanischen Zentralbank unter rund 10.000 Betrieben, die Anfang Oktober 2009 ver�ffentlicht wurde.

Wann es zu einem echten selbsttragenden Aufschwung kommt, ist allerdings unsicher. Hierbei spielt nicht zuletzt die Tatsache eine Rolle, dass sich die Japaner an eine neue Regierung gew�hnen m�ssen. Die Koalition unter F�hrung der Demokratischen Partei Japans (DPJ) ist zwar erst seit Mitte September 2009 im Amt, doch setzt sie deutlich andere Akzente als die liberaldemokratischen Vorg�ngerregierungen. Sahen diese in gro�en Infrastrukturprojekten und guten Ausfuhrergebnissen besonders der Gro�industrie den Schl�ssel f�r die Belebung der Konjunktur, will die DPJ-Regierung die Wirtschaft durch die St�rkung der Binnennachfrage f�rdern und als �berfl�ssig angesehene Bauvorhaben stoppen.

Wie diese Neuausrichtung im Einzelnen aussehen wird, ist gegenw�rtig vielfach noch nicht klar. Allerdings hat die neue Regierung als einen ersten Schritt das letzte Konjunkturprogramm von Ende April 2009 einer sehr kritischen �berpr�fung unterzogen. Etwa 3.000 Milliarden Yen wollen die verschiedenen Ministerien einsparen. Zu den Vorhaben, die nicht mehr verfolgt werden, geh�rt zum Beispiel der Bau eines Medienzentrums einschlie�lich eines Manga-Museums, f�r das fast 12 Milliarden Yen veranschlagt worden waren. Die DPJ-Regierung will ferner die Programme zur Errichtung neuer Talsperren und Staud�mme drastisch zusammenstreichen, obwohl teilweise schon viel Geld verbaut worden ist. Gegen die Streichungspl�ne gibt es allerdings viel Widerstand, und die Frage, ob sich die neue Regierung hiergegen durchsetzt, gilt als wichtiger Test f�r die Zukunft.

Andere Punkte des Konjunkturprogramms laufen dagegen weiter. Das "�kopunkteprogramm" f�r Elektroger�te und die Subventionen und Steuernachl�sse f�r umweltfreundliche Autos gelten mindestens noch bis zum 31. M�rz 2010. Ferner wird die Installierung von Solaranlagen in Privath�usern wenigstens noch bis Ende Januar 2010 subventioniert. Eine Verl�ngerung ist aber zu erwarten, denn die DPJ-Regierung hat �ffentlich angek�ndigt, bis 2020 den CO2-Aussto� um 25 Prozent gegen�ber 1990 zu reduzieren. Solarstrom und andere regenerative Energietr�ger sind ein Schl�ssel daf�r, dieses Ziel zu erreichen. Zus�tzlich zur Unterst�tzung der Solaranlageninstallation tritt zum 1. November 2009 ein Einspeisetarif in Kraft, der den Verkauf von �bersch�ssigem Solarstrom mit 48 Yen/kWh honoriert. �ber eine Ausweitung dieses Einspeisetarifs auf andere erneuerbare Energien wird nachgedacht.

Im Sommer und Herbst 2009 sind zwei neue staatlich-private Gesellschaften ins Leben gerufen worden, durch die mit sehr viel Geld betriebliche Aktivit�ten unterst�tzt werden sollen. Als erste nahm Ende Juli 2009 die Innovation Network Corporation of Japan (INCJ) ihre Arbeit auf. Sie soll vor allem die Entwicklung vielversprechender Technologien finanziell f�rdern und zu einer schnelleren Kommerzialisierung von Forschungsresultaten beitragen. Das Kapital der INCJ betr�gt rund 90 Milliarden Yen; zu 90 Prozent handelt es sich um staatliche Mittel. Zus�tzlich gibt der Staat Kreditgarantien �ber bis zu 800 Milliarden Yen.

Die von der Regierung und privaten Finanzinstitutionen gegr�ndete Enterprise Turnaround Initiative Corporation of Japan (ETIC) begann ihre T�tigkeit Mitte Oktober 2009. Sie verf�gt �ber ein Kapital von 20 Milliarden Yen und kann weitere 1.600 Milliarden Yen garantierter Mittel zur Verf�gung stellen. Aufgabe der neuen Gesellschaft ist es, vor allem kleine und mittlere, aber auch gro�e Unternehmen finanziell zu unterst�tzen, die ein wirtschaftliches und gesch�ftliches Potential haben, jedoch �berschuldet sind. Ferner soll die ETIC Schl�sselindustrien in individuellen Regionen f�rdern. Die T�tigkeit der Gesellschaft ist auf f�nf Jahre befristet.