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Asien Kurier  6/2009 vom 1. Juni 2009
Buchbesprechung

Karl Vorlaufer: "Südostasien"

Geographie - Geschichte - Wirtschaft - Politik

Von Daniel Müller in Berlin

Es gibt wissenschaftliche Fachbücher, die können spannender und unterhaltsamer als jede Belletristik sein. Ein Exemplar dieser seltenen Kombination aus seriöser Wissensvermittlung und garantiertem Lesevergnügen hat der emeritierte Wirtschaftsgeograf Karl Vorlaufer mit seiner Länderkunde Südostasien vorgelegt.

Schon bei einem ersten Durchblättern wird klar: Hierbei handelt es sich nicht um eine der unzähligen Pseudopublikationen eines gelangweilten und inspirationslosen Wissenschaftsbeamten, sondern hier hat ein passionierter Forscher in nahezu humboldtscher Manier versucht, seine über die Jahre gesammelten Erkenntnisse in einem Opus Magnum zusammenzuführen.

Auf eine uneingeschränkte Zustimmung trifft ein solches Vorgehen aber bizarrerweise nicht. Gleich zu Eingang weist Vorlaufer darauf hin, dass unter seinen Fachkollegen erhebliche Vorbehalte gegen diese Art der Durchdringung größerer geografischer Räume bestehen, da die Komplexität des Gegenstandes notwendigerweise zu einer stark selektiven Betrachtung einzelner Facetten führen müsse. Liest man dann aber Kapitel für Kapitel des mit eindrucksvollen Fotos und anschaulichen Grafiken und Tabellen gespickten Buches wird man schnell zu dem Schluss gelangen, dass dieser Einwand gänzlich unbegründet ist.

Es ist gerade die subjektive Schwerpunktlegung, die der Abhandlung einen roten Faden verleiht. Die Themenpalette reicht dabei von den abwechslungsreichen und überaus fragilen naturräumlichen Voraussetzungen über die durch eine rasante Urbanisierung gekennzeichneten Siedlungsstrukturen bis hin zu Bemühungen, die verschiedenen Ansätze zum Umweltschutz in einem regionalen Rahmen zu koordinieren. Zur Exemplifikation und Auflockerung seiner Ausführungen fügt Vorlaufer immer wieder Exkurse wie etwa über den demografischen Wandel in Indonesien, die Geschichte der "Hill Stations" als koloniale Zufluchtsorte oder die Rolle eines thailändischen Lebensmittelkonzern im globalen Agribusiness ein.

Als gutes Querschnittsthema erweist sich auch Vorlaufers originäres Forschungsgebiet, der Tourismus, wird an diesem Aspekt doch exemplarisch deutlich, in welch tief greifendem Modernisierungsprozess sich die Region aktuell befindet: Einerseits bringt dieser signifikante ökonomische Vorteile und ist Ausdruck eines kontinuierlichen Trends hin zur Ausbildung eines breiten Dienstleistungssektors. Anderseits kommt es in diesem Wirtschaftszweig auch zu einer Kulmination der verschiedenen sozio-kulturellen und ökologischen Verwerfungen, weshalb ein umsichtiges Vorgehen der Verantwortlichen von elementarer Wichtigkeit ist.

Auf einer abstrakteren Ebene weist Vorlaufer nach, dass in allen Staaten Südostasiens drastische Ungleichgewichte existieren, sodass diese wohl einzigartige Heterogenität als das hervorstechendste Charakteristikum der Region gelten kann. Die Disparitäten beziehen sich dabei sowohl auf die naturbezogene Umgebung als auch auf die ökonomischen Möglichkeiten und sozialen Verhältnisse. Hier könnte eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wie sie bereits entlang des Mekong praktiziert wird, Abhilfe schaffen.

Insgesamt lassen sich Vorlaufers Ausführungen dahingehend zusammenfassen, dass es sich bei "Südostasien" um eine unvergleichliche und faszinierende Weltregion handelt, die aber durch diverse Tendenzen gefährdet wird, denen nur durch eine verstärkte regionale Kooperation effektiv begegnet werden kann. Jeder, der wie der Rezensent ein Faible für diese Region besitzt, wird dem Autor für die Leidenschaft und Akkuratesse, mit der er sich dieser Kärrnerarbeit gewidmet hat, dankbar sein.

Karl Vorlaufer: "Südostasien". Geographie - Geschichte - Wirtschaft - Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, 244 Seiten, 39,90 Euro, ISBN 978-3-534-15039-7

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