Asien Kurier  7/2009 vom 1. Juli 2009
Vietnam /Pharma

Zukunftstr�chtiger Arzneimittelmarkt

Von Dr. Stefanie Schmitt, Germany Trade & Invest in Vietnam

Im Durchschnitt 16,50 US-Dollar gab jeder Vietnamese im Jahr 2008 f�r Medikamente aus, so das Gesundheitsministerium. H�ndler glauben, dass, je nach Wechselkurs, die 20- US-Dollar-Grenze 2009 �berschritten wird. Im Vergleich zur Konkurrenz aus Frankreich, Indien oder S�dkorea sind deutsche Arzneimittelfirmen unterrepr�sentiert.

Nach Informationen des Ministry of Health (MoH) wurden 2008 in Vietnam f�r rund 1,4 Milliarden US-Dollar Pharmaprodukte umgesetzt, 25 Prozent mehr als 2007. Im internationalen Vergleich ist der Arzneimittelabsatz also noch klein, doch die Zeichen stehen auf Expansion. Drei Faktoren sind ma�gebend: die j�hrlich um 1,2 Prozent wachsende Bev�lkerung, die Verschiebung der durchschnittlichen Altersgrenze nach oben mit entsprechend h�heren Ausgaben - gegenw�rtig sind laut General Statistic Office 70 Prozent der Bev�lkerung unter 30 Jahre alt, und schlie�lich das steigende Pro-Kopf-Einkommen als Voraussetzung daf�r, dass dieVietnamesen tats�chlich mehr f�r ihre Gesundheit ausgeben k�nnen. Schon jetzt geh�ren f�r viele St�dter westliche Generika zu den Produkten, die sie sich leisten k�nnen und wollen.

Nur etwa die H�lfte des 2008 erwirtschafteten Umsatzes entf�llt auf lokal hergestellte Produkte. Dies soll sich �ndern. Ziel ist es, die Quote bis 2010 auf 60 Prozent zu steigern. Wenn es nach der Politik geht, dann sollen vor allem ausl�ndische Branchenfirmen ihre Investitionen massiv nach oben schrauben. Allerdings haben sich bislang kaum Auslandsinvestoren mit einer eigenen Fertigung auf den aus b�rokratischer Sicht sehr schwierigen vietnamesischen Pharmamarkt gewagt. Die Firmen ziehen es vor, �ber H�ndler, wie die Schweizer Zuellig Pharma, zu agieren oder sich auf den Ausbau eines eigenen Vertriebsnetzes zu konzentrieren. Auch lohnt sich f�r die meisten derzeit keine Fertigung zur Bedienung des lokalen Marktes.

Im Jahr 2008 erteilte das Gesundheitsministerium in der Pharmasparte deshalb nur eine einzige Lizenz. Akkumuliert waren bis Ende 2008 zwar 37 auslandsinvestierte Projekte mit einem registrierten Kapital von 282,6 Millionen US-Dollar. Realisiert wurden indessen erst 25 Vorhaben bei einem tats�chlichen Investitionsvolumen von 192,9 Millionen US-Dollar. Von diesen 25 waren 22 in der Arzneimittelherstellung und drei in derArzneimittellagerung t�tig. Auf die 22 vor Ort produzierenden Unternehmen entfallen 22 Prozent des lokalen Marktanteils (ohne Importe).

Als Joint Venture, beziehungsweise zu 100 Prozent mit Auslandskapital finanziert, firmieren unter anderem Sanofi-Aventis (Frankreich) und die vor allem im Handel starke Zuellig Pharma Vietnam. Von den deutschen Branchenfirmen ist B. Braun mit eigener Fertigung in Hanoi pr�sent. Im Verkauf der Marktf�hrer h�lt Sanofi-Aventis einen Anteil am lokalen Markt von 4,9 Prozent, es folgen die GlaxoSmithKline (USA) mit 4,3 Prozent, Servier (Frankreich) mit 2,6 Prozent und Pfizer (USA) mit 2,1 Prozent. An 13. und 14. Stelle liegen laut Gesundheitsministerium Boehringer-Ingelheim und Bayer-Schering als beste deutsche Firmen mit jeweils 1,4 Prozent. Gr��te einheimische Firma ist Duoc Hau Giang Pharma; www.dhgpharma.com.vn) mit Sitz in Can Tho. Ihr Umsatz wird auf 100 Millionen US-Dollar beziffert. Wichtigste Produkte sind Antibiotika (Klamentin), das fiebersenkende Schmerzmittel Hapacol sowie Haginat gegen Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen und Hautentz�ndungen.

"Auf dem Papier" d�rfen 100 Prozent-Auslandsfirmen seit Jahresbeginn 2009, sofern sie eine Genehmigung haben, eigenst�ndig Medikamente nach Vietnam einf�hren, wenn auch noch nicht selbst verkaufen. Ab 1. Januar 2010 soll auch dies m�glich sein. In der Folge k�nnten, meldete die staatliche "Vietnam News", die Arzneimitteleinfuhren 2009 um weitere 60 Prozent zulegen. Allerdings gibt es noch viele ungekl�rte Fragen zwischen den verschiedenen in den Prozess involvierten Beh�rden, in erster Linie zwischen Ministry of Health und dem Ministry of Planning and Investment. Mit einer Kl�rung ist fr�hestens zur Jahresmitte 2009 zu rechnen. Generell beklagt die Branche, dass ihr Sektor von den Liberalisierungsregelungen im Rahmen des WTO-Beitritts ausgenommen wurde. In der Folge sind ausl�ndische Repr�sentanzen nicht mit inl�ndischen Gesellschaften gleichgestellt.

Grunds�tzlich besteht im vietnamesischen Gesundheitswesen gro�er Reformbedarf. Beispielsweise entfallen nicht grundlos sch�tzungsweise 500 Millionen US-Dollar des Pharmaumsatzes auf die meist sehr preiswerten Phytopr�parate. Hintergrund ist, dass viele Vietnamesen keine Krankenversicherung haben. Hinzu kommt, dass die Krankenh�user nicht zuletzt auch wegen ihres schlechten Zustands nur dann aufgesucht werden, wenn die Selbstindikation zu keinem akzeptablen Ergebnis gef�hrt hat. In den Apotheken ist es Usus, dass die Patienten keine Originalverpackungen ausgeh�ndigt bekommen, sondern dass ihnen die Pr�parate einzeln in kleinen T�tchen ohne Beipackzettel �berreicht werden. Der Kunde ist von Ausk�nften der Apotheke abh�ngig.

Abhilfe zu schaffen, ist indessen �u�erst schwierig. Die Regierung strebt gegenw�rtig die Einf�hrung von Standards f�r "Good-Pharmacoepidemiology-Practices (GPP) an. So muss jede GPP-Apotheke �ber einen ausgebildeten Apotheker im Laden verf�gen. Etwa 10.000 Apotheken (ohne die ganz kleinen Verkaufsstellen) gibt es im Land, aber jedes Jahr verlassen nur etwa 500 Pharmazieabsolventen die Universit�ten. Die Krux liegt auf der Hand - zumal die staatlichen Kontrollstellen gar nicht �ber das Personal verf�gen, diese Anforderungen zu �berpr�fen, und es in Vietnam auch keine Schwierigkeit darstellt, sich ein erforderliches Diplom zu kaufen.

Ebenfalls als undurchf�hrbar erwies sich die Vorgabe f�r GPP-Apotheken, verschreibungspflichtige Medikamente nur gegen Rezept abzugeben. Das Ergebnis waren Umsatzr�ckg�nge von �ber 40 Prozent. Die Patienten gingen n�mlich einfach weiter zur n�chsten Nicht-GPP-Apotheke, wo ihre W�nsche anstandslos erf�llt wurden.

Dar�ber hinaus leidet der Markt an der gro�en Zahl von gef�lschten, falsch ausgezeichneten oder illegal ins Land gekommenen Produkten. Auch wenn die Zahlen offiziell kleingeredet werden - angeblich lag der Anteil der gef�lschten Arzneimittel auf dem vietnamesischen Markt 2008 gerade einmal bei 0,21 Prozent, bereiten diese Herstellern wie Konsumenten Kopfzerbrechen.

Adressen

Ministry of Health
Drug Administration of Vietnam
138 A Giang Vo, Hanoi
Tel.: 84 4 3736 6483
Fax: 84 4 3823 4758
Email: [email protected]
Web: www.dav.gov.vn