Nicht zuletzt aufgrund des chinesischen Aufstieges hat sich in den letzten Jahren das Interesse an den mentalen und kulturellen Eigenheiten der Japaner merklich abgeschw�cht. Zu Unrecht. Denn trotz einer lang anhaltenden wirtschaftlichen Stagnation ist der Austausch mit der Nippon Inc. nach wie vor eine zentrale Achse der Weltwirtschaft.
Gleichwohl hat es den Anschein, als sei man irgendwie froh, sich nicht mehr mit den vielgestaltigen Besonderheiten des Landes befassen zu m�ssen: Zu exotisch, zu verwirrend und zu unverst�ndlich scheinen all die Regeln, Gebote und Konventionen, die das dortige Zusammenleben und den Gesch�ftsalltag strukturieren. Und in der Tat ist die japanische Gesellschaft wesentlich st�rker formalisiert und durch Hierarchien gekennzeichnet als etwa die chinesische. Dies kann jedoch sowohl aus prinzipiellen wie aus merkantilen Erw�gungen kein Grund sein, einen Bogen um den Inselstaat zu machen.
Denn eine eingehende Besch�ftigung mit Japan lohnt sich in jeden Fall: Hat man erst einmal einen groben �berblick gewonnen, er�ffnet sich eine ebenso �berraschende wie faszinierende Welt. Voraussetzung hierf�r ist indes eine instruktive und verst�ndliche Einf�hrung. Eine ebensolche hat die interkulturelle Trainerin Rita Menge vorgelegt. Einem Trainingsprogramm f�r Gesch�ftsleute nachempfunden, stellt das Buch eine lockere und gut geschriebene Sammlung von Erkl�rungen und Verhaltensratschl�gen dar. Als didaktisch klug erweist sich dabei der Ansatz, jeweils die deutsche und die japanische Sichtweise gegen�berzustellen, werden doch auf diese Weise die kulturellen Differenzen auf den Punkt gebracht.
Als schwierigste H�rde beim Erwerb interkultureller Kompetenzen erweist sich laut Menge erfahrungsgem�� der notorische �berlegenheitskomplex, den speziell viele Westler gegen�ber anderen Kulturkreisen besitzen. Erst wenn hier substanzielle Lernprozesse stattgefunden haben, wird der Weg frei zum Erkennen von Spezifika - etwa bei den Aspekten Entscheidungsfindung, Kommunikation und Meinungs�u�erung. Im Falle Japans gilt es f�r Menge zu verstehen, dass die Insellage einen wesentlichen Beitrag zur Introvertiertheit der Japaner geleistet hat, die sich vor allem in einer unbedingten Gruppenorientierung �u�ert. Daneben sei zu ber�cksichtigen, dass die vergleichsweise ung�nstigen Umweltbedingungen eine starke Affinit�t zur Unsicherheitsvermeidung bewirkt haben. Aus diesem Bed�rfnis resultiert ein Gutteil der Werte wie absolute Loyalit�t, die strikte Wahrung von Rangebenen oder das penible Vorbereiten von Entscheidungen. Um trotz dieser Widrigkeiten zum Ziel zu kommen, ist es f�r den Au�enstehenden entscheidend, insbesondere die informellen Interaktionsformen (Ausfl�ge, Kneipentouren, Besuche) zu kennen und zu nutzen. Insgesamt muss das Ziel darin liegen, langfristige Beziehungen zu den Gesch�ftspartnern aufzubauen, wof�r aber viel Zeit und noch mehr Geduld erforderlich sind.
Angenehm ist die Lekt�re des Praxisf�hrers nicht zuletzt deshalb, weil die Autorin nicht dazu tendiert, ihren Gegenstand dogmatisch zu �berh�hen. Denn selbst wenn man die feinsten kulturellen Nuancen verinnerlicht hat, hei�t dies noch lange nicht, dass ein Engagement auch Profit abwirft. Allerdings kann sehr wohl gelten, dass ohne eine intime Kenntnis der japanischen Gepflogenheiten ein Erfolg ziemlich unwahrscheinlich ist.
Rita Menge, Praxisf�hrer Japan. Fettn�pfchen gekonnt vermeiden, Verlag K�nigshausen & Neumann, W�rzburg 2009, 187 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-8260-4158-7