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Die Kfz-Industrie Thailands wird 2011 voraussichtlich 1,8 Millionen Fahrzeuge produzieren. Nach Einschätzung des Fachverbandes Thailand Automotive Institute könnte bei einer weiterhin positiven konjunkturellen Entwicklung sogar die Schallmauer von 2 Millionen Fahrzeugen durchbrochen werden. In den kommenden Monaten sind zahlreiche Lancierungen von neuen Modellen wie etwa den speziell geförderten "Eco-Cars" vorgesehen. Deutsche Firmen können ebenfalls vom Boom profitieren.
Im laufenden Jahr 2010 sollen insgesamt fast 1,7 Millionen Kfz vom Band laufen, von denen 750.000 Einheiten für den lokalen Markt bestimmt sind. Die Exporte von Kfz sind bisher nicht allzu stark von der Aufwertung der Landeswährung Baht betroffen, da 75 Prozent der Ausfuhren nach Asien gehen und dort die meisten Währungen ebenfalls gegenüber dem US-Dollar aufgewertet haben. Der Baht war bis Oktober 2010 um 11 Prozent im Vergleich zur US-Währung gestiegen und hatte damit den höchsten Stand seit 13 Jahren erreicht. Nur rund 12 Prozent der thailändischen Kfz-Ausfuhren gehen nach Nord- und Südamerika, 8 Prozent nach Europa. In den ersten drei Quartalen 2010 waren die Branchenexporte bereits um 83 Prozent im Vergleich zu derselben Vorjahresperiode nach oben geschossen.
Der Absatz auf dem lokalen Markt konnte im gleichen Zeitraum immerhin noch um fast 52 Prozent anziehen. Branchengigant Toyota Motor Thailand geht davon aus, dass die Verkäufe im Gesamtjahr 2010 zwischen 770.000 und 780.000 Einheiten liegen werden. Als wichtigste Triebfedern nennt der Fachverband Federation of Thai Industries (FTI) die allgemein positive Wirtschaftslage, das bis 2014 laufende Konjunkturprogramm der Regierung, die höheren Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie die Erholung des Tourismussektors. Auch das Vertrauen der thailändischen Konsumenten habe demzufolge in den vergangenen Monaten wieder deutlich zugenommen.
Von den boomenden Ausfuhren und der lebhaften Binnennachfrage profitiert auch die Produktion von Kfz, die bis September 2010 um rund 84 Prozent im Vergleich zu demselben Vorjahreszeitraum anzog. Die Hersteller von Pick-ups verbuchten dabei ein Plus von knapp 83 Prozent, die von Pkw sogar von mehr als 87 Prozent. Noch 2009 war die Produktion der thailändischen Kfz-Schmieden im Zuge der Wirtschaftskrise auf unter eine Millionen Einheiten dramatisch eingebrochen. Im laufenden Jahr ziehen hingegen auch die Verkäufe von Motorrädern wieder deutlich an. Der Absatz der Zweiräder stieg in den ersten neun Monaten 2010 um 23,4 Prozent, die Exporte erhöhten sich sogar um 39 Prozent und die Produktion um knapp 33 Prozent. Insgesamt sollen in Thailand den aktuellen Schätzungen zufolge 2010 mehr als 2,4 Millionen Motorräder hergestellt werden.
Das Thailand Automotive Institute arbeitet derzeit an einem Entwicklungsplan für den Zeitraum zwischen 2012 und 2016, der unter anderem den Aufbau von weiteren 100 Produktionsstätten zu den bereits bestehenden 700 Fabriken in der Kfz- und -Teilebranche Thailands vorsieht. Nach Einschätzung von Verbandsvertretern müsse neben der Produktion von Pick-ups und "Eco-Cars" ein drittes Standbein erschlossen werden, mit dem Thailand seine Rolle als regionales Zentrum stärken könne. Dafür sollen nach den Vorstellungen des Instituts vor allem Luxusautos oder elektrische Fahrzeuge in Betracht kommen.
Derweil investieren japanische Hersteller weiter in die Festigung ihrer Führungsrolle im Kfz-Sektor Thailands, wo sie über einen Marktanteil von rund 90 Prozent verfügen. Mazda wird zusammen mit dem US-Unternehmen Ford 350 Millionen US$ in das Joint-Venture AutoAlliance Thailand (AAT) einschießen. Mit Hilfe der Gelder soll die Ausweitung der Produktionskapazitäten von Pick-ups in der gemeinsamen Fabrik in Rayong vorangetrieben werden. Toyota prüft derweil ein Engagement in Höhe von 3 bis 4 Milliarden Baht (72,85 bis 97,13 Mio. Euro, 1 Euro = 41,18 Baht, 3-Monatsmittel). Nissan hat im Juni 2010 mit der Eröffnung seiner neuen Fabrik in der Nähe von Bangkok einen Meilenstein gesetzt: Erstmals wird mit dem Modell "March" ein in Japan entworfenes Fahrzeug außerhalb der Landesgrenzen produziert, das für den Re-Export in die Heimat vorgesehen ist.
Auch deutsche Unternehmen nutzen die Vorteile des Kfz-Standorts Thailand, der sich vor allem durch eine solide Zulieferbasis, eine geringe Marktdurchdringung mit rund 15 Prozent Kfz pro Bewohner sowie eine akzentuierte Förderung von Seiten der Regierung auszeichnet. Die Continental AG, einer der größten Kfz-Teilehersteller weltweit, prüft Presseangaben zufolge derzeit die Ausweitung ihrer Aktivitäten in Thailand. So könnten künftig fünf weitere Produkte in der Fabrik im Industriepark von Amata City vom Band laufen, wo das deutsche Unternehmen erst vor kurzem eine 91 Millionen Euro umfassende Investition getätigt hat. Die Produktionsstätte soll 2012 ihre Kapazitätsauslastung erreicht haben und den gesamten südostasiatischen Markt versorgen.
Das Unternehmen Bosch Thailand plant die Ausweitung seiner Aktivitäten im Aftermarket Thailands mit Blickrichtung auf japanische Hersteller. In einer Presseerklärung ließ die deutsche Firma verlauten, dass unter anderem das Vertriebsnetz künftig stärker auf den "Upcountry-"Markt, das heißt auf die laendlichen Regionen ausserhalb der grossen Ballungszentren, ausgerichtet werden soll. Nach Auskunft des Geschäftsführers des Bereichs Automotive Aftermarket, Yingyuad Whangprayoat, strebt Bosch für 2010 eine zweistellige Steigerungsrate der Umsätze an. Um auch künftig auf dem Wachstumspfad zu bleiben, will das Unternehmen die Produktpalette vertiefen. Auf diese Weise sollen künftig 90 bis 95 Prozent der in Thailand verkehrenden japanischen Fahrzeuge bedient werden können.
Die Kfz-Teileimporte Thailands explodierten in den ersten drei Quartalen 2010 sogar um mehr als 100 Prozent. Die Lieferungen aus Deutschland - sechstgrößter Lieferant der Branche nach Japan, den Philippinen, Indonesien, VR China und Südkorea - wiesen mit einem Plus von knapp 40 Prozent allerdings ein unterdurchschnittliches Wachstum auf. Die Einfuhren aus Japan legten hingegen um 109 Prozent zu, die aus der VR China immerhin noch um 89 Prozent.
BMW (Thailand) erwartet in Thailand durch die Markteinführung der neuen 5er Reihe ein Umsatzwachstum von 60 Prozent im 2. Halbjahr 2010. In den ersten sechs Monaten des Jahres konnte das Unternehmen seine Verkaufszahlen bereits um 56 Prozent steigern. Außerdem vertraut BMW langfristig auf ein überdurchschnittliches Branchenwachstum in Thailand. Auch die Marke Mercedes-Benz wächst im Königreich weiter, angetrieben durch die anziehenden Verkäufe der C-, E- und S-Klasse. In den ersten acht Monaten 2010 setzte Mercedes-Benz 3.018 Fahrzeuge ab, was gleichzeitig einer Steigerung von 11 Prozent im Vergleich zu demselben Vorjahreszeitraum entsprach. Damit ist das deutsche Unternehmen auf einem guten Weg, im zehnten aufeinanderfolgenden Jahr die Führung im Luxuswagensegment Thailands zu verteidigen.