Trotz hoher Zuw�chse steht die vietnamesische Chemieindustrie in den meisten Sparten erst am Anfang. Die Importabh�ngigkeit ist hoch. Die Regierung hat deshalb der Errichtung von Produktionsanlagen vor Ort gro�e Priorit�t einger�umt.
Dies gilt insbesondere f�r die Schaffung eigener Raffineriekapazit�ten. Dar�ber hinaus sind Auslandsunternehmen besonders in den Bereichen Basischemie und Arzneimittelerzeugung willkommen. Deutsche Anlagen- und Maschinenbauer k�nnen bei mittel- und langfristig geplanten Gro�projekten zum Zuge kommen.
F�r die n�chsten Jahre rechnet die lokale Chemiebranche mit einem Wachstum von 10 bis 15 Prozent per annum. Nach dem Chemie-Masterplan der Regierung sollen bis 2020 in m�glichst vielen Sparten - von der Petrochemie �ber Basischemikalien (S�uren, Soda, technische Kautschuke) bis hin zu agrochemischen Produkten und Arzneimitteln - eigene Produktionskapazit�ten aufgebaut werden.
Bislang sind im Land erst wenige internationale Firmen mit eigenen Fabriken pr�sent. Die Absatzm�glichkeiten am Binnenmarkt und die �rtlichen Exportpotentiale werden derzeit noch �berwiegend skeptisch beurteilt. Hinzu kommen Rechtsunsicherheiten etwa in Form st�ndig neuer Regelungen und oft monatelang auf sich warten lassender Durchf�hrungsbestimmungen. Gerade Mittelst�ndler f�hlen sich in einem solchen Umfeld oft �berfordert. Allerdings existieren in Vietnam, wo der lokale Chemiemarkt in vielen Bereichen noch sehr wenig entwickelt ist und einen hohen Nachholbedarf besitzt, durchaus beachtliche Gesch�ftschancen. Die internationalen Branchenfirmen beobachten die Entwicklungen deshalb gegenw�rtig sehr genau, um sich rechtzeitig in eine gute Ausgangsposition zu bringen.
Die Vietnam Chemical Agency unter dem Ministry of Industry and Trade sieht f�r Auslandsinvestoren besonders gute M�glichkeiten in den Bereichen Petrochemie, Basischemie (gesucht werden Investoren zur Sodaproduktion) und Arzneimittelerzeugung. Ferner gibt es f�r deutsche Maschinen- und Anlagenbauer Lieferchancen bei geplanten Gro�projekten, allerdings immer bei starker asiatischer Konkurrenz.
Im Februar 2009 nahm die erste Raffinerie des Landes ihren Betrieb auf. Ab Jahresende sollen in Dung Quat t�glich 140.000 Barrel Roh�l verarbeitet werden. F�r die Erd�l exportierende Nation war dies ein wichtiger Schritt, da bislang alle ben�tigten petrochemischen Produkte importiert werden mussten. Neben der Raffinierung von Kraftstoffen (1,8 Mio. Tonnen Benzin, 3 Mio. Tonnen Diesel, 0,3 Mio. Jahrestonnen Fl�ssiggas soll Dung Quat j�hrlich 100.000 bis 150.000 Tonnen Polypropylen (PP) erzeugen. Bislang musste Vietnam fast seinen gesamten Bedarf an Kunststoffen in Prim�rform zukaufen. Weitere f�nf petrochemische Komplexe befinden sich im Aufbau beziehungsweise in der Planungsphase. Im Umfeld der drei Kernprojekte im Norden (Nghi Son), in der Mitte (Dung Quat) und im S�den (Southern Petrochemical) Vietnams soll sich k�nftig die nationale Chemieindustrie etablieren.
Gro�e Hoffnungen richten sich auf die Verarbeitung von Naturkautschuk. Obwohl Vietnam zu den weltweit wichtigsten Exporteuren von Rohkautschuk z�hlt, gibt es bisher nur wenige Ans�tze. Besondere Chancen bestehen bei technischen Kautschuken und bei Reifen. Bislang haben nur Kumho Tires (S�dkorea) und die vietnamesische Vinachem Reifenproduktionen. Dar�ber hinaus plant der lokale Chemieriese den Aufbau je einer Fabrik zur Erzeugung von Carbon Black und von Radialreifen (600.000 S�tze/Jahr).
Rund 1,4 Milliarden US-Dollar gaben die Vietnamesen 2008 f�r Medikamente aus, 25 Prozent mehr als 2007. Damit ist der Arzneimittelabsatz pro Kopf zwar noch gering, aber die Zeichen stehen auf Expansion. Drei Faktoren sind ma�gebend: die j�hrlich um 1,2 Prozent wachsende Bev�lkerung, die Verschiebung der Lebenserwartung nach oben mit entsprechend zunehmenden Ausgaben (gegenw�rtig sind 70 Prozent der Bev�lkerung unter 30 Jahre alt) und schlie�lich das steigende Pro-Kopf-Einkommen. Schon jetzt geh�ren f�r viele Stadtbewohner "westliche" Generika zu den Produkten, die sie sich leisten k�nnen und wollen. Gegenw�rtig werden nur etwa 40 bis 50 Prozent der verkauften Medikamente lokal hergestellt. Ziel ist es, diese Quote bis 2010 auf 60 Prozent zusteigern.
F�r internationale Firmen ist auch der Agrarsektor von Interesse. Etwa 70 Prozent der vietnamesischen Erwerbspersonen leben von der Land-, Fisch- und Forstwirtschaft. Die heimische Industrie ist nicht in der Lage, den Bedarf an D�ngemitteln und Agrarchemikalien zu decken. Im Jahr 2008 mussten 2,9 Millionen Tonnen D�nger eingef�hrt werden. Insgesamt wurden 8,3 Millionen Tonnen verbraucht. Wichtigster lokaler Player ist der Staatskonzern Vinachem. Dieser errichtet gegenw�rtig zwei Urea-Fabriken mit Jahreskapazit�ten von 560.000 Tonnen (Fertigstellung 2011) und 500.000 Tonnen (2012). Ein drittes Werk baut Petro Vietnam in der Provinz Ca Mau (800.000 Tonnen; 2011).
Branchenvertreter sch�tzen, dass in diesem s�dostasiatischen j�hrlich Pestizide im Wert von etwa 250 Millionen Euro verkauft werden (einschlie�lich Importe), davon mindestens 60 Prozent Generika. �berdies finden sich nicht unerhebliche Mengen an gef�lschter und nachgeahmter Ware auf dem Markt. Etwa zwei Drittel der Marktanteile entfallen auf lokale Firmen, darunter die f�hrenden, ehemals staatlichen und heute teilprivatisierten Konzerne An Giang Plant Protection Service, Vipesco und VFC.
Die vietnamesische Chemieindustrie umfasst knapp 2.000 Unternehmen. Diese erwirtschaften etwa 8 Prozent des landesweiten industriellen Outputs. Besonders dynamisch entwickelten sich in den letzten Jahren die zahlreichen Privatfirmen mit Produktionszuw�chsen von 20 bis 25 Prozent per annum. Allerdings sind die staatlichen beziehungsweise teilprivatisierten Betriebe deutlich gr��er und finanzst�rker. Die wichtigsten lokalen Player sind die Staatskonzerne Petro Vietnam (Petrochemie; www.petrovietnam.com.vn) und Vinachem (eher nachgeordnete Chemieprodukte; www.vinachem.com.vn).
Bislang muss das Land nahezu alle chemischen Rohstoffe, aber auch viele Endprodukte aus dem Ausland einf�hren. Tendenziell steigt die Fertigungstiefe mit der Verbrauchsn�he der Waren, so etwa bei Waschmitteln, Kosmetik oder Farben und Lacken. Hier sind sowohl inl�ndische Anbieter wie NET, LIX oder Daso als auch Unternehmen mit ausl�ndischer Kapitalbeteiligung wie Lever Vietnam, Procter & Gamble, Kao, Nippon Paint oder Kassai mit Erzeugnissen "made in Vietnam" am Markt vertreten.
Im Jahr 2008 importierte Vietnam Branchenerzeugnisse im Wert von 8,4 Milliarden US-Dollar, knapp 23 Prozent mehr als imVorjahr. Aus Deutschland kamen Waren im Wert von 156 Millionen US-Dollar. Das entsprach einem Lieferanteil von 1,9 Prozent. Den gr��ten Einzelposten bildeten Arzneimittel (Lieferanteil: 5%). Allerdings beliefern viele deutsche Firmen Vietnam nicht direkt aus Deutschland, sondern von ihren regionalen Produktionsst�tten aus.
Wichtigste Bezugsl�nder sind Russland, Singapur, die VR China, Taiwan und S�dkorea.
Im Genehmigungsprozess f�r chemische Produkte beziehungsweise f�r Investitionen in diesem Sektor sind je nach Segment eine Vielzahl unterschiedlicher Beh�rden involviert. Eine Leitrolle soll k�nftig die im M�rz 2009 gegr�ndete, dem Ministry of Industry and Trade unterstehende Vietnam Chemicals Agency �bernehmen. Ansprechpartner ist Herr Dr. Phung Ha, Acting Director General (Email: [email protected]). Eine Webseite gibt es noch nicht.